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Prosa => Phantasy & SciFi


Eine Mondscheingeschichte Teil 3 - von Murmeltearding, 24.05.2010
Als sie die Eingangstür zu ihrem Wohhaus fast erreicht hatten, begann Luna in ihrer Hosentasche nach dem Schlüssel zu kramen. Sie trug Baggy Pants, wie meistens, und sie hatte sich gestern abend nicht wirklich darum geschert wo sie ihren Schlüssel hingetan hatte. Erst nach einigen Minuten, die die beiden im Hauseingang standen, hatte sie den Schlüssel endlich in einer ihrer 17 Taschen gefunden und sperrte die Tür auf. Erleichtert endlich zuhause zu sein, lehnte sie sich gegen die Wand hinter ihr. Der irgendwann mal weiße Anstrich war dreckig und kalt, doch das war ihr egal. Sie war nur froh endlich von der Straße weg zu sein. "Komm schon, ich will unter die Dusche" quengelte Soul neben ihr. Mit einem Seufzen stieß sie sich von der Wand ab und ging weiter. "Gib mir den Schlüssel, ich lass dir die Tür offen." drängte Soul weiter. Luna seufzte wieder, gab ihm dann aber den Schlüssel. Sie selbst ging langsam weiter und ließ sich Zeit. Sobald Soul den Schlüssel hatte, rannte er, in einem Tempo das Luna nie für möglich gehalten hatte, in Richtung der Wohnung. Er hatte nicht die Geduld auf den Lift zu warten, also rannte er die Stufen in den vierten Stock nach oben. Luna zog überrascht die Augenbrauen zusammen, drückte dann aber den Knopf am Lift. Sie war froh, noch die Kraft zu haben bis in ihr Bett zu kommen, während Soul hier anscheinend für den Iron Man zu trainieren schien. Als der Lift endlich kam, stieg sie erschöpft hinein und drückte den Knopf mit der vier darauf. Gerade als die Tür zugehen wollte, stellte noch jemand das Bein in die Tür. Luna sah nicht wer es war. Ihre Augen waren ihr schon zugefallen. "Assoziales Pack" hörte sie eine bissige Frauenstimme murmeln, dann schloss die Tür sich. An der Stille im Lift erkannte Luna, dass sie der Frau anscheinend zu assozial aussah und sie doch allein fuhr. Der Weg bis zum vierten Stock schien ihr eine Ewigkeit zu dauern.

Als die Tür sich endlich wieder öffnete, taumelte Luna hinaus wie ein Schlafwandler. Sie sah die Tür am Ende des Gangs leicht offen stehen, doch der Weg bis dort hin schien ihr plötzlich fürchterlich weit. Ihre Knie wurden wieder weich und sie musste sich an der Wand abstützen um nicht auf der Stelle hier im Gang zusammen zu brechen.

Irgendwie erreichte Sie dann aber doch die Tür und schlug sie erleichtert hinter sich zu. Noch in dem kleinen Vorraum setzte Luna sich in eine Ecke und schlief auf der Stelle ein. Einmal, während ihres leichten, jedoch traumlosen Schlafes, hatte sie das Gefühl als würde sie bewegt werden, sie war sich dabei allerdings nicht sicher, und es war ihr auch egal. Soul würde nicht zulassen, dass ihr etwas passierte.

"Hey Schlafmütze! Steh auf... steeeeh aaauf! Ich hab uns Pizza bestellt, komm essen!" wurde sie aus dem Schlaf gerissen.
"Lass mich in Ruhe" murmelte Luna und drehte sich auf die Andere Seite. Sie war in ihrem Bett. Sie roch ihr Bett und sie roch ihr Zimmer. Alles schien nach ihr zu riechen. Es war wohlig warm und sie war nicht durchgefroren. Vielleicht war doch alles nur ein Traum gewesen. Langsam rollte sie sich aus dem Bett. Als sie an sich herunter sah, wurde ihr klar, dass es kein Traum gewesen war. Ihre Sachen waren dreckig und sie trug noch ihre Schuhe. Erde und Tannennadeln klebten an ihnen. Als sie tief Luft holte, musste sie husten. Das bewies ihr, dass sie letzte Nacht geraucht hatte. "Verdammt" murmelte sie. Noch verschlafen zog sie ihre Schuhe aus und ihre warmen Tigertatzen-Hausschuhe an. Wütend warf sie ihre Schuhe in eine Ecke. "Verdammt Soul! Warum hast du mich geweckt? Wie spät ist es?" verlangte Luna zu wissen. "Es ist halb neun Uhr Abends. Du kannst nicht einfach den ganzen Tag schlafen" antwortete Soul aus dem Wohnzimmer. Im Hintergrund hörte sie den Fernseher laufen. Animal Planet, wie könnte es auch anders sein. Soul liebte die Serien, die dort den ganzen Tag gezeigt wurden. "Wo ist mein Essen?" fragte sie grummelig. Lächelnd reichte Soul ihr einen Pizzakarton. "Ich hoffe die ist der Prinzessin recht?" fragte er schmatzend. "Gib her!" antwortete Luna halb lachend als sie den Karton öffnete. "Rutsch mal" forderte sie und setzte sich neben Soul. Die alte Couch war nichtmehr unbedingt schön anzusehen, aber Luna konnte sich nichts bequemeres vorstellen. Sie hatte das Ding geliebt, seit sie es zum ersten Mal auf dem Schrottplatz gesehen hatte. Das was einmal weiß gewesen war, hatte damals schon eher gelblich ausgesehen, aber seit Luna sich die Mühe gemacht, und die Couch in schwarz-lila Karomuster angemalt hatte, liebte sie sie noch mehr.

