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Prosa => Liebe


Ausschnitt aus meinem Buch: " Dein Parasit" - von annacj16, 17.10.2010

Ich liebte dieses Gefühl morgens aufzustehen, verschlafen die Treppen hinunter zu laufen und zu wissen, dass man sich bei zwei leckeren Brötchen mit Frischkäse und Marmelade vor den Fernseher setzen konnte. Es war schon herrlich nun nach dem bestandenen Abitur so viel Freizeit zu haben. Auch wenn ich wusste, dass ich es wieder einmal nicht so sehr wertschätzte, um später sagen zu können, dass ich die Zeit gut genutzt hatte und zu jeder Zeit glücklich darüber war, das tun zu können was ich nun wollte- So etwas wurde mir immer erst im Nachhinein bewusst. Die stressige Phase würde schon noch wieder kommen und dann wuchs die Sehnsucht nach einem freien Tag wie heute.
Im Halbschlaf drückte ich auf den Schalter der Kaffeemaschine, dessen lautes Geräusch mich kurz zusammenzucken ließ. Ich war aber auch schreckhaft. Was hatte ich heute vor? Eigentlich hatte ich wieder einmal nichts zu tun. Ich würde wahrscheinlich Fernsehen gucken und dann an meinem Laptop sitzen um mir mehrere Sendungen im Internet anzusehen. Zum Glück regnete es draußen. So hatte ich wenigstens kein schlechtes Gewissen, dass ich nichts außerhalb des Hauses unternahm. Irgendwie konnte mich auch der Kaffee heute Morgen nicht aufwecken. Zudem war ich viel träger als die Tage zuvor. Wahrscheinlich steckte mir der Partyabend mit meinen Freunden noch in den Knochen. Ich würde es wohl nie schaffen einmal weniger zu trinken. Die Hoffnung hatte ich bereits aufgegeben und meine Leber sich hoffentlich damit abgefunden. Wie aus dem nichts schossen mir die Bilder vom Abend in den Kopf. Svea und ich vor dem Laptop, wie wir uns stundenlang lustige Videos ansahen, Nik, der mit offenem Mund auf dem Sessel eingeschlafen war und Nele, wie sie schon um elf Uhr in ihr Bett gekrochen war, weil sie plötzlich so müde war. Schlimmer aber dann die Bilder, wie ich mich wieder vor den Laptop setzte und einen Link in ein leeres Emailfenster einfügte. „ Sorry. Aber das Lied ist wirklich gut“. Die Worte schienen wie angeklebt in meinen Gedanken zu sein. Warum hatte ich das wieder getan? Jedes Mal zwängte mich mein alkoholisierter Kopf dazu einen weiteren Fehler zu begehen. Eigentlich wusste ich ja in was für eine Situation mich das brachte. Doch in diesen Momenten fühlte es sich so richtig an. Ich wollte doch nur eine Brücke zu ihm schlagen. Ihm auf irgendeinem Weg verbunden sein. „ Ich will nichts mehr von dir hören. Die nächsten Schritte werden nicht so schön sein“. Schön? Waren die Schritte davor etwas schön? Wie ich weinend am Boden der Aula lag? Zum Gespött der ganzen Schule gemacht? Nik, der seine Arme um mich geklammert hatte um mich zurückzuhalten?
Mit Herzklopfen schaltete ich meinen Laptop ein. „Als wenn er mir auf diesen Blödsinn etwas zurück geschrieben hätte“, dachte ich laut und schüttelte kraftlos meinen Kopf. Wahrscheinlich das erste mal in den letzten drei Jahren wünschte ich mir wirklich, dass er es nicht getan hatte, weil ich mir ausmalen konnte wie er reagierte.
Wie oft ich in letzter Zeit meine Emails aufgerufen hatte. Immer wieder auf „Senden/Empfangen“ gedrückt und einen Stich in den Magen bekommen wenn keine neuen Emails in meinem Postfach angezeigt wurden. Doch heute Morgen, an diesem unschuldigen Tag, war es anders. Automatisch der Klick auf den Button oben in der Leiste. Mir schien mein Gehirn einzufrieren als ich seinen Namen las. Mit einem Glas Vanillemilch in der Hand starrte ich bestimmt zehn Sekunden auf die Buchstaben, die seinen Namen formten. Das konnte nicht wahr sein. Mein Körper verkrampfte sich so stark, dass ich Angst hatte mein Herz könnte bei der Enge nicht mehr weiter schlagen. Alles schmerzte und es formten sich die ersten Tränen in meinen Augen. Endlich schaffte ich es auf seinen Namen zu klicken und las die vor meinem Blick verschwommenen Worte. Alles war wieder so ernst geworden, so nah an mir. Dabei war die Zeit nun ja eigentlich vorbei.

Ich hatte mich unmissverständlich ausgedrückt!
Ich will nichts mehr von dir hören. Lass mich in Ruhe!
Deine Schwester hat mir versichert, wenn ich mich mit dir treffe, hört das auf.
Und ich hatte dir gesagt, dass ich ansonsten eine Anzeige bei der Polizei mache.
Ich will, dass du den Kontakt abbrichst und auch nicht mehr auf diese Mail antwortest.
Millen.

Alles in mir zog sich zusammen. Ich schien mich aufzulösen, auf dem Boden auszubreiten. Ich war der Boden. Mein Körper wurde steinhart, alles in mir gefroren. Mit der Hand vor dem Mund lief ich ins Badezimmer. Keine gute Idee süße Vanillemilch zu trinken. Es schien dass sich jeglicher Schmerz und die angesammelte Wut ins Waschbecken ergossen. Immer noch wie eingefroren sackte ich an der kalten, befliesten Wand zusammen. Mir wurde schwarz vor Augen und ich merkte eben noch wie mein Kopf auf die Steine aufprallte. Ich wusste nicht wie spät es war, wie lange ich so da gelegen hatte. Ich raffte mich an der Wand hoch und versuchte meine zu Brei gewordenen Beine zur Badewanne zu schleppen. Mit letzter Kraft setzte ich mich auf den Boden und erschrak als sich das kalte Wasser auf meinem Kopf ergoss. Endlich konnte ich weinen. Das Wasser schien meine Verspannung zu lösen, als sich meine Tränen mit dem Wasser vermischten.



©2010 by annacj16. Jegliche Wiedergabe, Vervielfaeltigung oder sonstige Nutzung, ganz oder teilweise, ist ohne vorherige schriftliche Genehmigung des Autors unzulaessig und rechtswidrig.

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