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Droormanyca 05 - Auf dem Planet der Folaner Kapitel 05 - von Aabatyron, 29.11.2008
Droormanyca

Kapitel 5 - Die Suche


Die Suche

Am anderen, späten, Morgen hatten zwar noch einige unter den Nachwirkungen des Donkbeersaftes zu leiden, aber die täglich anfallende Arbeit musste trotzdem verrichtet werden. Allerdings hatte heute jeder Verständnis dafür, wenn es etwas länger dauerte, bis die Arbeiten ausgeführt wurden. Es war allen bekannt, dass in den Beeren der Donkbeersträucher stark berauschende Wirkstoffe waren. Wenn man genügend dieser Beeren gepflückt hatte, wurden sie in speziellen Schalen zerkleinert und in großen geschlossenen Krügen etwa zwei Monate aufbewahrt. Den sich während dieser Zeit entwickelten Saft füllte man dann in große, irdene Behälter um. Es musste sorgsam darauf geachtet werden, dass keine Kerne mit zu dem Saft gelangten. Der Saft schmeckte sehr süß und schon innerhalb kurzer Zeit nach dem Genuss, verhielt sich der Konsument meist sehr seltsam und es wurde immer lustiger in der Gesellschaft. Die Kerne hatten aber noch eine andere, äußerst wichtige Aufgabe: Wenn jemand verletzt war und über starke Schmerzen klagte, wurden ein paar dieser Kerne ganz fein zerstoßen und mit Nussfett zu einer Paste verrührt. Wurde diese Paste dann auf die Wunde aufgetragen, verschwand der Schmerz nach sehr kurzer Zeit und das Nussfett verhinderte, dass Schmutz in die Wunde kam. Die Kerne hatten eine so starke betäubende Wirkung, dass wenn jemand auch auf nur einem dieser Kerne kaute, wurde er innerhalb von ein paar Minuten ohnmächtig und fiel um. Der Medizinmann verwendete diese Kerne häufig, wenn er Krankheiten oder Verletzungen behandeln musste, bei denen der Patient aufgrund starker Schmerzen nicht stillhalten würde.

Droormanyca kannte allerdings diese Wirkung und ihre Folgen nicht, obwohl sie sich nicht zurückgehalten hatte, reichlich von dem wirklich gut schmeckenden Saft zu konsumieren. Einige der stärksten Krieger sahen sie jetzt konzentriert in der Arbeit vertieft, während sie selbst immer noch einige Mühe hatten, den Ausgang ihrer Hütte zu finden, obwohl sie viel weniger diesem Getränk am Vorabend zugesprochen hatten wie diese Kriegerin. Es war zu lustig gewesen, als einer der Krieger gemeint hatte, Droormanyca müsse unbedingt einmal diesen faserartigen Kopfschmuck abnehmen, und sie verzweifelt versucht hatte, ihm zu erklären, dass dies kein speziell angefertigter Kopfschmuck war, sondern dass alle ihre „Stammesangehörigen“ auf der Erde diese Haare auf dem Kopf tragen. Der Krieger konnte sich schon vorstellen, dass das Tragen dieser langen, seidigen schwarzen „Haare“ bei einem anderen Volk als Schönheitssymbol der Mädchen und Frauen angesehen wurde. Obwohl er zu dem Zeitpunkt, als sie ihm versuchte zu erklären, dass diese Haare bei ihrem Volk von alleine wachsen, noch fast kein Donkbeersaft getrunken hatte, verstand er es trotzdem nicht. Erst nach dem vierten Becher dieses Gebräus, war es für Kreyton, so hieß der interessierte Krieger, plötzlich selbstverständlich, dass bei großen Kriegerinnen der Kopfschmuck auf natürliche Art und Weise entsteht. Während er sich vor dem Genuß des berauschenden Saftes mit seiner Meinung höflich zurückgehalten hatte, bekundete er danach ganz offen, dass er bis jetzt noch nie ein Mädchen gesehen hatte, dessen Augenfarbe so blau wie der Himmel und so klar wie das Wasser des Baches war. Bei den Mädchen seines Volkes galt es schon als besondere Schönheit, wenn ein Mädchen einmal besonders hellbraune Augenfarbe hatte – normalerweise waren die Augen bei allen von dunkelbrauner Farbe.
Irgendwie hatte es ihm diese fremde junge Frau angetan, denn er bekundete ihr, ohne die sonst üblichen Rituale seines Stammes einzuhalten, dass sie ihm besonders gut gefalle. Seltsamerweise konnte Droormanyca in seinen Gedanken lesen, dass er keine Freundschaft aufgrund ihrer Körperkräfte wie all die anderen suchte, sondern sie wirklich..... gern hatte? Dieses Gefühl war für sie so irritierend, dass sie fast fluchtartig den Platz in der inzwischen sehr fröhlichen Gruppe verlassen, und anschließend zur Ablenkung das Gespräch mit Wartarkaan und Feelinor gesucht hatte. Ab und zu erhaschte sie manchmal trotzdem noch einen Gedanken von Kreyton und konnte erkennen, dass er sehr traurig war, weil sie wegen ihm und seinen vorlauten Reden die Gruppe verlassen hatte.

