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Schmerzblut - Prolog - die Wette - von Astara, 08.05.2011
Nur mit Mühe gelang es ihm, die Fassung zu bewahren. Immer wieder huschte sein Blick von hier nach dort, er war sichtlich froh über jede noch zu kleine Ablenkung. Selbst über eine einzelne Krähe freute man sich, die schimpfend über ihm hinweg zog und ihr Lied über den Tod sang.
»...und somit ist es immer wieder das Selbe...«
Die Worte seines Bruders drangen nur gedämpft zu ihm, hatte er sich doch von ihm abgewandt, wollte er doch nicht sehen, was dieser nur wenige Schritte von ihm entfernt trieb. Wissen tat er es sowieso schon.
»Hörst du mir überhaupt zu?« vergewisserte sich sein jüngerer Bruder, der zu seinem Missfallen dennoch ein gutes Stück größer als er selbst war, als er keinerlei Reaktion vernahm und zwang ihn nun doch dazu, seine Aufmerksamkeit auf einen Punkt zu konzentrieren. Schwerfällig bewegten sich seine Augen, fixierten einige Momente verkrampft den Bruder, dann konnten sie nicht anders, als die vielen Eindrücke, die sich ihnen sonst noch boten einzufangen. Ein Bild des Jammers. Es war zum weinen.
»Ja, natürlich. Es ist nur so, dass ich mich immer noch nicht daran gewöhnt habe...«
Sein Bruder lachte, während er sich auf den Boden kniete und sich an den Sterbenden zu schaffen machte, so, als wäre es das Normalste der Welt. Für ihn war es das wohl auch.
»Du hast eigentlich genug Zeit dazu gehabt.«
Zu den Worten gesellte sich ein gedrücktes Ächzen und Jammern. Er glaubte sogar ein leises Weinen zu hören als sein Bruder den Kriegsverletzten Temperatur und Puls fühlte. Fünf waren es, alle das gleiche Elend, alle dem Tode nah. Sie wussten wohl selbst, dass ihnen nicht mehr viel Zeit vergönnt war, da war er sich sicher. Was für eine Schande, dass sie die letzten Momente ihres Lebens mit den ungleichen Brüdern teilen mussten.
»Es war nicht genug Zeit, Brüderchen. Alle Zeit der Welt wird nicht dafür sorgen, dass ich mich an diesen Anblick gewöhne, geschweige denn, dass ich verstehen werde, warum ich es Mal für Mal sehen muss«, entgegnete er mit von Trauer behafteter Stimme. Er hatte in den letzten beiden Jahren, in denen der Krieg gewütet hatte, viel Leid gesehen, viele Leichen und noch mehr Hinterbliebene, die ihre Wut in die Welt hinaus weinten. Ein Ende war nicht in Sicht, waren die beteiligten Länder doch zu stur für Verhandlungen und noch zu kräftig um sich schlicht geschlagen zu geben.
»Du bist eine Mimose, Bruderherz, das ist alles«, meinte der Größere gleichgültig. Er hatte seine Arbeit bereits erledigt. Die verwundeten Soldaten waren verstummt und er hatte dafür gesorgt, dass sie die Augen schlossen. Sie lagen immer noch wie ein wilder Haufen da, als wären sie ineinander verknotet worden, doch wirkte die ganze Szenerie nun nicht mehr ganz so schrecklich, wohl, weil die Stille ein wenig Frieden mit sich brachte und diese Ruhe übertrug sich auch direkt ein Stück weit auf ihn selbst.
»Oder dir fehlt es an Mitgefühl. Das alles hier « er vollführte nun eine weitgreifende Handbewegung, mit der er am liebsten das ganze Schlachtfeld eingeschlossen hätte »ist für dich nicht einmal einen Groschen wert. Dir geht es schlicht um deine Arbeit.«
»Wenn ich es nicht mache, macht es ein Anderer. So ist das Leben.«
»Aber ich muss doch nicht jedes Mal bei dir sein, wenn du sie erledigst.« Leise Verzweiflung mischte sich in seine Stimme, er hatte das Gefühl, dass ihm wohl auch bald die Tränen in die Augen steigen würden. Mehr dem Zorn, als der Traurigkeit verschuldet. Schon oft hatte er diesen Streitpunkt aufgeführt, jedes Mal war sein Bruder unnachgiebig gewesen und er hatte einfach nicht die Sturheit besessen, um darauf zu beharren, dass er im Recht war. Doch heute würde er sich nicht einfach geschlagen geben. Es waren wohl die Umstände, die ihn revoltieren ließen, weil es ihm zum ersten Mal ernsthaft zu viel wurde.
»Es herrscht Krieg, da müssen wir zusammen bleiben.«
