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Prosa => Krimi


Westernroman Cutter 2: Eine Falle für den Marshall Teil 2 - von Andrea, 21.08.2018
„ Nun sag schon was du raus gefunden hast!“ drängelte Ryder ungeduldig.
„ Wir haben es wohl mit einem illegalen Whiskybrenner zu tun. Zwei Kerle haben an die Rancher Kistenweise das Zeug zum Spotpreis verkauft. Es ist nicht mal ein schlechter Tropfen. Mit den Preisen kann George nie mithalten.“
„ Zwei sagst du?“
„ Ja. Und die Beschreibung passt ziemlich genau auf unsere Bankräuber.“
„ Mike wird uns ganz sicher nichts sagen. Jemand wollte ihn durch das Fenster mit einem Wurfmesser umbringen.“
„ Cass?“
„ Ich glaube es ist noch ein Dritter im Bunde. Jetzt wo du mir das mit dem Whiskey erzählt hast, bin ich mir sogar sicher. Den Beiden traue ich nicht die Kenntnisse einer Brennerei zu. Das würde für sie auch Arbeit bedeuten, und dass passt nicht zu ihnen.“
„ Ich könnte mich mal bei Will Rondo erkundigen. Der alte Fallensteller ist doch viel unterwegs. Es würde mich doch sehr wundern, wenn er nicht irgendetwas gesehen hat.
Wenn die ihre Ware bis rauf zu Wesley gebracht haben, hat Will sicher was gesehen. Vielleicht war der Dritte ja dabei und hat sich im Hintergrund aufgehalten. Ich würde den Beiden nicht über den Weg trauen, wenn sie Geld von den Ranchern einkassieren.“
„ Ja tu das. Im Moment ist jede Spur von Cass verschwunden.“






Mel Finney stand in der Stube seines Hauses am Rande der Stadt und wusch die Hände. Seine Frau Rachel saß am Tisch. Sie war mit Kartoffel schälen beschäftigt. Ihr entging dabei nicht die Gute Laune ihres Gatten, der fröhlich ein Lied vor sich hin pfiff. Gestern noch hatte er sie fast Tot geschlagen weil ihm das Fleisch auf dem Mittagstisch zu fade gewürzt war. Ihre rechte Wange schimmerte immer noch rötlich. Sie erschrak als Mel sich ruckartig umdrehte und rief.
„ Ich hoffe für dich, dass mein Abendessen genießbar ist. Verderbe mir nicht meine Laune, Weib! Ich muss danach noch mal fort. Sollte der Sternschlepper hier auftauchen, weißt du von nichts.“ Als von Rachel keine Reaktion kam, schlug er mit seiner Faust auf die Tischplatte.
„ Hast du mich verstanden?“ Das Kartoffelmesser fiel ihr aus der Hand. Heftig nickte sie mit dem Kopf, denn sie bekam vor Angst kein Wort heraus.
„ Wenn ich zurück bin, hast du da zu sein. In deinem Seidenen Nachthemd im Bett. Heute Nacht wird sich alles ändern. Ich werde reich und den Marshall gibt es dann nicht mehr.“
Sein Plan war simpel ausgedacht. Mike Digger hatte er ausgeschaltet, er konnte ihn nicht mehr verraten. Cass war darin eingeweiht und sollte in der alten Mine auf Mel warten. Sie wollten das Geld unter sich aufteilen. Aber Mel Finney sah es gar nicht ein die schönen Dollars zu teilen. Sein Plan ging noch viel weiter.
Er musste den Marshall auf Cass ansetzten, und aus dem Hinterhalt Beide erledigen. Man würde glauben Cass Miner und Mike Digger haben die Bank ausgeraubt und den Whiskey gebrannt und verkauft. Cass habe seinen Partner am Reden gehindert indem er ihn Umbringt und anschließend noch den Marshall getötet. Er selber wäre dabei aus allem raus und um zehntausend vierhundert zwanzig Dollar Reicher.
Er musste sich nur noch Gedanken darüber machen, wie er Marshall Ryder in die Falle locken konnte. Das musste gut durchdacht sein, denn Ryder war nicht irgendein Sternträger wie die anderen die Mel kannte. Hier war äußerste Vorsicht angesagt. Nachdenklich stand er am Fenster und beobachtete die Straße.
Langsam senkte die Sonne. Die Häuser warfen langen Schatten von sich.
Die Straße wurde allmählich leerer. Der Barbier hatte längst schon geschlossen. Ein Junge fegte den Stepwalk und Mister Wagener vom Gemischtwarenshop trug seine Ware in den Laden. Sheriff Armstrongs Frau Mary überquerte die Straße. Sie hielt ein Körbchen im Arm, indem ihr Baby lag. Mel sah wie sie mit dem Ladenbesitzer sprach. Dann stellte sie das Körbchen auf eine Bank und ging in den Laden. Mister Wagener beugte sich über das Baby und zog Grimassen.