Sie mussten heute zuerst einmal draussen in der Ebene frische Früchte holen. Droormanyca machte sich deshalb bereit, als Schutz für die Gruppe der Dienerinnen mitzugehen und dafür zu sorgen, dass alle wieder ohne Verletzungen nach Hause kamen. Sie hatte ihre Waffen selbst angefertigt und die Krieger bestaunten die beiden Schwerter und den Speer, der vollständig aus Metall bestand. Diese Waffe war so schwer, kein normaler Krieger war in der Lage, sie nach einem Angreifer zu werfen. Wenn allerdings Droormanyca mit diesem Speer einen Droorm traf, durchbohrte die äußerst scharfe Spitze mühelos jeden Knochenpanzer und spießte aufgrund des enormen Gewichts das Tier meist vollständig auf. Wenn Droormanyca als „Schutz“ dabei war, getrauten sich auch die weniger mutigen Dienerinnen und Sklavinnen, an der Beschaffung von Nahrungsmittel teilzunehmen. Viele von Ihnen hatten das Dorf seit ihrer Flucht auf die schützende Anhöhe aus Angst vor den Droorms nie mehr verlassen. Diese Angst wurde bisher eher noch verstärkt, wenn von den wenigen, die sich unter dem Schutz der Krieger in die Ebene getrauten, um dort von dem reichhaltigen Angebot der Früchte welche zu holen, nur noch die Hälfte teilweise schwerverletzt zurückkamen, weil sie wieder einmal von einem Droorm angegriffen worden waren. Dies änderte sich mit dem Auftauchen dieser mächtigen starken Kriegerin. Jeder hatte mit eigenen Augen gesehen, dass sie in der Lage war, selbst ohne Waffen einen Droorm töten zu können. Wenn jemand vorher glaubte, die Droorms wären nur dumme fressgierige Räuber, so wurde er jetzt genau von dem Gegenteil überzeugt. Die Droorms hatten sehr schnell begriffen, dass wenn diese eine Kriegerin bei den zweifüßigen Wesen dabei war, bekamen sie anstatt einer leichten Beute meist nur die Witterung ihres eigenen Blutes. Also hielten sie sich immer intelligent zurück, sobald sie diese Jägerin in der Gruppe der Folaner erspäht hatten. Ausserdem roch diese zweifüßige, früher leicht zu erbeutende Lebendfutternahrung in letzter Zeit immer nach einer Pflanze, deren Kontakt sie unbedingt meiden mussten. Instinktiv wussten die Droorms, dass sie durch den Saft der Morchknollgewächse unfruchtbar wurden und deshalb keine Nachkommen mehr zeugen konnten. Schon der Hautkontakt bewirkte diesen Effekt. In dem Saft dieser Pflanzen war eine Substanz, die selbst die Haut durchdrang und somit in den Blutkreislauf gelangte. Wenn ein Droorm mit so einer Pflanze in Berührung kam, spürte er schon wenige Sekunden nach der Berührung, dass sein Körper wie von einer großen Hitze durchflutet wurde. Irgend wie wurde durch diese Substanz das Blut mehr und mehr verdünnt. Wenn ein Droorm trächtig war, starb sein Nachwuchs aufgrund dieser Wirkung.
Bei den Folanern, die sich mit dem Saft zum Schutz gegen Angriffe der Droorm die Haut einrieben, hatte es zwar die gleiche Wirkung, aber nur in einer viel schwächeren Form. Bei einem Folaner wurden durch diese Wirkung die Muskeln besser durchblutet und er war somit in der Lage, kurzzeitig eine große körperliche Leistung zu erbringen. Eine Schädigung vergleichsweise wie bei den Droorm gab es bei Folanern nicht, selbst wenn sie mit dieser Pflanze längere Zeit Berührung hatten. Es war nur unangenehm, wenn man sich sehr oft kurz hintereinander damit die Haut einrieb, denn nach dem dritten oder vierten Mal, verspürte man ein leichtes „Brennen“, welches sich nach jeder weiteren Anwendung noch verstärkte. Die Folaner hatten schnell herausgefunden, dass der Geruch dieser Pflanzen die Droorm auch wirksam von einem Angriff abhielt, wenn sich nicht alle damit „geschützt“ hatten. Man musste nur gut aufpassen, dass die „ungeschützten“ sich immer in der Mitte der Gruppe aufhielten. Der beste Schutz den die Folaner allerdings kennengelernt hatten, war Droormanyca. Denn während der Geruch der Morchknollgewächse jeden Droorm sofort in die Flucht schlug, beeindruckte es die anderen Raubtiere in keiner Weise. Im Gegenteil hatten diese Raubtiere inzwischen herausgefunden, dass da wo man diese penetrant riechenden Morchknollgewächse witterte, Droormfreie Zone herrschte und man ungehindert Jagt auf alles was kleiner wie man selbst war, machen konnte.

