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Tödliche Gedanken - Die neue Fähigkeit - von Aabatyron, 23.11.2007
Tödliche Gedanken


Die neue Fähigkeit


Immer noch wollte Mathey wissen, wie seine besondere Fähigkeit „funktionierte“. Wissenschaftlich gesehen gab es dafür eigentlich keine Erklärung. Dass er aufpassen musste, in seiner „Gedankenwelt“ nicht verletzt zu werden weil sein richtiger Körper anschließend ebenfalls diese Verletzung aufwies, war für ihn ein Umstand der ihn zwang, sich sehr zurückzuhalten. Wenn die Kugeln aus der Waffe des Anführers der Kidnapperbande nur ein paar Zentimeter weiter abgewichen wären, würde er bestimmt auch wie sein Vater jetzt nicht mehr am Leben sein. Sich der Gefahr kraft der Gedanken zu entziehen, konnte bestimmt nicht immer schnell genug gelingen. Krampfhaft überlegte Mathey, ob es nicht eine andere Möglichkeit gab.

Mehr durch Zufall als bewußt, entdeckte er eine neue Fähigkeit, die ihn künftig vor solchen Attacken auf seinen „ruhenden“ Körper bewahren würde.

Es war in einer der Nächte wo draussen der Mond die Landschaft in ein kaltes helles Licht tauchte. Der Schlaf stellte sich seltsamerweise in so einer Konstellation immer etwas schlechter und oberflächlicher ein als sonst. Das war aber bestimmt nicht auf Matheys besondere Fähigkeiten zurückzuführen. Viele andere Menschen empfanden so eine Vollmondnacht ebenfalls als "Schlafkiller".

Wie gesagt, Mathey lag in seinem Bett in einer Art Halbschlaf verfallen. Immer wieder wachte er auf und sah in das unnatürliche Mondlicht. Fetzen der Erinnerung an seinen zuvor durchlebten Traum waren immer noch in seinem Bewußtsein. Irgendwie hatte er ob diesem Zustand das Gefühl, dass sich "Traum" und Realität miteinander zu vermischen schienen.

Bei seiner besonderen Fähigkeit konnte man im eigentlichen Sinne ja nicht von "Traum" sprechen.

Wieder befand er sich gedanklich auf einer fremden Welt und wehrte zusammen mit Hoorr einen Angriff der Gulps auf dessen Dorf ab. Einer der Gulps kam bedrohlich nahe und schnappte plötzlich nach seinem Arm. Mathey war aber irgendwie noch halb wach in seinem Zimmer und konnte das Mondlicht wie das fahle Licht eines Leuchtturmes durch seine geschlossenen Augenlider wahrnehmen. Es war eine richtig gespenstische Szene.

Er wußte, dass ihn der Gulp mit seinem messerscharfen Gebiss am Arm erwischt hatte. Wie ein sich überblendenter Film sah er das fahle Mondlicht das die Erde in dieser Nacht in ein unnatürliches Licht tauchte, war aber trotz allem wie in weiter Ferne auch noch gedanklich auf dem fremden Planeten.

Mit der freien Hand packte er den Gulp in seinen Nasenlöchern und im nächsten Moment öffnete der mit einem Schmerzensschrei sein mächtiges Gebiss und ließ seine Beute los. Die Nase der Gulps war die empfindlichste Stelle ihres Körpers. Dass Mathey im fahlen Mondlicht auf seinen rechten Arm sah und schon mit Sorge bangte, dass dort gleich das Blut aus der Bisswunde spritzen würde, machte ihn jetzt vollständig wach und seine Gedanken wechselten in die reale Welt seines Zimmers.

Normalerweise hätte sein Arm höllisch schmerzen müssen - aber er empfand nichts dergleichen. Die Nachtischlampe schaltete er fast hastig an und befühlte sogleich die Stelle an seinem rechten Arm wo ihn zuvor der Gulp gepackt hatte. Dort war allerdings keine Wunde zu sehen, noch irgend welche anderen Spuren eines Kampfes.

