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Pets - Kapitel 4: Meine Mama - von MangaEngel, 31.12.2007
„Guten Abend, meine Damen und Herren. Ich freue mich, dass Sie heute Abend alle hier anwesend sind und sehe darin ein Zeichen, die Haltungsregeln von Pets, ihre Rechte und Pflichten noch weiter zu perfektionieren, um ein gutes Zusammenleben zwischen Mensch und Pet zu garantieren. Denn, auch wenn viele es gerne vergessen, so waren Pets früher Menschen und sie stehen aus ethischer Sicht daher auf einer Stufe mit uns. Viele denken irrtümlich, nur, weil Pets käuflich sind, sich als Putzsklaven oder sexuelle Befriedigung eignen, dass sie weniger wert sind als die damals handelsüblichen Haustiere. Da muss ich allerdings vehement an das Interview von Professor Doktor Samuel Sandstein, dem Schöpfer des ersten Pets, erinnern. Schon er wies darauf hin, dass es wichtig ist, zu verstehen, dass er in diesem Vorgang, Pets zu erschaffen, nur die größten Weltprobleme aus der Welt schaffen wollte. Welthunger, Armut, Kriege. All das ist selten geworden, teilweise sogar vollkommen verschwunden, da Pets ursprünglich akut betroffene Menschen dieser Dinge waren. Sie wurden Pets, weil Forscher sie so vor dem Hungertod retten wollten. Es mag sein, dass auch ein finanzieller Aspekt eine Rolle spielt, doch diese Nebenwirkung lässt sich nicht leugnen. Das man Pets für vielfältige Zwecke nutzen kann, ist eigentlich nur dazu da, um Menschen mit besserer finanzieller Lage einen Antrieb zu geben, diese zu versorgen. Denn jene gut verdienenden Menschen, wo jeder von uns dazugehört, würden vielleicht selbstlos viel in eine Organisation spenden, die dann versucht, damit Milliarden von Menschen ein humanes Leben zu ermöglichen. Doch keiner hier würde ohne Gegenleistung einen solcher Menschen aufnehmen und selbst versorgen. Selbst ein Patenkind, dass man finanzierte, lebte letztendlich unter armen Zuständen und konnte mit dem Geld gerademal zur Schule gehen. Doch dadurch, dass Pet GmbH jedem von ihnen einen wünschenswerten Charakter verlieh, sie durch Tieranhängsel verniedlichte und sie darauf trainiert, uns Dinge anzubieten, dadurch erreichten sie, dass jeder von uns ein Pet gerne aufnimmt und das bisschen Futter und Pflege übernimmt. Und doch liegt da der Haken, denn genau darin sehen viele eine Bestätigung, mehr wert zu sein. Es mag stimmen, dass Pets von uns abhängig sind und auch vieles bis alles für uns tun. Doch niemand hätte gewagt, laut zu sagen »Ich bin mehr wert als du«, wenn es sich da noch um normale, wenn auch sehr arme Menschen gehandelt hätte. Und daran müssen wir uns erinnern. Was diese Pets vor 14 Jahren gewesen sind, dass sie anders waren als wir, aber dennoch dasselbe. Ich könnte nun ewig weiter lamentieren, viele haben sich selbst vielleicht schon erkannt in dem, was ich erzähle, aber ich habe diese Versammlung einberufen, um auch von eigenen Erfahrungen zu sprechen. Ebenso werden weitere bekannte Personen von Erlebnissen berichten, mit denen wir versuchen, zu zeigen, dass noch viel zu viel schief läuft.