Bei der heutigen Jagdgesellschaft war auch Kreyton mit dabei. Die gesamte Truppe bestand aus acht Kriegern und zwölf Dienerinnen. In der Ebene gab es Dank der Fleischfresser viele Früchte, die für die Folaner nahrhaft und wohlschmeckend waren. Es tummelten sich zwar auch noch einige wenige kleinere Tiere in der Ebene, die sich auch von Früchten ernährten, aber ihre Zahl wurde von den großen Räubern nieder gehalten. Sie waren eine willkommene Beute für die nie satten Fleischfresser. Kreyton hielt sich heute sehr im Hintergrund. Mehr aus den Erzählungen der anderen, wie durch eigene Erinnerung, wusste er, dass er sich bei der Einweihungsfeier gestern Nacht gegenüber der fremden Kriegerin anscheinend unmöglich benommen, und sie sogar wegen seiner beleidigenden Worte die Gruppe verlassen hatte. Er wusste selbst nicht mehr, warum er sich so verhalten hatte, auf jeden Fall tat ihm der ganze Vorfall sehr leid. Es war eine schwierige Situation, denn im Formulieren von Entschuldigungen war er nicht geübt. Diese junge Frau war bei der Familie des Häuptlings sehr angesehen, er erwartete deshalb, dass er von Wartarkaan bestimmt noch einen Verweis wegen seinem ungebührenden Verhalten bekommen würde. Während die Mädchen aus der Kaste der Dienerinnen fleißig dabei waren, die überall wachsenden Früchte hier in dieser Ebene zu pflücken, hing Kreyton seinen Gedanken nach und überlegte sich, wie er sich bei Droormanyca für sein Verhalten entschuldigen könnte. Als er das laute Gebrüll der Langzahnkatze neben sich hörte, war es für eine Reaktion zu spät. Diese Katze war vier mal so schwer wie ein ausgewachsener Folaner, und wenn man ihren Angriffsschrei hörte, war es fast immer das letzte im Leben das man wahrnahm. Von seinen trübseligen Gedanken hochgeschreckt, sah Kreyton, wie die Katze im Sprung auf eines der Mädchen war, die er beschützen sollte. Bevor die Katze allerdings ihren Sprung bei dem Mädchen beenden konnte um es zu packen, sah Kreyton, wie Droormanyca die Katze blitzschnell in der Luft fliegend ergriff, und beide zwei Meter neben dem völlig verängstigten Mädchen auf dem Boden landeten. Während das Mädchen vor Angst und Schock anfing am ganzen Körper zu zittern, versuchte die Langzahnkatze sich von der Umklammerung Droormanycas zu befreien, indem sie mit ihren mächtigen, mit rassiermesserscharfen Krallen bestückten Pranken, wie wild um sich schlug. Wenn sie die Kleidung von Droormanyca erwischte, flog das Gewebe in Fetzen verteilt durch die Luft. Durch die Laute des Kampfes angelockt, erschien plötzlich noch eine dieser äußerst gefährlichen Langzahnkatzen. Die Mädchen liefen schnell zusammen und die Krieger stellten sich zum Schutz mit ihren Waffen vor die Gruppe. Als Droormanyca die zweite Langzahnkatze erblickte, wusste sie, dass sie den Kampf jetzt schnellstens beenden musste um nicht noch mehr von diesen gefährlichen Räubern anzulocken. Wenn die ganze Sippe hier auftauchte, war es äußerst fraglich, ob nicht doch noch jemand verletzt wurde, alle diese Räuber konnte auch sie nicht davon abhalten einen Angriff auf die Mädchen zu starten. Mit einem gezielten Schlag in das Genick ihrer Gegnerin beendete sie den Kampf. Die Langzahnkatze lag betäubt am Boden.
Als die zweite Angreiferin sah, dass sie offensichtlich doch einen wehrhafteren Gegner als gedacht vor sich hatte, zog sie sich wild fauchend von der Gruppe dieser Zweibeiner zurück. Droormanyca band der betäubten Katze die Füße ganz fest zusammen, wenn sie wieder zu sich kam, wäre sie sonst wieder sofort auf die Folaner losgegangen.
Den Mädchen saß der Schreck immer noch in den Gliedern. Sie hatten schon mit ihrem Leben abgeschlossen als sie sahen, wie Droormanyca von der großen Katze auf den Boden geworfen worden war und sich die gefährliche Bestie dann in den Arm von der Kriegerin verbissen hatte. Erst als Droormanyca ihnen ihren Arm zeigte und sie sich davon überzeugen konnten, dass sie tatsächlich bei dem Kampf nicht verletzt worden war, beruhigten sie sich wieder. Kreyton wusste, dass es seine Nachlässigkeit gewesen war, die zu dem Angriff der Langzahnkatze geführt hatte. Er bedankte sich bei Droormanyca, dass sie so schnell für ihn eingesprungen war, und mit dieser schnellen Reaktion das Leben des Mädchens gerettet hatte. Ausserdem entschuldigte er sich für sein Verhalten am Vorabend.
Durch den Genuß des Donkbeersaftes hätte er vermutlich viele unpassenden Dinge gesagt, die Droormanyca vor allen Anwesenden beleidigt hätte. „Aber nein“, beruhigte ihn Droormanyca überraschenderweise, „ich war nur sehr irritiert weil ich mir selbst auch schon vorher manche dieser Fragen gestellt hatte, warum ich so anders bin, und keine Antworten darauf gefunden habe“. Kreyton hatte nicht damit gerechnet, dass diese mächtige Kriegerin die Gruppe nur so schnell verlassen hatte, weil sie durch seine ehrliche Zuneigung völlig überrascht worden war und mit diesen Gefühlen momentan ganz einfach so überfordert gewesen sei, dass sie sich lieber zurückgezogen habe, bevor sie sich blamierte oder ihn vielleicht durch eine noch unpassendere Reaktion verärgerte. Sie konnte nicht verleugnen, dass sie sich sehr gefreut hatte, als er ihr seine Gefühle für sie gezeigt hatte, bat ihn aber trotz allem um Geduld. Sie war sich ihrer Existenz erst seit sehr kurzer Zeit bewusst, und im Gegensatz zu den anderen Folanern, die schon jahrelang den Umgang mit den anderen von Klein auf gelernt hatten, musste sie die dafür notwendigen Erfahrungen zuerst alle noch selbst machen und sammeln. Da sollte einer aus den Frauen schlau werden, dachte sich Kreyton ob dieser Wendung seines Problems. Wie zur Bestätigung konnte er sehen, wie ihm Droormanyca zulächelte und ihn mit diesen himmelblauen Augen, die er an ihr so liebte, direkt ansah.
Als sie wieder im Dorf ankamen, war der Häuptling absolut nicht erfreut darüber, dass sie eine Langzahnkatze mit in das Dorf gebracht hatten. Er hatte schon einige schmerzliche Erfahrungen mit diesen Tieren gemacht und konnte sich nicht vorstellen, dass es möglich war, so eine Katze zu zähmen. Genau das hatten Droormanyca und Kreyton vor – sie wollten versuchen, die noch sehr junge Langzahnkatze soweit zu zähmen, dass sie als „Wächter“ eingesetzt werden konnte. Bis jetzt hatte dies noch kein Folaner versucht, na ja, von Droormanyca war er ja inzwischen gewöhnt, dass sie sich manchmal recht merkwürdig verhielt, jetzt hatte sie damit auch noch Kreyton, einen seiner besten Krieger, angesteckt. Wenn die Langzahnkatze einen der beiden mit ihren kräftigen Pranken erwischt hatte, würden sie mit Sicherheit selbst bemerken, wie gefährlich es war, mit so einem überaus intelligenten Tier zu spielen. Wartarkaan war nicht entgangen, dass sich Kreyton besonders für Droormanyca interessierte, und auch sie anscheinend sein Interesse erwiderte. Besonders Feelinor freute sich für Droormanyca, dass deren verzehrende Nachdenklichkeit über ihre „Andersartigkeit“ langsam dem Interesse an einer Freundschaft mit Kreyton wich. Sie kannte Kreyton schon seit Kindesalter und wusste, dass er sehr verlässlich und hilfsbereit war. Er nahm die Dinge meist immer so, wie sie kamen, und hatte es bisher immer verstanden, das Beste daraus zu machen. Die beiden passten mit Sicherheit sehr gut zusammen.
Die Überraschung in den nächsten Tagen war allerdings der enorme Erfolg der beiden, die Langzahnkatze zu zähmen. Offensichtlich war diese Katze wirklich mit einiger Intelligenz ausgestattet. Als sie merkte, dass die Folaner ihr ab jetzt das notwendige Futter besorgten, solange sie sich bei ihnen aufhielt, und sie sich in dem Dorf auch nicht mehr gegen ihre natürlichen Feinde verteidigen musste, blieb sie sogar freiwillig im Dorf. Vor den Folanern brauchte sie sich nicht zu fürchten, sie fühlte sich körperlich jedem dieser Zweibeiner überlegen. Solange sie diese Vorteile nutzen konnte, würde sie den Folanern nichts tun. Es war einfach viel bequemer, wenn diese zweibeinigen Wesen ihr das Futter besorgten und sie, anstatt mühsam selbst jagen zu müssen, faul in der Sonne liegen konnte. Während sie Anfangs noch von den Berührungen der Folaner erschreckt wurde, und deshalb die Personen, die es versucht hatten, wütend anfauchte, gefiel es ihr jetzt sogar, wenn meist die Kinder mit ihr spielten und ihr dabei das Fell durchkraulten.
Wenn sie in der Nacht bei dem schwachen Schein dieser leidigen, für sie äußerst gefährlich erscheinenden Dorffeuer einen Angreifer entdeckte, der vorhatte, den Schutzwall zu überqueren um Beute zu machen, brauchte sie nur wütend zu brüllen, und schon waren die Folaner mit ihren Waffen zur Stelle um ihr Dorf zu verteidigen. Nach jeder dieser Aktionen bekam sie dann immer ein besonders gutes Stück Fleisch, so konnte es sich leben lassen. Die Folaner waren nicht schlecht erstaunt, als sie eines morgens erwachten und feststellen mussten, dass sie jetzt nicht nur einen Wächter in ihrem Dorf hatten, sondern gleich drei. Die Langzahnkatze hatte in der Nacht ihre beiden anderen Herdenmitglieder in das Dorf der Folaner geholt. Durch wütendes Fauchen brachte sie den beiden dann anschließend bei, dass ab sofort kein Folaner mehr als „Beute“ angesehen werden durfte. Sie lernten sehr schnell die Bequemlichkeiten und die Sicherheit des Dorfes schätzen.