Jetzt kam Mathey die Erkenntnis, dass wenn er gedanklich nicht vollständig in diese unerklärliche andere Welt eintauchte, konnten sich Verletzungen, die er sich dort zuzog, nicht an seinem real existierenden Körper auswirken.

Das war eine fantastische Fähigkeit die ihm völlig neue Möglichkeiten offenbarten.

Anscheinend hatte seine Mutter wegen dem hellen Mondlicht auch nicht schlafen können. Ihre sorgenvolle Frage, ob Mathey einen schlimmen Traum gehabt hätte und deswegen in seinem Zimmer Licht brannte, konnte er beruhigend verneinen.

Seine Mutter hatte im Unterbewusstsein immer noch eine höllische Angst davor, dass ihr Sohn doch die "Krankheit" des Vaters geerbt hatte und ebenfalls in einer Nervenklinik enden würde. Mathey konnte manchmal gar nicht verstehen, dass sich die Mütter immer so viel unnötige Sorgen machen.


Müde von den Erlebnissen des Tages schlief dann Mathey doch wieder ein – diesesmal ohne „bewußt“ in dem weiteren Verlauf der Nacht einen „Traum“ zu erleben. Am nächsten Morgen fiel es Mathey schwer, aufzustehen. Er war noch müde und der fehlende Schlaf durch das Mondlicht verstärkte das Gefühl noch, dass es eigentlich besser gewesen wäre, anstatt aus dem Bett zu springen, sich auf die andere Seite zu drehen und noch ein paar Minuten Schlaf nachzuholen. So ging er in die Schule und traf dann in der ersten Pause auf dem Hof Loreen, das Mädchen welches er aus den Händen der Entführer befreit hatte.



Als Loreen sah, dass Mathey ihr gebot zu schweigen, war ihr sofort klar, dass er nicht wollte, dass jeder diese Geschichte erfuhr.

Es war allgemein bekannt, dass es in der Familie Wildmann sogar einmal einen Selbstmord gegeben hatte. Alle erzählten sich, dass sich der Vater von Mathey selbst getötet hätte, nachdem man ihn zuvor in die "Klapsmühle" gesteckt hatte.

Die Mutter war zu bedauern. Sie musste hernach alleine für ihr Kind sorgen und auch noch die Blicke der Nachbarn ertragen, die von der Geschichte wussten.

Wenn Loreen ihrer Freundin von ihrem Retter erzählte, würde Mathey auch bald wieder ins Gerede kommen. Schnell konnte dann der Gedanke entstehen, dass nur ein "Verrückter" so einfältig sein konnte, sich gleich mit einer ganzen Entführerbande anzulegen. Der Erfolg zählte bei solchen Mutmaßungen meist hernach nicht mehr viel.

Die "Meierhausens" wollten bestimmt nichts mit so einer Familie zu tun haben, in der sich ein Familienmitglied verrückt geworden war und sich in seinem Wahn sogar selbst umgebracht hatte.

Trotzdem wollte Loreen Meierhausen wissen, wie es Mathey fertiggebracht hatte, sie ganz alleine aus den Händen der Entführer zu befreien. So etwas hätte ihm niemand in der Klasse zugetraut. Er galt allgemein als eher der ruhigere Typ der nicht zu solchen Heldentaten neigte.

Dass Mathey sehr sportlich war, das wußte so gut wie jeder. Bei den alljährlichen Sportfesten der Schule stand er immer auf dem Siegertreppchen. Wie er allerdings den Kugeln des Anführers der Kidnapper ausgewichen war, das wollte Loreen von ihm persönlich wissen. Noch nie hatte Loreen gesehen, dass sich jemand so schnell bewegen konnte. Nur ein Augenzwinkern hatte genügt, und schon war Mathey aus der Schusslinie gelaufen.