»Müssen wir nicht«, beharrte er weiter und fixierte seinen Bruder mit vor Zorn gepeinigten Augen. Selten kam es vor, dass die Ruhe von ihm wich, doch dieser Streitpunkt sorgte immer und immer wieder dafür und momentan hätte er so einiges dafür gegeben, seinen Bruder mit der geballten Faust ins Gesicht zu schlagen. Nur der Fakt, dass um sie herum schon genug Gewalt herrschte, hielt ihn davon ab.
»Wollen wir darum wetten?« hörte er seinen Bruder amüsiert fragen. Er hatte die Hände hinter seinem Rücken gefaltet und schaute tatsächlich ziemlich neugierig drein. Doch er kannte ihn gut und lang genug, um zu wissen, dass dies nur eine Farce war, dazu diente, ihn auf eine beinahe gutmütige Art und Weise zu reizen.
»Bitte was?«
»Du hast mich schon verstanden. Aber ich wiederhole es für dich gern noch einmal, Bruderherz: Wollen wir darum wetten?« Es schien ihm immer mehr Freude zu bereiten, ob ihn dabei die Idee oder das Gesicht des eigenes Bruders mehr amüsierte, vermochte dieser nicht zu sagen.
»Wie stellst du dir das vor?« Und war die ganze Sache nicht ziemlich unpassend? Eine Wette im Krieg... So ganz behagte ihm diese Idee nicht, dabei wusste er noch nicht einmal, was sein Bruder da explizit im Kopf hatte.
»Ganz einfach: Du bist der Meinung, wie würden den Krieg auch getrennt von einander überstehen. Also versuchen wir es doch. Wir können jetzt und hier auseinander gehen. Aber unter der Bedingung einer Wette.« begann er zu erklären, völlig überzeugt von seiner Idee, wie es schien. Er hoffte scheinbar, dass dieser Einfall ein wenig Licht in die blutige Finsternis bringen würde. Wirklich überzeugt war sein Bruder dennoch nicht, wenn ihn auch die Vorstellung reizte, dass sie endlich getrennte Wege gehen könnten.
»Was ist der Inhalt der Wette? Was der Einsatz?«
»Wir wetten, wer als Sieger aus dieser Schlacht hervorgeht. Wir haben zwei Fronten, also werden wir beide uns für jeweils eine entscheiden. Sollte die meinige gewinnen, so bleiben wir weiterhin zusammen, gewinnt die deine, werden sich unsere Wege nicht mehr kreuzen, sofern du dir dies nach deinem Sieg immer noch wünschst. Bedingung ist allerdings, dass wir nicht in den Gefechten teilnehmen, immerhin ist es nicht unser Krieg. Also? Was sagst du?« Er liebte seine Idee, das konnte er hören und er hatte schon durch die Art, wie sein Bruder die Idee vor ihm ausbreitete, kein gutes Gefühl bei der Sache. Es wirkte nicht richtig, überhaupt nicht richtig. Man sollte nicht auf einen Krieg wetten, sie sollten eine so weitreichende Entscheidung nicht an dem Ausgang eines Gemetzels festmachen. Aber würde er in naher Zukunft eine neue Gelegenheit bekommt, die eine Begründung für das Verlassen des Bruders liefern würde? Bestimmt nicht.
»Gut, wetten wir« Man hielt ihm die Hand hin, auf dass er sie ergreifen könne und es dauerte auch nicht lange, da schlug sein Bruder ein. Immer noch hatte er ein flaues Gefühl in der Magengegend, aber man verdrängte es, freute sich nur darauf, bald allein sein zu können.
»Du bist der Ältere, also entscheide du, welche Front du als die deine wählst.«
»Da brauche ich nicht lange überlegen... Ich werde auf der Seite derer stehen, denen der Krieg erklärt wurde.« Vielleicht würde das ein wenig die Wette entschuldigen, immerhin unterstützte er nun diejenigen, die nicht an dieser ganzen Katastrophe Schuld waren.
»Dann gehört mir die andere Front. Wunderbar.« Der kleine Bruder grinste den Älteren zufrieden an, klopfte ihm dann zweimal freundschaftlich auf die Schulter. »Dann sehen wir uns nach dem Krieg, Bruderherz. Lass dich nicht unterkriegen.« Dann drehte er sich einfach um, vergrub die Hände in den Hosentaschen und ging ein Liedchen pfeifend langsam davon, über die verstorbenen Männer hinweg, durch Unrat und Staub.
»Ja, ganz wunderbar...« murmelte der Ältere noch, sah seinem kleinen Bruder noch eine Weile nach, bevor auch er langsam davon ging, allerdings in die entgegengesetzte Richtung, um am Anfang ihrer Trennung schon möglichst viel Abstand zwischen ihnen beiden zu schaffen.