Wartarkaan war gespannt, mit welcher ungewöhnlichen Tat sie Droormanyca als nächstes überraschen würde. Offensichtlich hatte sich zwischen Kreyton und Droormanyca eine tiefe Freundschaft entwickelt, denn die beiden waren fast bei jeder Gelegenheit zusammen und heckten wieder irgendwelche Dinge aus. Deshalb war er auch nicht wirklich überrascht, als sie ihm eröffneten, dass sie sich tatsächlich entschlossen hatten, die vor Wochen geplante Expedition ins Landesinnere jetzt durchzuführen und zusammen mit Roohn nach Wartarkaans Bruder, Losorkaan, zu suchen.
Einerseits war er nicht besonders von dem Gedanken begeistert, sein Dorf während ihrer Abwesenheit ohne den schon von ihr gewöhnten Schutz zu wissen, andererseits wollte er selbstverständlich selbst auch endlich eine Antwort auf die Frage haben, welches Schicksal seinen Bruder Losorkaan mit seiner Familie ereilt hatte. Für die Expedition, die bestimmt nicht ganz ungefährlich werden würde, meldeten sich noch einige mutige Krieger freiwillig und auch bei den Dienern würde man nicht auf deren Dienste verzichten können. Als sie nach einer Woche Vorbereitung zu der Expedition aufbrachen, bestand die ganze Truppe aus acht Kriegern und zehn Dienern, die allerdings größtenteils gewohnt waren, sich im Ernstfall gegen Angriffe von hungrigen Raubtieren zu verteidigen. Auch zwei Mädchen hatten sich freiwillig gemeldet, als Droormanyca im Dorf nach Freiwilligen gesucht hatte. Sie hofften, durch ihre Teilnahme an der Expedition, ihrem Dasein aus der Kaste der Diener, genauso wie Articoon zuvor, entfliehen zu können. Droormanyca würde sie auf dieser Reise mit Sicherheit beschützen können. Roohn führte sie bis zu dem Ort, wo sein Stamm das letzte Mal ein Dorf aufgebaut hatte. In der Nähe dieses Ortes würden sie mit Sicherheit noch Spuren der Gruppe derjenigen Folaner und ihrer Nachkommen finden, die als Überlebende nach der Katastrophe bei dem Vulkanausbruch zu ihnen gestoßen waren, bei ihnen fast 19 Jahre gelebt, und sich jetzt wieder auf der Suche nach einer neuen Heimat von ihnen getrennt hatten. Die Frage, wie sie damals vor 20 Jahren dem Feuersturm entkommen konnten, wusste auch Roohn nicht zu beantworten. Wenn man die Gruppe von Losorkaan fand, würden sie es auf jeden Fall erfahren. Da sie davon ausgingen, unterwegs genügend jagdbare Tiere für ihre Nahrung zu finden, hatten sie nur für mehrere Tage Lebensmittel mitgenommen und die Diener trugen ausser diesen Vorräten auch noch die „Ersatzwaffen“ der Krieger.

Von dem verlassenen Dorf des Stammes von Roohn führten tatsächlich Spuren in zwei Richtungen in das dichte Unterholz. Obwohl der Pfad, den die Stammesmitglieder Roohns genommen hatten, in der Zwischenzeit fast schon wieder vollständig von Pflanzen zugewachsen war, konnte man immer noch deutlich den Weg erkennen, den sich die Flüchtenden in dem dichten Gestrüpp und der vielen Schlingpflanzen vor über einem Jahr freigeschlagen hatten. Droormanyca erkannte, dass der eine dieser Pfade anscheinend nur von wenigen Personen begangen worden war, denn er war sehr schmal und es waren auch nicht alle Pflanzen abgetrennt worden. Entweder hatte sich hier die Gruppe der Überlebenden aus dem Dorf getrennt, oder was viel wahrscheinlicher war, hier hatte sich vielleicht die sehr kleine Gruppe vom Bruder Wartarkaans durch das Unterholz gekämpft.
Als sie untersuchte, wie alt die abgeschlagenen Überreste der Pflanzen und Äste waren, wurde ihre Vermutung bestätigt. Alle abgetrennten Überreste auf dem schmalen Pfad waren offensichtlich einige Zeit vor dem Anlegen des anderen Weges entstanden. Der größere Pfad durch den Wald schien erst seit circa einem halben Jahr nicht mehr benutzt worden zu sein. Sie wusste aber aus den Erzählungen von Roohn, dass sich der Bruder von Wartarkaan mit seiner Familie und seinen Kriegern schon vor über einem Jahr von Roohns Stamm getrennt hatte um sich eine sichere Zuflucht weit jenseits der Ebene zu suchen. Die Spuren auf dem größeren Pfad ließen den Schluss zu, dass die Krieger von Roohns Stamm nach der Flucht aller Einwohner aus dem Dorfe bei dem Überfall der Droorms, danach nochmals zurückgekommen waren, und sich aus den Häusern Waffen, Medikamente, Kleider, oder auch andere wichtige Dinge geholt hatten, die sie für das Überleben an einem anderen sichereren Platz brauchten. Also entschloss sie sich, dem Verlauf des kleineren Pfades zu folgen. Kreyton sah seiner Freundin erstaunt dabei zu, wie sie offensichtlich ohne Mühe mit einem ihrer großen Schwerter den bereits wieder größtenteils zugewucherten Weg von den Pflanzen befreite. Er hatte sich früher einmal bei einem Jagdausflug im dichten Unterholz vor einem Droorm verstecken müssen und wusste, dass es sehr mühsam war, sich einen Weg durch so ein Gestrüpp zu bahnen. Selbst der Droorm hatte damals aus Angst, sich trotz seiner enormen Körperkräfte in den vielen Schlingpflanzen hoffnungslos zu verheddern, wütend von seiner Beute zurückgezogen.
Die Frage, ob er sie bei dieser Tätigkeit an vorderster Front ablösen solle, verneinte sie verwundert. So ein paar Pflanzen zu durchtrennen empfand sie keinesfalls als Anstrengung, im Gegenteil, es machte ihr sogar richtig Spaß, ihre selbstgefertigten Schwerter einmal richtig „ausprobieren“ zu können.
Dank Droormanycas eifrigem Einsatz kamen sie sehr schnell vorwärts und man fand am späten Nachmittag einen guten sicheren Lagerplatz für die Nacht. Sie waren bis zu einem Platoon gekommen, von dem man aus einer erhöhten Position die gesamte Landschaft ringsum gut überblicken konnte. Ein Angreifer würde kaum ungesehen bis zu ihrem Lager kommen können. Sie breiteten die Decken aus und in der Mitte ihres Lagers wurde ein Feuer entfacht. Genügend Holz gab es in Hülle und Fülle – man musste sogar sehr gut aufpassen, dass das Feuer nicht auf das in der Nähe liegende Gehölz übergriff und dieses in Brand setzte. Deshalb wurden um die Feuerstätten immer mehrere Reihen Steinblöcke aufgesetzt, oder wenn man keine Steine fand, einfach Löcher in die Erde gegraben und die Pflanzen am Rand entfernt. Hier auf dieser Anhöhe gab es Steinblöcke in ausreichender Menge. Dank der Hilfe von Droormanyca war die Feuerstätte sehr schnell erstellt, und jeder war froh, als die ersten Flammen aus dem in der Mitte aufgeschichteten Holz loderten. Diese Feuer hielten die gefährlichen Langzahnkatzen meist von einem Angriff wirksam ab, gleichzeitig konnten die Folaner in der Nacht einen angreifenden Droorm frühzeitig erkennen und fliehen, oder sich zur Verteidigung bereitmachen. Jeweils zwei der Krieger wurden für zwei Stunden zur Bewachung eingeteilt, während die andern unter den wärmenden Decken müde schliefen.