Einen Jungen ihrer Klasse hatte Loreen bis jetzt noch nie zu sich nach hause eingeladen. Ihre Eltern hatte da sehr strenge Sitten und Vorstellungen. Mathey war der erste, dem diese Ehre zuteil wurde. Loreen hatte nur ein wenig Angst davor, ihren Eltern zu sagen, aus welcher Familie Mathey stammte.

Auch Loreen verriet Mathey sein "kleines" Geheimnis nicht wie er so schnell in die alte leerstehende Lagerhalle kommen konnte. Er erzählte ihr, dass rein zufällig dort bei der alten Lagerhalle gewesen sei und bei Kletterübungen die Entführerbande entdeckt habe.

Loreen hörte aufmerksam und doch ein wenig skeptisch zu, als ihr Mathey versuchte zu erklären, wie er dem Kugelhagel des Anführers entkommen sei. Normalerweise begibt sich kein Mensch in so eine Gefahr, sich mutig vor einen Verbrecher zu stellen der mit einer Waffe auf einen zielt. Entweder war Derjenige total verrückt, oder aber er besaß eine aussergewöhnliche Courage.

So oberflächlich wie die Verhaltensweise Matheys in der Schule von Loreen allgemein bisher beurteilt wurde, hatte sie sofort nach seiner erzählten Version der Geschehnisse das Gefühl, dass Mathey irgend eine Wahrheit verschwieg und viel mehr bei seiner mutigen Tat dahintersteckte als er momentan zugab.

Dieser Junge war so ganz anders als sie ihn sich vorgestellt hatte nachdem sie jeden Tag mit ihm im gleichen Klassenzimmer gesessen hatte und nie von ihm beachtet wurde. Sie war verwirrt wie man sich Täuschen kann wenn man mit Vorurteilen behaftet jemand anderen einschätzt: Mathey war sehr gut in der Schule, so ein kleiner nachdenklicher Streber halt, der nur Freunde besaß die sich an ihn ranmachten weil er ihnen bei den Hausaufgaben aus der Patsche half. Vermutlich lief der bei der kleinsten Gefahr eher davon, als sich mitten in ein Abenteuer zu stürzen. So hatte sie bisher ihren Mitschüler gedanklich einsortiert.

Dass dieser Junge sie aus den Händen der Entführer befreien würde, ohne eine einziges Mal auch nur den Ansatz von Angst zu zeigen, das hätte sie ihm in tausend Jahren nicht zugetraut.

Über ihre Menschenkenntnis fast ein wenig ärgerlich und beschämt, hatte sie Mathey eingeladen um hinter sein "Geheimnis" zu kommen warum er in der Schule sich so völlig anders zeigte. Das was sie in der alten Lagerhalle erlebt hatte, war fast wie ein Traum gewesen. Vermutlich wäre Loreen mehr als verblüfft gewesen, hätte sie in diesem Augenblick gewusst, wie nahe sie mit ihren Gedanken der Wahrheit gekommen war.


Dieser Mathey, der kleine Streber, war ehrlich gesagt nicht der Typ Junge, mit dem Loreen normalerweise eine Freundschaft suchen würde. In der Schule war er ihr bisher nur aufgefallen, weil er immer die begehrten Schulpreise kassierte. Dafür hatte sie ihn manchmal sogar zugegebenermaßen fast gehasst, wenn es ganz knapp darum ging, wer denn nun den Preis für den Klassenbesten bekam.

Die Eltern von Loreen zwangen ihre Tochter mehr oder weniger zum Lernen. Sie besassen eine große Firma, da musste traditionsgemäß einmal die Tochter die Leitung übernehmen. Nachhilfeunterricht, wo andere faul in der Sonne lagen, das waren oft Loreens Nachmittage. Da war es besonders ärgerlich, wenn so ein Streber ihr dann fast ohne große Anstrengung den begehrten Schulpreis als Klassenbeste vor der Nase wegschnappte.

Jetzt saß Mathey vor ihr, hatte ihr junges Leben gerettet und war so ganz und gar nicht nur der kleine lästige Streber, als den sie ihn bisher eingeschätzt hatte.