©2011 by Astara. Jegliche Wiedergabe, Vervielfaeltigung oder sonstige Nutzung, ganz oder teilweise, ist ohne vorherige schriftliche Genehmigung des Autors unzulaessig und rechtswidrig.

Kommentare


Von the_pharao
Am 26.05.2011 um 12:07 Uhr

Hallo erstmal ;-)

Das ist wirklich mal etwas anderes. Ziemlich düster, wie ich finde.

Muss mich meinem Vorgänger anschließen. Einige male wären Punkte nicht schlecht gewesen. Ich liebe ja lange Sätze a la Tolkien. Und selbst habe ich auch des öffteren das Problem, einfach keinen Punkt machen zu können *lach* Aber an der ein oder anderen Stelle hatte ich da leider das Problem, nicht mehr richtig folgen zu können. Da musste ich den Satz schon drei Mal lesen. Ein gutes Beispiel ist dafür zum Beispiel auch dieser Auszug aus deinem Text:
"Die Worte seines Bruders drangen nur gedämpft zu ihm, hatte er sich doch von ihm abgewandt, wollte er doch nicht sehen, was dieser nur wenige Schritte von ihm entfernt trieb. "
Das könnten gut zwei Sätze sein.
Später wird das wesentlich besser. Da war ich teilweise sehr beeindruckt von deinem Stil.
Allerdings habe ich noch ein kleines Anliegen! Namen wären nicht schlecht. Teilweise habe ich ein wenig den Überblick verlohren, welcher Bruder jetzt gerade spricht. Ich weiß nicht, ob das nur mir so ging.

Aber alles in allem find ich deinen Text GUT. Mit abzug der kleinen Kritikpunkte und als kleinen Ansporn, gebe ich dir 3 Sterne ;-)

Greetz


zuletzt geändert am 26.05.2011 um 12:08 Uhr.


Von Crisperton
Am 13.05.2011 um 08:20 Uhr

Hey,

hab ich in derart noch nicht gelesen, mal was anderes, auch wenn es ein bisschen heftig ist, so eine Wette mit seinem Bruder abzuschließen.

Habe festgestellt, dass du das gleiche Problem hast wie ich :D

Manchmal sind deine Sätze zu lang, an einigen Stellen könnten Punkte statt Kommata.

Gruß Crisperton

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