Es waren schon 6 Stunden vergangen, die dritte Wache freute sich schon darauf, endlich abgelöst zu werden. Sie hatten weder eine Langzahnkatze, noch einen Droorm entdecken können, als plötzlich im Unterholz in der Nähe ihres Lagers Geräusche von brechendem Holz zu hören waren. So sehr sie sich auch anstrengten, in dem schwachen Schein des Feuers irgend etwas zu erkennen, es war keine Gefahr auszumachen. Sie spähten trotzdem aufmerksam in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war. Jetzt herrschte wieder Stille. Nur die weit entfernten Rufe einiger Räuber, die gerade auf der Suche nach Nahrung durch den Wald streiften waren ab und zu zu hören.
Plötzlich wieder diese knackenden und raschelnden Geräusche, dieses Mal noch näher bei ihrem Lager. Aber sie konnten trotz aller Anstrengung nichts erkennen. Vielleicht waren die Verursacher kleinere Tiere, die nach Früchten und Beeren suchten. Wieder Stille. Die beiden Wachen waren aufs äußerste angespannt, aber es war keine bekannte Gefahr zu erblicken. Gerade als sie ihre beiden Ablösungen wecken wollten geschah es. Eines der Mädchen stieß einen markerschütternden Schrei aus, und sie konnten gerade noch sehen, wie sie von irgend etwas rasch in das Unterholz gezogen wurde.
Durch den Lärm geweckt, waren jetzt alle hellwach und griffen sofort zu ihren Waffen. Droormanyca fühlte die panische Angst in den Gedanken des Mädchens, das sich seltsamerweise mit großer Geschwindigkeit vom Lager entfernte. Sofort eilte sie dem Mädchen in der georteten Richtung nach, und nach wenigen Sekunden sah sie den Räuber, der sich seine Beute aus ihrem Lager geholt hatte. Es war eine riesige Schlange, die das Mädchen umschlungen hatte und versuchte, es immer weiter vom Lager wegzuzerren. Droormanyca bekam die Schlange am Ende ihres Körpers zu fassen. Als die Schlange merkte, dass sie offensichtlich jetzt selbst von einem Jäger angegriffen wurde, ließ sie das inzwischen bewusstlose Mädchen los und stürzte sich sofort auf den ihr unbekannten Angreifer.
Droormanyca spürte, wie sich die Schlange um ihren Körper wickelte und dadurch versuchte, ihre Bewegungsfreiheit immer mehr einzuschränken. Aus den Gedankenmustern erkannte sie, dass dieses Untier fest damit rechnete auch ihr zweites Opfer so am Atmen hindern zu können, dass es bewusstlos wurde und sie es dann bequem zu ihrem Nest mit dem Nachwuchs transportieren konnte. Da der Nachwuchs sich ausschließlich von Lebendfutter ernährte, durfte sie ihre Beute nicht töten. Droormanyca war sich sicher: da würde dieses Biest gleich eine kleine Überraschung erleben.
Allerdings wer eine Überraschung erlebte, war Droormanyca selbst. Während sie gewohnt war, sich mit ihren Körperkräften bisher jeder Gefahr mit Erfolg erwehren zu können, stellte sie jetzt plötzlich überrascht fest, dass sie von der Schlange so umschlungen worden war, dass sie sich auch bei aller Anstrengung nicht mehr bewegen konnte. Das war für sie eine ungewohnte Situation. Zu der anfänglichen Verwirrung über diese ungewohnte Gefangenschaft, kam jetzt ein völlig neues bisher unbekanntes Gefühl: Panik.
Droormanyca versuchte verzweifelt sich aus dem Griff der Riesenschlange zu befreien, aber nur mit dem Erfolg, dass die Schlange wiederum ihre Kraft auf den Körper von ihr noch verstärkte. Auch die Krieger konnten ihr in dieser Situation nicht helfen, ihre Rufe entfernten sich immer weiter von dem derzeitigen Ort des Kampfes. Sie war bestimmt schon einige Minuten diesem enormen Druck der Muskeln von der Schlange ausgesetzt gewesen, als sie langsam wieder einen klaren Gedanken fassen konnte und versuchte, die Panik zu verdrängen. Sie hatte vorher beobachtet, dass die Schlange ihren Griff gelöst hatte, als das Mädchen infolge des Luftmangels ohnmächtig geworden war. Der Logik folgend stellte sie sich jetzt einfach tot, vielleicht löste die Schlange auch bei ihr die eiserne Umklammerung, wenn sie dachte, dass sie ohnmächtig geworden war.
Es dauerte fast noch 10 Minuten, bis sie nach ihrer gespielten „Ohnmacht“ merkte, wie sich der Griff langsam Stück um Stück löste. Als sie völlig frei war, und die Schlange jetzt versuchte, ihr erstes Opfer wieder für den Abtransport zu greifen, sprang Droormanyca blitzschnell auf und griff zu ihrem Schwert, das Gottseidank noch an ihrem Gürtel befestigt war.
So eine Reaktion hatte Droormanyca noch nie erlebt. Die Schlange „fühlte“ förmlich, dass sich ihr Opfer anscheinend sehr schnell erholt hatte. Droormanyca hatte das erstemal ernsthafte Mühe, den heranschnellenden Kopf dieser Bestie mit dem Schwert zu treffen. Sie hatte zwar auf das Genick der Angreiferin gezielt, aber diese konnte doch noch im letzten Augenblick so weit ausweichen, dass sie nur am Kopf von dem Schwert getroffen wurde und eine tiefe Wunde erhielt. Wütend vom Schmerz und auch darüber, so einen wehrhaften Gegner gefunden zu haben, versuchte sie sogleich wieder, Droormanyca mit ihrem Körper zu umschlingen. Der nächste Hieb von Droormanyca trennte den Schwanz dieser Bestie vollständig vom Körper ab. Hatte sie gedacht, dass dieses Biest jetzt endlich die Flucht ergreifen würde, sah sie sich getäuscht. Im nächsten Augenblick wurde sie von dem wild aufpeitschenden Körper dieser Bestie direkt getroffen und mit voller Wucht gegen einen der überall stehenden Yokoonholzbäume geschleudert. Das Holz zersplitterte unter der Kraft des Aufpralls und Droormanyca verspürte ..... einen heftigen Schmerz!