Meine persönliche Geschichte begann, als ich 10 gewesen war. Pets waren zwar noch eine vollkommene Neuheit, doch mein Vater, dessen Hotelkette ich geerbt habe, hatte genügend Geld, um sich eines der ersten Pets zu besorgen. Er ließ meine Mutter sitzen, da diese selbstverständlich hocheifersüchtig wurde, behielt mich aber, damit ich später sein Imperium übernehmen könnte. Er hatte sich eine Katze geholt, zu dem Zeitpunkt waren solche ja auch die einzig verfügbare Rasse. Ich erinner mich noch sehr gut an sie, sie war bereits älter, um die 20 und hatte eine Narbe im Gesicht. Allerdings hatte sie sehr langes schwarzes Haar und eine dunklere Haut, was meinem Vater wohl gefallen hatte. Ich denke, sie stammte aus Indien, wo ja anfangs fast alle Pets von herstammten. Sie hatte, wie mein Vater mal gemeint hatte, aus ihrem vorherigem Leben gute Koch- und Putzerfahrung, würde daher unser Hausmädchen werden. Zu dem Zeitpunkt wurde einem ja noch anvertraut, woher das Pet stammte und was seine Vergangenheit war. Ich stand ihr da neutral gegenüber, ich war schon immer in der Obhut von Kindermädchen gewesen, weder meine Mutter noch mein Vater hatten je besonderes Interesse an mir gezeigt, insofern war ich es gewöhnt gewesen, allein zu sein. Doch Sheila, wie mein Vater sie taufte, war da doch anders. Ich verstand es damals nicht, doch ich denke, sie hatte selbst früher Kinder besessen, jedenfalls war sie sehr auf mich fixiert. Immer, wenn sie ihre Pflichten als Köchin und Putzfrau getan hatte, kam sie zu mir, spielte mit mir oder beschäftigte mich. Sie konnte nicht sprechen, vielleicht war da die Gedächtnislöschung noch fehlerhaft oder sie hatte einfach die Umstellung von Indisch auf Englisch nicht geschafft. Doch ich hatte ihr das nie vorgehalten und lernte auch schnell, sie ohne Sprache zu verstehen.
Sie war ein sehr sanftmütiges, ruhiges Pet gewesen, mit ausgezeichneten Manieren und einem Perfektionssinn, den mein Vater bei ihren Arbeiten oft gelobt hatte. Sie war immer sehr genau gewesen, sie begann immer zu putzen, wenn sie Schmutz entdeckte und suchte auch grundsätzlich das ganze Haus ab, als sei das vollkommen selbstverständlich. Ebenfalls hielt sie sich nie zwingend an die Esszeiten. Sie hielt zwar pingelig die Zeit für Frühstück, Mittagessen und Abendessen ein, doch dazwischen brachte sie mir oder meinem Vater immer etwas, wenn sie merkte, dass wir Hunger hatten. Sie war wirklich eine große Hilfe, zumal mein Vater auch keine Babysitterin für mich mehr brauchte, da sich Sheila auch um mich kümmerte. Und schneller, als ich gucken konnte, begann ich, sie Mama zu nennen. Anfangs hörte sie nicht darauf, was mich als kleines Kind sehr verwirrt hatte, aber sie gewöhnte sich doch ziemlich schnell daran, von mir so gerufen zu werden. Sie freute sich vor allem mehr, wenn ich sie so rief, auch das kam, denke ich, von der noch nicht perfektionierten Gedächtnislöschung. Jedenfalls nahm sie ihre Aufgaben sehr ernst und wenn mich Freunde besuchten, sagten sie oft genug, dass wir wie eine Familie aussahen. Ich wurde älter ohne das sich großartig etwas veränderte. Erst, als ich 15 wurde, begann mein Vater strenger zu werden. Er wollte mir eintrichtern, wie man sein Unternehmen zu führen hatte und war auch vollkommen dominant und absolut, was seine Meinung anging. Ich konnte nur daneben stehen und zuhören und hatte nichtmal das Recht, eine Frage zu stellen. Immer, wenn dieser Unterricht endete, schloss ich mich in meinem Zimmer ein und ich erlaubte dann nur Sheila, reinzukommen. Sie blieb dann immer bei mir für etwa eine Stunde, um mich zu trösten. Sie gab mir die Menge an Liebe und Geborgenheit, die ich in solchen Momenten immer brauchte und ich bin ihr noch heute dankbar dafür, denn sonst wäre ich wohl so kaltherzig wie mein Vater geworden und das ist noch heute etwas, gegen das ich mit ganzem Herzen ankämpfe.