Der Fernseher war das einzige im Wohnzimmer was irgendwie neu war. Den Großteil der anderen Sachen hatten sie irgendwo gefunden oder geschenkt bekommen, Soul hatte jedoch auf einen hypermodernen Flatscreen TV mit allem möglichen Schnickschnack und Bild im Bild Funktion bestanden als sie in die gemeinsame Wohnung gezogen waren.

Luna machte es sich in ihrer Ecke der Couch gemütlich und begann genüsslich zu essen. "Leonardo ist ein Künstler" murmelte sie. Soul kicherte leise. Die beiden hatten keine Ahnung wie der Pizzabäcker hieß, aber sie hatten beschlossen, dass ein guter Pizzabäcker einfach Leonardo zu heißen hatte. Soul hatte wie immer eine Extra Große Familienpizza für sich bestellt. Quattro Staggioni mit extra viel Käse. Heute schien er sie noch schneller zu verschlingen als sonst. "Ich hasse dich für deinen Stoffwechsel" murmelte Luna. Sie selbst war nicht unbedingt dick, aber sie hatte auch nicht die Modelfigur auf die so viele Männer heutzutage standen. Soul hingegen war trotz seiner Essgewohnheiten - einfach alles in sich hinein zu stopfen was er irgendwie in die Finger kriegte - spindeldürr. Auch er hatte nicht unbedingt eine Modelfigur, aber er hatte andererseits auch kein Gramm Fett auf den Rippen.
"Du stinkst" murmelte er, als er seine Pizza fertig gegessen hatte.
"Oh danke, du riechst auch ganz toll" konterte Luna.
"Nein ernsthaft... du solltest mal duschen gehen. Du riechst als hättest du dich irgendwo rein gesetzt." Luna schoss Soul einen Blick zu, der unter anderen Umständen tödlich gewesen wäre. Als sie allerdings tief durch die Nase einatmete, stellte sie fest, dass Soul recht hatte. "Ich hasse dich" flüsterte sie, als sie aufstand und die halbe Pizza liegen ließ. Im vorbeigehen gab sie ihm einen Tritt gegen das Schienbein. Soul gab ihr im Gegenzug dazu einen Klaps auf den Hintern. Dann war Luna aus dem Wohnzimmer verschwunden.
Eine heiße Dusche schien ihr plötzlich ziemlich verlockend.
Sie drehte die Gastherme auf und begann sich auszuziehen, noch bevor sie die Tür hinter sich zugemacht hatte. Erst als das kleine Display 50° anzeigte, schloss sie die Tür hinter sich. Luna stieg in die Badewanne und wünschte sich im gleichen Moment sie hätte es nicht getan. Überall in der ganzen Wanne verteilt, war getrocknetes Blut. "Oh wie ich dich hasse." murmelte sie und dachte dabei an Soul. Angeekelt griff sie nach dem Duschkopf und versuchte das Blut weg zu spülen. Als sie feststellte, dass es eingetrocknet war, verfluchte sie Soul innerlich. Im gleichen Moment aber wurde ihr klar, dass das die einzigen Überreste ihrer besten Freunde waren. Tränen begannen wieder ihr Gesicht hinab zu fließen. Sie hatte keine Ahnung was sie jetzt tun sollten. Die Polizei konnten sie ja wohl schlecht rufen. Und die gut 15 Leichen einfach liegen lassen? Das erschien ihr ebenfalls nicht unbedingt die beste aller Ideen.
"Soul hat sicher längst eine Lösung." murmelte sie. Nachdenklich hängte Luna den Duschkopf in die vorgesehene Halterung und ließ das heiße Wasser auf sich herab prasseln. Den Duschvorhang hatte sie wie immer offen gelassen. Sie hasste es, wenn das ekelhafte Ding sich irgendwo an ihren Körper anklebte. Geistesabwesend nahm sie eine Flasche mit Schampoo und tat sich davon auf die Hände. Als sie ihre Haare wusch, wurde ihr klar, dass irgendwas mit Soul nicht stimmte. Die beiden kannten einander seit dem ersten Tag im Kindergarten. Luna war von ihren übermäßig behütenden Eltern nur ungern allein zurück gelassen worden. Soul wurde von seinen, sich nicht wirklich um ihn scherenden Eltern erst viel zu spät hin gebracht. Luna war zu dem Zeitpunkt ängstlich in einer Ecke gesessen. Noch nie war sie so lange Zeit von ihren Eltern getrennt gewesen. Die Betreuerinnen waren hoffnungslos überfordert mit ihr. Sie wollte sich nicht anfassen lassen und mit sich reden ließ sie schon garnicht. Dann war plötzlich Soul dazu gekommen. Schon damals war er um einige Zentimeter größer gewesen als sie. Seine Kleidung war dreckig und seine Hose hatte Löcher an den Knien. Soul schien es nicht zu interessieren, dass Luna allein und verängstigt in der Ecke saß. Er war schnurstracks auf sie zumarschiert und hatte sie gefragt ob sie mit ihm spielen wollte. Von diesem Moment an waren die beiden unzertrennlich gewesen. Souls Eltern interessierte ihr weinender Sohn nicht wirklich als die beiden vom Kindergarten abgeholt wurden. Lunas Eltern waren besorgt über den neuen Freund den ihre Tochter gefunden hatte. Sie mochten es nicht, wie ungepflegt er aussah. Sie mochten es nicht, wie seine Eltern ihn behandelten. Und sie mochten es schon garnicht, dass er mit ihrer Tochter spielte. So wurde Luna die Freundschaft mit Soul erstmal untersagt. Die beiden waren von da an untertags unzertrennlich, verstanden jedoch, dass sie, sobald ihre Eltern auftauchten nichtmehr befreundet sein durften. Oft war Soul damals mit blauen Flecken in den Kindergarten, und später auch in die Schule gekommen. Nie hatte er Luna gesagt woher die blauen Flecken kamen, immer hatte er eine Ausrede parat gehabt. Erst als sie eines Tages selbst darauf gekommen war, damals waren die beiden schon in der Hauptschule gewesen, hatte Soul nur verschämt genickt. Ja, er wurde von seinen Eltern misshandelt, gab er schließlich zu.