Inzwischen waren auch die Krieger am Ort des Geschehens eingetroffen. Sie hatten den Lärm des Kampfes gehört, und das Mädchen, welches aus ihrem Lager gezerrt worden war, bewusstlos im Wald gefunden. Als sie sahen, dass Droormanyca anscheinend verzweifelt mit dieser Bestie um ihr Leben kämpfte waren sie entsetzt. So ein Tier hatten sie noch nie in ihrem Leben gesehen. Keiner wusste, wie man so eine Bestie bekämpfen konnte. Kreyton wollte seiner Freundin natürlich beistehen, obwohl die anderen ihn warnten: wenn es Droormanyca mit ihren Körperkräften nicht schaffte, diese Bestie zu besiegen, dann hatten sie erst recht keine Chance. Aber Kreyton wollte auch unter Einsatz seines Lebens seiner Freundin helfen und schritt mutig auf die Bestie zu. Als die Schlange den neuen Feind sah, spürte sie dessen todesmutige Entschlossenheit für einen Angriff und wendete sich ihm sofort zu. Droormanyca nutzte diese winzige Sekunde der Ablenkung und mit einem mächtigen, mit aller Kraft durchgeführten Hieb, trennte sie den Kopf der Schlange, die gerade versuchte Kreyton zu erfassen, ab. Der Körper der Schlange schlug im Todeskampf wild um sich und die Krieger rannten panisch auseinander um nicht getroffen zu werden. Sie hatten vorher gesehen, welche Kraft in dieser Bestie steckte, und wussten, dass sie von einem Treffer des sich im Todeskampf windenden Körpers zerschmettert werden würden. Als nach mehreren Minuten sicher war, dass jetzt keine Gefahr mehr durch diese Schlange bestand, gingen alle wieder in das Lager zurück. Das Mädchen war inzwischen wieder aus ihrer Ohnmacht erwacht, klagte aber über starke Schmerzen in der Brust und hatte immer noch Probleme richtig durchatmen zu können. Als Droormanyca sie untersuchte, konnte sie beruhigend feststellen, dass keine Rippen gebrochen waren. Allerdings konnte man deutlich die Spuren sehen, die entstanden waren, als die Schlange die Brust des Mädchens so lange fest zusammengepresst hatte, bis es ohnmächtig geworden war. Sie legten auf die Druckstellen Lyptolienblätter, die sie vorher mit Wasser befeuchtet hatten, damit sie ihre heilende Wirkung entfalten konnten. Droormanyca setzte sich zu der Gruppe der Krieger und hatte das erstemal seit sie denken konnte ein wirklich eigenartiges Gefühl. Kreyton sah ihre offensichtliche Verwirrung, und fragte sie, was mit ihr los wäre. Sie konnte es nicht erklären. Erst als sie, wie alle anderen, den Drang verspürte, sich hinzulegen und auszuruhen, wurde es ihr bewusst: Sie war ganz einfach – erschöpft und müde.