Jedenfalls begann ich dann mit Beginn der Pubertät mehr für sie zu empfinden als für eine Mutter. Ich denke, man könnte es durchaus als Ödipuskomplex bezeichnen. Ich begann, mich in sie zu verlieben, musste aber zeitgleich entdecken, dass mein Vater ihr auch die Aufgabe einer Lustsklavin gegeben hatte. Zu dem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass Pets auch dafür genutzt werden konnten, doch es machte mich sehr wütend. Ich wurde sehr eifersüchtig auf meinen Vater wegen dieser Sache. Ich begann zu trotzen, verweigerte, an seinem Unterricht teilzunehmen und drohte, bei der Übernahme seine Hotels zu boykottieren und bankrott laufen zu lassen. Es endete meist in lautstarken Streit, wo sich jeder von uns danach wutentbrannt in sein Zimmer zurückzog. Sheila ging immer abwechselnd von Einem zum Anderen, um uns zu beruhigen, doch dieses Verhalten machte mich natürlich nur noch eifersüchtiger und rasender. Ich hatte ihr oft gesagt, was ich für sie empfand, dass sie nicht zu meinem Vater gehen sollte, doch sie verstand nicht, was ich ihr sagte. Sie schüttelte nur immer den Kopf und streichelte mir dann beruhigend über den Kopf. Oft genug warf ich ihr wütend vor, dass sie mich nicht verstehen wollte oder meinen Vater bevorzugte und dies vor mir verheimlichen wollte. Ich versuchte auch oft genug, sie ebenfalls zum sexuellen Verkehr mit mir zu bekommen, doch sie hatte immer geradezu panisch reagiert. Doch vielleicht hatte sie geahnt, was für eine Katastrophe auf uns zukam.
Irgendwann bekam mein Vater heraus, dass Sheila der Grund für meinen Trotz war. Und er handelte schnell. Er schickte sie zurück zur Pet GmbH und ließ sich ein neues Pet geben. Ich war die ersten Wochen einfach nur unfähig zu verstehen, dass er das so einfach hatte tun können. Aus Protest hatte ich mich in meinen Raum eingesperrt und dem neuen Pet das Leben zur Hölle gemacht. Irgendwann ging ich zur Pet GmbH, doch dort erfuhr ich, dass man Sheila bereits neu verkauft hatte. Es hatte mich fünf Jahre gekostet, ehe ich sie wiedergefunden hatte. Doch mein Vater, zu dem Zeitpunkt bereits dem Darmkrebs erlegen, hatte mir da bewiesen, wie grausam er mit mir und auch mit ihr umgegangen war. Er hatte bei der Abgabe beauftragt, ihr Gedächtnis erneut löschen zu lassen. Ich erinner mich bis heute an nichts schmerzhafteres als zu merken, dass sie mich einfach vergessen hatte, wenn auch unter Zwang. Zu dem Zeitpunkt begann ich, alle Pets zu verfluchen. Ich war auch bei den Protesten 2020 dabei, ehe ich allerdings schließlich einsah, dass es nicht die Schuld der Pets, der Forscher oder der Pet GmbH war, sondern die meines Vaters.
Mittlerweile kann man bei Pets steuern, was sie verspüren können und ich denke, wenn ich ein eigenes Pet gehabt hätte, wäre auch vieles anders gelaufen. Dennoch gibt es nach wie vor diese an sich grausamen Regelungen, die für Mensch und Pet unfair sind. Denn hätte mein Vater nicht die Gedächtnislöschung veranlasst, hätte ich vielleicht Sheila neugekauft. Doch der Besitzer hat zu große Macht über das Pet, er kann willkürlich und aus Launen heraus dieses weggeben, seine Erinnerungen löschen und es sogar mit gerechtfertigten, aber lächerlichen Gründen bestrafen. Die Pet GmbH hat sich vorgenommen, Pets zu ermöglichen, ein menschenwürdiges Leben unter gegebenen Umständen zu leben. Dennoch kommt