Dann, an dem bisher schwärzesten Tag ihres Lebens, nach der letzten Nacht wohl nurmehr dem zweitschwärzesten Tag, hatte Luna den Anruf bekommen. Beide Eltern waren bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Damals war sie gerade 15 gewesen. Sie kam in ein Heim für elternlose Kinder. Es war etwa eine Stunde von ihrer bisherigen Heimat entfernt. Sie ging auf eine andere Schule als Soul und die beiden sahen sich nurmehr selten. Bis sie 18 war. Soul hatte sie an dem Tag besucht, wie an jedem ihrer vorigen Geburtstage auch. Er hatte ihr seinen Plan erklärt und sofort hatte sie aufgeregt zugestimmt. Den Besuch bei der Heimleitung hatten sie schnell hinter sich gebracht. Die Betreuer waren froh über jedes Maul weniger das zu stopfen war und zum ersten Mal in ihrem Leben war Luna frei gewesen. Soul war ein paar Monate vor ihr 18 geworden und hatte bereits alles vorbereitet. Das wenige Geld das er irgendwie verdienen oder erstehlen konnte, hatte er gespart und stolz präsentierte er Luna die kleine, aber feine Wohnung die er gemietet hatte. Von da an waren die beiden wieder unzertrennlich und verbrachten jede freie Minute gemeinsam. Die Miete konnten sie von dem Geld das Luna von ihren Eltern geerbt hatte leicht bezahlen. Die Waisenrente vom Staat half den beiden ebenfalls und so lebten beide bis zum heutigen Tag ohne jemals wirklich gearbeitet zu haben.