Die Nacht verlief ohne weiteren Zwischenfälle und jeder war froh, am Morgen die Sonne langsam aufgehen zu sehen. Wenn der Tag anbrach, konnte man eine nahende Gefahr sehen, und wurde nicht so wie in der Nacht erlebt, völlig von ihr überrascht. Droormanyca steckte der Schreck noch in allen Gliedern, obwohl sie sich in gewohnter Art jetzt wieder ausgeruht und stark fühlte.
Heute Nacht hatte sie sich das erste Mal nicht mit ihren sonst allen überlegenen Körperkräften gegen einen Angreifer wehren können. Jetzt wusste sie, wie es den Folanern erging, wenn sie von einem Droorm überrascht wurden. Hatte sie ihre besonderen Kräfte verloren? Als sie sich unbeobachtet fühlte, nahm sie einen Stein in die Hand und wollte testen, ob sie noch wie früher in der Lage war, ihn nur mit ihren Körperkräften zu zerteilen. Sie presste ihn so fest sie konnte in ihrer Hand zusammen. Erschrocken sprangen die Folaner auseinander, als sie das laute Geräusch des brechenden Steins hörten, und gleichzeitig von einigen davonfliegenden Trümmerstücken getroffen wurden. Nach der Aktion von heute Nacht dachten alle, dass sie schon wieder von so einer unbekannten Bestie überrascht und angegriffen wurden. Stattdessen sahen sie Droormanyca grinsend bei dem Steinhaufen stehen und aus ihrer Hand rieselten gerade die letzten Gesteinsbröckchen, die nach ihrem „Test“ übriggeblieben waren. Zufrieden, dass sie anscheinend noch ihre alten Kräfte hatte, meinte sie nur, dass jetzt durch ihre Aktion bestimmt alle wieder hellwach sein müssten. Diejenigen, die von den kleinen Steinen wie von einem Geschoss getroffen worden waren, dachten darüber allerdings gänzlich anders. Es gab bestimmt bessere Methoden um jemand wach zu bekommen als dass er nachher mit Beulen und blauen Flecken durch die Gegend lief.
Sie machten sich zum Aufbruch bereit, und Droormanyca kümmerte sich besonders um das Mädchen, welches heute Nacht von dieser Riesenschlange fast zu Tode gekommen war. Sie schulterte die Last, die dieses Mädchen bisher getragen hatte und überprüfte nochmals, ob ihre beiden Schwerter richtig an ihrem Gürtel befestigt waren. Jetzt erst sah sie, dass die Schneide des Schwertes, das sie in der Nacht benutzt hatte, um sich zu wehren, an der Schnittkante Beschädigungen aufwies. Sie wusste, dass das benutzte Material sehr hart und äußerst widerstandsfähig war, wie konnte es also möglich sein, dass beim Abtrennen des Kopfes der Schlange so ein Material beschädigt wurde? Jetzt brach doch die Neugier bei ihr durch. Die Schlange hatte sie heute Nacht getötet, die würde niemand mehr angreifen. Sie legte das Gepäck wieder ab, und ging äußerst vorsichtig noch einmal zurück zu der Stelle, wo der Kampf stattgefunden hatte. Schon von weitem konnte man den zerschmetterten Yokoonholzbaum sehen. Die Schlange lag in drei Stücke zerteilt noch an der gleichen Stelle, an der sie sie heute Nacht getötet hatte. Droormanyca untersuchte den 30 Meter langen und ½ Meter durchmessenden Körper an den Trennstellen und zu ihrer Verblüffung konnte sie deutlich sehen, dass dort wo ihr Schwert die Wirbel dieses Ungetüms durchtrennt hatte, kleine Metallsplitter von der Klinge ihres Schwerts in den Knochen steckten. Als sie versuchte, einen der Wirbel zu entfernen, musste sie erkennen, dass ihre Kräfte nicht ausreichten, um ihn nur mit der Hand abzutrennen.
Verblüfft stellte Droormanyca fest, dass sie nach diesem Versuch einen heftigen Schmerz in ihrer Hand verspürte, der sich rasch auf den ganzen Arm ausbreitete. Hastig ließ sie den fest mit der Hand umklammerten Wirbel wieder los. Verwirrt über dieses ungewohnte Gefühl konnte sie aber nach einer Weile erleichtert feststellen, dass dieser „Schmerz“ langsam von selbst wieder verschwand. Irgend eine für sie gefährliche Substanz musste in dem Blut dieser Bestie sein, die diese Reaktion bei ihr auslöste. Vorsichtig, ohne mit dem Blut nochmals in Kontakt zu kommen, versuchte sie deshalb, mit ihrem Schwert einen Wirbel dieses Tieres abzutrennen. Als sie das Schwert als Hebel benutzte, wäre bei dieser Aktion fast die Klinge abgebrochen, bevor sie den Wirbel von den Muskeln lösen konnte. Jetzt war ihr auch verständlich, warum dieses Tier so eine immense Kraft gehabt hatte. Aber es kam noch rätselhafter. Als der Wirbel entfernt war, konnte man deutlich sehen, dass in seinem Innern viele feine Leitungen eingebettet gewesen waren. Als sie an dem herausgetrennten Wirbel alle biologischen Muskelfasern entfernt hatte, war es gewiss: Der Wirbel bestand nicht aus Knochenmaterial, sondern aus einer äusserst stabilen metalllegierungsartigen Substanz. Konnte es möglich sein dass dieses Tier ein Biomechanischer Organismus war? Die Untersuchung des Kopfes bestätigte diese Vermutung: Auch dieses Gewebe war von feinsten Leitungen durchwebt und in dem Gehirn des abgetrennten Kopfes waren deutlich Implantate aus mehreren Siliziumträgerplatten zu sehen. Wer hatte dieses Syborgwesen hergestellt? – und welchem Zweck diente es? Die Folaner konnten ihr nur bestätigen, noch niemals ein solches Wesen, das von Droormanyca „Schlange“ genannt wurde, gesehen zu haben. Droormanyca wusste zwar, dass es auf dem Heimatplanet ihrer Schwester auch solche Tiere gab, aber die waren viel kleiner und hatten keinesfalls solche Körperkräfte. Vielleicht konnte sie dieses Rätsel doch irgend wann einmal lösen. Zur Sicherheit, entfernte sie die Siliziumimplantate aus dem abgetrennten Schädel, und nahm sie mit.
Wenn die kleine Gruppe, der vor dem ausbrechenden Vulkan fliehenden Folaner, auf diese Bestie gestoßen waren, dann würde ihre Suche mit Sicherheit umsonst sein. Sie hatten sich bestimmt nicht gegen den Angriff so einer Bestie wehren können. Die weiteren Spuren deuteten allerdings an, dass es zum Zeitpunkt ihrer Flucht, diese Kreatur noch nicht gegeben, oder zumindest sie noch nicht hier ihr Unwesen getrieben hatte. Die anderen zur Vorsicht mahnen brauchte Droormanyca nicht, jeder war sich bewusst, dass sie den Kontakt mit so einem Gegner meiden mussten.
Obwohl sie den Vorteil hatten, dass vor ihnen eine weite Ebene, ohne dieses stellenweise fast undurchdringliche Gestrüpp, lag, wäre es ihnen doch lieber gewesen, Pflanzen und Äste abzutrennen, als sich den Droorms förmlich als Beute zu präsentieren.
Überraschenderweise konnten sie die Ebene unbehelligt überqueren, weit und breit war kein Droorm zu sehen und zu hören. Die geröllartigen Steine wurden mehr und mehr von einem Untergrund abgelöst, der aus feinem Sand bestand. Nicht nur, dass sich der Sand in die feinsten Öffnungen der Kleidung überall hineinsetzte, auch die Hitze wurde immer unerträglicher. Dass sie immer noch auf dem richtigen Weg waren, zeigte ihnen das ausgedorrte Gerippe eines Tieres, dass bei den Folanern als Haustier gehalten wurde und vermutlich mit der Gruppe der Überlebenden mitgelaufen, und hier in dieser Gluthölle dann verendet war. Es dunkelte schon, als man endlich auf der anderen Seite dieser Wüste, den schützenden Rand eines Waldes erreichte. Droormanyca fand sehr schnell die Stelle, an der sich vermutlich Losorkaan mit seiner Familie einen Weg in das dichte Unterholz gebahnt hatte. Das Lager war schnell aufgebaut und das in der Nacht brennende Feuer war um einiges größer als das in der Nacht zuvor. Wenn sich auch in dieser Nacht wieder so ein Ungetüm dem Lager nähern würde, wollte man gewappnet sein.
Obwohl immer 4 Folaner abwechselnd Wache hielten, konnten die anderen trotzdem nur mit einem Auge schlafen. Zu frisch war noch das Erlebnis der letzten Nacht in ihren Gedanken eingebrannt. Ausser ein paar Rufen von in der Ferne mit einer Beute kämpfenden Droorms konnte man aber nichts hören. Die Nacht verging ohne Zwischenfälle. Als der Morgen sein mildes Licht über die Landschaft breitete, waren trotzdem alle froh, dass diese Nacht zumindest dem einen oder anderen ein wenig Ruhe gegönnt hatte. Heute würde es wieder etwas anstrengender werden.
Jeder Meter ihres Weges musste mit dem Schwert der Pflanzenwelt abgerungen werden. Gottseidank hatte Droormanyca ihre „alten Kräfte“ wieder und sorgte unternehmungslustig fast alleine dafür, dass die Truppe gut vorwärts kam. Während sie die vor ihr liegende Wand aus Schlingpflanzen und Ästen Meter um Meter mit dem Schwert zerteilte, gingen ihr immer wieder Gedanken über diese Riesenschlange durch den Kopf. Sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, wo diese Kreatur hergekommen war. Außerdem hatte sie ja deren Gedanken in aller Deutlichkeit „gespürt“, also musste es ein lebender biologischer Organismus gewesen sein, und nicht nur eine seelenlose Maschine.
Das Ganze war mehr als rätselhaft, allerdings ein positiven Aspekt hatte der ganze Vorfall doch erbracht: Hatte sich Droormanyca vorher des öfteren gewünscht, so "normal" wie jede andere Folanerin zu sein, und nicht durch ihre ungewöhnlichen Körperkräfte sich immer als Aussenseiterin zu fühlen, so war sie jetzt doch sehr froh, nur aufgrund ihrer besonderen Fähigkeiten überlebt zu haben. Ohne diese andersartigen körperlichen Eigenschaften hätte sie das Mädchen vor dem sicheren Tod nicht retten können. Keiner konnte sagen, was diese Bestie mit dem Rest der Gruppe angestellt hätte wenn es ihr nicht gelungen wäre, sie in letzter Sekunde unschädlich zu machen.