„ Wie albern die Menschen doch sind, wenn sie ein Baby sehen.“ Dachte Mel. Er war glücklich keine Kinder zu haben, obschon Rachel sich immer welche gewünscht hatte, blieb dieser Wunsch bisher unerfüllt.
Gedankenverloren blickte er auf die Szene vor dem Geschäft. Da geschah es.
Zwei junge Burschen nutzten aus, dass Mister Wagener abgelenkt war. Erst gingen sie ruhig über den Stepwalk bis sie den Apfelständer erreicht hatten. Blitzschnell schnappte sich jeder einen Apfel und rannte fort. Mister Wagener reagierte zu spät. Wütend hielt er die geballte Faust in der Luft und schimpfte. Als einer der Jungen dann frech stehen blieb, und ihm die Zunge rausstreckte hechtete er hinter ihm her.
Mel sah blitzartig seine Chance gekommen. Er wusste das Sheriff Armstrong nicht in der Stadt war und es am Marshall lag die Verfolgung aufzunehmen. Neben der Haustür stand immer das Gewehr, welches er sich packte und hinausrannte. Es war niemand mehr auf der Straße.
Selbst der kehrende Junge war verschwunden. Gezielt lief er auf das Körbchen zu, nahm das Baby heraus, band eines der Pferde los, das noch auf seinen Besitzer warteten. Mit einer Leichtigkeit die ihm niemand zugetraut hätte schwang er sich mit dem Baby im Arm in den Sattel und sprengte davon. Absichtlich zog Mel dem Kind ein Söckchen aus und ließ es fallen um den Marshall auf diese Spur zu setzten. Jetzt musste er nur so schnell wie möglich zur Mine. Der Marshall durfte ihn auf keinen Fall noch vorher abfangen.


Der verzweifelte Schrei einer Mutter schallte durch die Straßen Cutters. Mary stand vor dem leeren Körbchen und schaute sich verzweifelt um. Mister Wagener, der sich zu der Zeit in einer der Seitenstraßen befand, kam zurück gelaufen.
„ Um Himmels Willen Misses Armstrong was ist denn passiert?“
„ Mein Baby, wo ist mein kleiner Jimmy? Wo waren sie? Sie haben ihn hier einfach alleine liegen lassen.“
Fassungslos starrte der Mann in das leere Körbchen, dann fing er an unter die Decken und unter dem Kissen zu suchen.
„ Ja aber er kann doch nicht weggelaufen sein! Raus gefallen ist er auch nicht!“
„ Er ist gestohlen worden. Jemand hat mein Baby gestohlen!“
Sie schrie es so laut hinaus, dass aus den Häusern die Menschen wieder auf die Straße traten.
Auch Nick hörte ihr Schreien und kam sofort angerannt.
„ Mary was ist los, ist dir was passiert?“
„ Nick, du musst mir helfen, mein Baby wurde gestohlen.“ Schluchzend fiel sie in seine Arme.
„ Jimmy? Aber wer sollte ein Baby stehlen.“
„ Ich habe ihn hier in seinem Körbchen auf die Bank gestellt weil ich mit Jane sprechen wollte. Mister Wagener war doch hier draußen. Er sagte ich könne ihn ruhig bei ihm stehen lassen, denn die meiste Ware ist schon eingeräumt und es ist sehr eng im Laden.“
Es war ein Eiskalter Blick der nun den Ladeninhaber traf. Er sengte den Kopf, weil er dem Marshall nicht in die Augen sehen konnte, als er sagte,
„ Zwei Bengel haben sich hier Äpfel geklaut, da bin ich hinterher gelaufen. Ich konnte doch nicht Ahnen, dass jemand ein Baby stiehlt!“
„ Darüber unterhalten wir uns später noch Mister.“ Doch bevor Nick weitere Fragen an Mary stellen konnte drängte sich ein junger Mann von ungefähr zwanzig Jahren durch die Menge bis zu ihm. Sein blondes Haar fiel bis auf die Schultern. Der dünne Schnauzer war sauber getrimmt. Er tippte Marshall Ryder auf die Schulter.
„ Endschuldigen sie Marshall. Ich weiß es ist im Moment sehr unangebracht, aber mein Pferd ist weg. „ Sagte der Mann verlegen. Sofort ging ein lautes Gerede durch die Menge. Erst wird ein Baby gekidnappt, dann auch noch ein Pferd. Was hatte das alles zu Bedeuten? Die Bürger standen ratlos auf der Straße.
Für Nick war das verschwundene Pferd kein Rätsel. Er glaubte nicht an den Zufall, es könne sich losgerissen haben und sei weggelaufen, oder jemand habe es einfach so gestohlen.
Nein. Der Kidnapper brauchte wohl das Pferd um damit zu fliehen.