Das Wasser wurde plötzlich kalt. Sie hatte den Warmwasserboiler mal wieder überfordert. Luna liebte lange, viel zu heiße Duschen. Zitternd drehte sie das mittlerweile kalte Wasser ab und hüllte sich in ihr pinkes Lieblingshandtuch. "Am liebsten wärs dir, du könntest dich in einen Topf voll kochendem Wasser setzen, oder?" rief Soul als sie nach draußen in den Vorraum trat.
"Tut mir leid... mir ist verdammt kalt, ich glaube, ich hab mich erkältet." rief Luna zurück. Ihr langes, schwarzes Haar hing tropfend an ihrem Rücken herunter. Souls Kopf erschien in der Wohnzimmertür. "Zieh dir erstmal was an, ich mach dir inzwischen einen Kakao" bot er an.
Luna zog eine Augenbraue hoch. "Du machst mir Kakao? Was ist denn mit dir los?"
"Keine Ahnung... ich hab einfach Lust dir Kakao zu machen... ist das ein Problem?" antwortete Soul stutzig.
"Nein, mach nur..." rief Luna aus ihrem Zimmer zurück. Sie trocknete ihr Haar ab so gut es ging und nahm sich frische Unterwäsche aus dem Schrank, wie immer in schwarz, dann schlüpfte sie in ein Paar alter, perfekt eingetragener Baggy Pants und einen riesigen Pullover. Ihre Tigertatzen-Patschen holte sie sich aus dem Bad und dann setzte sie sich, eingehüllt in eine kuschelige Decke auf die Couch. Eine halbe Minute später kam Soul mit einer Tasse dampfendem Kakao aus der Küche. Lächelnd nahm Luna die Tasse und wärmte sich ihre Finger daran. Als Soul sich neben sie hinsetzte, kuschelte sie sich an ihn und trank ihren Kakao.
"So solltest du mich viel öfter bedienen, schließlich bin ich deine Königin!" stellte sie lachend fest.
Darauf wusste Soul nichts zu sagen. Erst nach gut einer halben Stunde sprach er wieder.
"Du fühlst dich wirklich verdammt kalt an.... " stellte er fest und legte seinen Arm fester um sie.
"Nein, du fühlst dich verdammt heiß an! Bist du sicher, dass du kein Fieber hast?"
"Ach was... ich weiß doch, dass ich heiß bin!" grinste Soul. "Jetzt lass mich in Ruhe Fernsehen." fügte er hinzu um das Thema zu wechseln.
Luna legte ihren Kopf auf seine Schulter, genoss seine ungewöhnliche Körperwärme und trank ihren Kakao.
Nach einer Weile fielen ihr ihre Freunde ein, die sowas niemehr tun konnten. Das Bild von der Lichtung im Wald tauchte in ihrem Kopf auf. Das Blut, die zerfetzten Körper und Soul, der einzige überlebende inmitten des Massakers.
"Ich bin so froh, dass du überlebt hast." flüsterte Luna. "Ich weiß nicht was ich ohne dich angefangen hätte."
"Denk nicht darüber nach... das ganze war ein Trauma für uns beide, aber wir sollten versuchen das alles so schnell wie möglich zu vergessen."
"Was waren das bloß für seltsame Tiere?"
"Vielleicht sollten wir bei Animal Planet anrufen und mal nachfragen." schlug Soul lachend vor.
"Ach hör auf Witze darüber zu machen. Was ist wenn die uns wieder finden? Vielleicht wollten die nicht, dass wir überleben."
"Das sind Tiere, ich denke denen war es ziemlich egal ob wir überleben oder nicht."
"Sollten wir das ganze nicht doch der Polizei melden?" schlug Luna unsicher vor.
"Spinnst du? Wenn die das ganze Gras dort oben finden, haben wir mehr als nur ein kleines Problem. Keiner darf jemals davon erfahren."
"Wie wärs mit nem anonymen Tipp?" schlug Luna vor.
"Anonym werden wir wohl schlecht bleiben können... Die haben doch Rufnummernerkennung und den ganzen Scheiss..."
"Telefonzelle?"
"Fingerabdrücke, DNA Analyse." Die beiden diskutierten noch eine Weile weiter, irgendwann stellte Luna jedoch fest, dass Soul immer ein Gegenargument haben würde, und gab es auf. Dann würden die Leichen, oder das was davon übrig war, wohl von Spaziergängern gefunden werden. Oder vielleicht würden die Tiere zurückkommen und alle Beweise auffressen. "Ich geh wieder schlafen" stellte Luna etwa eine halbe Stunde später fest.
"Gute Nacht." antwortete Soul nur. Er war in seine Dokumentation vertieft.
Seufzend stand Luna auf und verließ den Raum.



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