es mir mehr vor, als wenn man Androiden handhaben würde, die Gefühle einprogrammiert bekommen haben und keine Träne darüber verlieren, wenn man ihnen sagt, man wird ihr Gedächtnis löschen. Doch Pets haben nicht so viele tierische Gene, um menschliche Gefühle zu verlieren, zu vergessen. Keiner von uns will Erinnerungen an schöne Dinge verlieren und viele von uns würden auch ihre schlechten Erinnerungen nicht hergeben wollen. Doch Pets behandelt man wie einen Computer. Ich kann vollkommen nachvollziehen, dass man ihnen bei der Umwandlung das Gedächtnis löscht. Denn in ihrem vorherigem Leben hatten Pets wohl nur wenig schönes, um sich dran zu erinnern. Ausserdem würden ihnen vielleicht ihre Aufgaben nicht gefallen und das würde es wieder schwierig machen, sie an den Mann und die Frau zu bringen. Aber trotz allem sollte man sich dafür einsetzen, dass Löschen des Gedächtnisses vom Pet und den Umständen abhängig zu machen. Wenn der Besitzer eines Pets verstirbt und das Pet den Wunsch äußert, sich an diesen - dem Schmerz des Verlustes wegen – nicht mehr erinnern zu wollen, so kann man jenen Wunsch gestatten. Ebenso kann die Pet GmbH ruhig die Initiative ergreifen, wenn ein Pet stark misshandelt oder von jemandem vergewaltigt wurde. Doch dem Besitzer sollte man nie diese Freiheit erlauben und selbst wenn, nur nach eingehender Überprüfung seiner Motive. Ich habe bereits von einem Fall gehört, in dem ein Besitzer sein Pet misshandelte, diese Erinnerung aber immer regelmäßig löschen ließen und so den Augen der Kontrolleure entkam. Der Fall flog erst nach drei Jahren der Misshandlung auf und selbst das nur, weil ein Nachbar mehrmals das Pet schreien gehört hatte.
Solche und andere Taten sind vermeidbar! In der Schule sollte man den Kindern und Jugendlichen bereits ein tieferes Verständnis für Pets beibringen und auch die Rechte der Pethalter sollten schrumpfen. Erst, wenn man wirklich von einem friedlichem Zusammenleben sprechen kann, dass Pets wie auch Menschen und deren Interessen einschließt, erst dann hat man das geschafft, was Professor Sandstein vor 14 Jahren angefangen hat. Wir als Gemeinschaft, wir als Petbesitzer stehen in der Verantwortung, dafür zu garantieren. Wir müssen allen die Augen öffnen, unseren Kindern, unseren Nachbarn und auch unseren Pets. Das Sie hier sind, heißt, dass Sie bereit sind für solch eine friedliche, harmonische Welt. Ich hoffe, dieser Wunsch in Ihnen danach ist stark genug, um gegen die Masse an Egoisten anzukommen. Wie manche vielleicht schon gehört haben, habe ich das Amt als Präsident der Pet GmbH angenommen. Nicht nur wegen diesem Wunsch, sondern auch wegen meiner Liebe zu den Pets, die so selbstlos sind. Und ich erhoffe mir von Ihnen, liebe Kollegen und Pethalter, Unterstützung. Für eine bessere Welt.



©2007 by MangaEngel. Jegliche Wiedergabe, Vervielfaeltigung oder sonstige Nutzung, ganz oder teilweise, ist ohne vorherige schriftliche Genehmigung des Autors unzulaessig und rechtswidrig.

Kommentare


Von Aabatyron
Am 31.12.2007 um 15:26 Uhr

...ein sehr interessanter Gedanke wie man das "Problem" der in Armut lebenden Menschen lösen könnte...

Dass dabei wieder ein vielschichtiges ethisches Problem entsteht ist fast vorauszuahnen...

Ich habe nur kurz in deine Geschichte reingelesen - sie gefällt mir gut. Den Rest werde ich in Ruhe (hoffentlich) im neuen Jahr lesen.

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