Zu dem Thema Entführer schien sich Mathey leider eher ausschweigen zu wollen. Loreen spürte, dass er den Fragen auswich und es ihm irgendwie unangenehm war, wenn sie versuchte nachzubohren um ihre Neugierde zu befriedigen.

Wie dann das Gespräch auf das Thema "Lernen" und Nachhilfeunterricht gekommen war, konnte keiner der Beiden hernach mehr sagen.

Loreen war allerdings verblüfft, wie Mathey es ohne Nachhilfeunterricht und ohne die Hilfe seiner Eltern fertigbringen konnte, fast in allen Fächern sehr gute Noten zu schreiben. Seine Mutter besaß kein Geld um Nachhilfeunterricht bezahlen zu können. Nach dem Tod des Vaters musste sie für den Lebensunterhalt der Familie sorgen, da blieb auch wenig Zeit, um mit Mathey lernen zu können.

Mathey verriet, dass er immer alles ohne fremde Hilfe erlernen würde.

Es war schon recht spät am Nachmittag geworden als sich Mathey wieder auf den Nachhauseweg begab. Er und Loreen hatten beschlossen, künftig zusammen lernen zu wollen wenn sich die Möglichkeit dazu bot. Jetzt musste er sich aber beeilen, nach hause zu kommen - seine Mutter machte sich bestimmt schon Sorgen wo ihr Junge steckte.


Loreen saß noch lange in ihrem Zimmer und dachte darüber nach, wie man sich doch in manchen Menschen täuschen kann. Dieser Mathey war bestimmt ein anständiger und freundlicher Junge - er besaß zudem Eigenschaften, die hätte sie nie zuvor bei ihm vermutet. Das von der Erziehung durch ihre Eltern geprägte Weltbild und die Vorurteile gegen die sozial schwächeren anderen Menschen schien offensichtlich absolut nicht zu stimmen. Loreen nahm sich fest vor, ab heute sich jetzt immer selbst eine eigene Meinung zu bilden und sich nicht mehr von ihren Eltern vorschreiben zu lassen, wer ihre Freunde sein durften, und wer nicht. Ihren Umgang mit anderen Menschen würde sie ab sofort selbst bestimmen.


Mathey hatte in dieser Nacht einen wirklich schönen Traum: Hand in Hand wanderte er mit seiner neuen Freundin über eine Wiese mit vielen bunten Blumen. Es war eine Landschaft im Hintergrund zu erkennen, die er noch nie zuvor so gesehen hatte.

Das Mädchen neben ihm war Loreen, allerdings war sie in seinem Traum erwachsen und zu einer ausnehmend hübschen jungen Frau herangereift. Sie lächelte ihn glücklich an und strich ihm mit ihrer rechten Hand durch seine vom warmen Sommerwind zerzausten Haare.

Etwas irritiert sah Mathey an ihrem rechten Arm, dass dort ein Dreieck mit drei in dessen Zentrum liegenden Tätowierungen eingeritzt worden war.

Vor Schreck "wachte" Mathey auf. Er hatte noch immer den betäubenden Geruch der Blütenpollen in seiner Nase, als er schnell das Licht einschaltete um dadurch vollständig in die Realität zurückzufinden.

So seltsam es auch war, aber Mathey hatte das Gefühl, auch diesen Traum real erlebt zu haben. Allerdings gab es gegenüber seinen sonstigen "Traumerlebnissen" diesesmal einen entscheidenden Unterschied: Das Geschehen hatte eindeutig in der Zukunft stattgefunden. War es tatsächlich möglich, sich nicht nur in den Gedanken räumlich, sondern auch in der Zeit bewegen zu können?

Verwirrt und auch müde schlief Mathey wieder ein - diesesmal allerdings ohne bewußt zu "träumen". Zumindest konnte er sich am Morgen an nichts anderes als den Traum auf der Blumenwiese erinnern. Wo sein Unterbewußtsein in der Nacht tatsächlich "herumgeisterte", das sollte er viel später auf makabere Art und Weise erfahren.


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