Immer wieder die Spuren prüfend, die ihre "Vortruppe" hinterlassen hatte, bahnten sie sich einen Pfad durch den mit üppigem Pflanzenwuchs bewachsenen Urwald. Es war fast schon um die Mittagszeit, als man erkennen konnte, dass nun der dichte Urwald von einer Ebene abgelöst wurde, die nur mit vereinzelt stehenden Büschen und Sträuchern bewachsen war. Es war angenehm, auf dem dazwischen wachsenden niederen Gras laufen zu können. Weit in der Ferne konnte man ein langgestrecktes Bergmassiv erkennen. Droormanyca hatte zwar sehr viel Mühe, hier irgend welche Spuren der Folaner, die sie suchten, zu erkennen, aber sie entdeckte etwas viel besseres: einen grasenden Manock. Jetzt konnten die anderen Expeditionsmitglieder zum erstenmal Droormanyca in voller Aktion sehen, die ihnen vorführte, wie man einen dieser flinken Manocks ohne Fallen fängt. Obwohl der Manock versuchte, der Jägerin durch abrupten Richtungswechsel zu entkommen, wurde er von ihr eingeholt und an den Hinterläufen gepackt. Droormanyca prüfte zuerst, ob es sich nicht um ein Muttertier das gerade Junge hatte handelte, bevor sie dem recht großen Tier die Füße zusammenband um es so an einer weiteren Flucht zu hindern. Die Expeditionsmitglieder wurden jetzt mit einem üppigen Mahl für die ausgestandenen Strapazen der letzten Tage entschädigt. Gerade als alle dabei waren, die begehrte Delikatesse in Ruhe zu verzehren, meldete sich schon wieder die nächste Gefahr an. Unweit ihres Lagers hatte sich eine Langzahnkatze, angelockt vom Duft des gebratenen Fleisches, eingefunden. Nur die lodernden Flammen des Lagerfeuers hielt sie davon ab, die Folaner anzugreifen und von diesem Platz zu vertreiben, um an das Fleisch des Manocks zu kommen. Droormanyca wusste, dass sie diesen Manock nie komplett verspeisen konnten. Man würde das restliche Fleisch hierlassen, die Lasten die sie sonst noch tragen mussten ließen nicht zu, dass sie auch noch das gesamte übriggebliebene Fleisch mitnahmen. Sie trennte deshalb ein großes Stück mit fast 15 Kilogramm von dem bereits zerlegten Manock ab, und warf es der Langzahnkatze vor die Füße. Wenn diese diesen Brocken gefressen hatte, würde sie bestimmt nicht mehr angreifen, und sie konnten in Ruhe ihre eigene Mahlzeit fortführen. Als die Langzahnkatze allerdings sah, dass einer dieser Zweibeiner in ihre Richtung gelaufen kam, und dann auch noch mit etwas großem nach ihr warf, dachte sie, dass sie jetzt angegriffen werden würde. Sie wich fauchend und wütend zurück. Da der Zweibeiner sie nicht mit dem Wurf getroffen hatte, zog er sich anscheinend schnell wieder in das Lager zurück, nahm die Langzahnkatze an. Durch den jetzt noch intensiveren Duft des köstlichen Fleisches angelockt, schlich sie langsam und vorsichtig zu dem vor ihr am Boden liegenden Stück. Mißtrauisch beschnüffelte sie das große Stück Fleisch, immer nach allen Seiten aufmerksam prüfend, ob dies nicht doch eine raffinierte Falle war. Im Lager der Folaner konnte man nach ein paar Minuten das krachende Geräusch der Knochen hören, als die Katze jetzt das Stück Fleisch mit ihrem kräftigen Gebiss zerteilte und genüsslich schmatzend Stück für Stück verzehrte. Droormanyca hatte recht behalten, tatsächlich hatten sie jetzt Ruhe vor den Angriffen der Langzahnkatze. So einen Manock konnte selbst die recht flinke Katze so gut wie nie fangen und erlegen. Also ließ sie sich es nicht nehmen alles bis zum letzten kleinsten Stück zu verzehren. Als alle mit dem reichlichen Mal fertig waren, machten sie sich für den Weitermarsch bereit. Auch das verletzte Mädchen hatte sich wieder etwas erholt – die Lyptolienblätter hatten gute Wirkung gezeigt und die Schwellungen an den Druckstellen von der eisernen Umklammerung der Schlange waren fast schon vollständig abgeklungen. Als sie sich etwa 100 Meter vom Lager entfernt hatten, konnten sie beobachten, dass sich die Langzahnkatze vorsichtig zu der Feuerstelle schlich um sich an dem übriggebliebenen Fleisch vollends den Bauch vollzuschlagen. Auf der Ebene kamen alle gut vorwärts und man konnte ringsum einen nahenden Feind frühzeitig gut erkennen. Anscheinend wurde diese Ebene von den Droorms gemieden, denn selbst als sie fast schon vier Stunden gelaufen waren, konnten sie keinen größeren Angreifer entdecken. Ausser der Langzahnkatze, die anscheinend beschlossen hatte, ihnen in gebührendem Abstand zu folgen. Einmal hatten sie in der Ferne einen Manock entdecken können. Als der aber die nahende Gruppe sah, war er blitzschnell in einer seiner Erdhöhlen verschwunden. Von diesen Höhlen gab es in dieser Ebene sehr viele – es war anzunehmen, dass es demzufolge auch viele dieser Manocks in der Ebene gab. Sie hatten hier auch sehr gute Bedingungen. Es gab Futter in Hülle und Fülle, ein Feind konnte sich hier so gut wie nie an einen Manock heranpirschen, ohne vorher gewittert oder gesehen zu werden.


Weitere Fortsetzungs-Kapitel von den Abenteuern Droormanycas auf dem Planet der Folaner:

Kapitel 06 - Der Djoka
Kapitel 07 - Der Dämon
Kapitel 08 - Verletzung und Schmerz
Kapitel 09 - Der Atem des Erddämons
Kapitel 10 - Geysire
Kapitel 11 - Die Regeneration
Kapitel 12 - Die "Fremden"
Kapitel 13 - Die Kannibalen
Kapitel 14 - Die Schlucht
Kapitel 15 - Die Karawane
Kapitel 16 - Die Heimkehrer
Kapitel 17 - Die Macht der Feehls





~*~ Werner May ~*~



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