Also muss es jemand gewesen sein der ohne Gaul hier in Cutter war. Mitten in der aufgebrachten Menge stand Muffin, der seit dreißig Jahren einen Mietstallstall führte. Sechzig Lebensjahre hatte er schon durchlebt, aber kraftvoll wie damals führte er immer noch seinen harten Job durch. Die paar dünnen Haare, die ihm noch blieben waren grau geworden. Durch die schwere Arbeit hatte er nun einen krummen Rücken und lief immer etwas gebeugt. Muffin kannte Nick genau und sagte deshalb gleich,
„ Ich sattel’ dein Pferd. In fünf Minuten kannst du los. Wen nimmst du mit?“ Nach kurzer Überlegung meinte Nick,
„ Jett ist nicht da, er hat auch Lex wieder mitgenommen. Ich reite allein, es dauert mir zu lange bis ich eine Posse zusammengestellt habe.“
Während Muffin die Stute des Marshalls sattelte, holte Nick seine Winchester aus dem Office. Innerhalb sechs Minuten war alles vorbereitet. Weinend stand Mary auf der Straße. Carol- Ann Ryder hielt sie in ihrem Arm und versuchte zu trösten. Als Nick sich in den Sattel schwang, sah Mary ihn mit nassen Augen an und flehte.
„ Bitte Nick, du musst ihn finden.“
„ Ich bring dir deinen Jimmy zurück. Das verspreche ich dir!“
Er verließ die Stadt Richtung Süden, denn in die andere Richtung lag sein Office und der Saloon. Der Kidnapper würde dabei riskieren gesehen zu werden, da im Saloon noch Aufräumarbeiten zu Gange waren. Er war sicher nach Süden geritten, denn die Straße endete auch hier. Sie lief am Bahnhof aus. Dahinter kam Buschbesätes Land.
Schon als Nick den Bahnhof passierte, sah er in drei Yards Entfernung die Babysocke liegen. Er stieg von seiner treuen Stute Lady ab um die Spur genauer zu untersuchen. Das er seine Kindheit bei den Indianern verbrachte kam ihn hier wieder sehr zu Gute. Schnell hatte Nick die richtige Hufspur des Entführers herausgefunden und folgte ihr im langsamen Trapp.
Noch waren zu viele verschiedene Abdrücke im Lehmboden, aber die Eine filterte sich immer mehr heraus. Nach zwei Meilen konnte er Sicher im Galopp der Fährte Folgen.
Mit jeder Meile, die er hinter sich ließ wurde seine innere Mahnung vor Gefahr stärker. Es war schon mehr als nur ein warmes Gefühl in der Brust. Wie ein Feuer brannte es in ihm, aber er hatte keine andere Wahl. Jimmy war entführt worden, und er gab Mary sein Versprechen ihn zurück zu holen. Die Landschaft wurde zunehmend Felsiger, was es erschwerte noch irgendwelche Abdrückte zu sehen, doch sein geübtes Auge erkannte auch hier noch Abnutzungen und Schleifspuren. Der Flüchtende hatte sich in keinster Weise mühe gegeben seine Spur zu verwischen. Er hinterließ sogar noch einen deutlichen Hinweis. An einem Zweig hing die zweite Socke des Babys. Nick hielt sein Pferd an und streichelte seinen Hals.
„ Ich hab das Gefühl, dass unser Gejagter absichtlich eine offene Fährte legt. Das heißt, wir Beide sollten auf der Hut sein. Da vorne fängt das Tal an, von dort hätte ein Schütze optimale Sicht und Deckung.“ Lady schnaubte leise, als hätte sie die Worte ihres Herrn verstanden und ihm zugestimmt. Mit aufgestellten Ohren lauschte sie der Stimme Ryders. Er führte sie eng an der Felswand vorbei weiter vorwärts. Ab und zu ritten sie unter Vorstehenden Hängen, was Nick etwas Deckung gab. Schon oft war er durch das Tal geritten, dass sich etwa fünf Meilen durch die Berge Zog. Vor einem Jahr war er hier in einer Schießerei verwickelt, bei der vier Outlaws ihr Leben ließen. Nick wusste genau worauf er besonders achten musste. Er kannte die Stellen an denen sich Angreifer gut verschanzen konnten.
Gute Anzeichen waren Geier. Sie kreisten beharrlich über die Menschen, die fast reglos irgendwo in den Felsen hockten um einem Opfer aufzulauern. Mit scharfem Blick suchte Nick auch immer wieder den Himmel ab. Die Sonne versank langsam hinter den Bergen. Orangerot färbte sie die tristen, grauen Gesteine.
Nur noch eine Meile hatte Nick vor sich, dann wäre er aus dem Tal heraus. Totenstille herrschte hier unten. Nur das aufschlagen der Hufe verursachte ein gleichmäßiges klappern. Lady war ein gut dressiertes Pferd. In Momenten wie diese verhielt sie sich still. Nicht einmal das für Pferde typische schnauben kam aus ihren Nüstern. Angespannt saß Nick im Sattel, jede Sehne seines Körpers war aufs äußerste gespannt, denn hier kam die gefährliche Stelle an der die Schießerei vor einem Jahr stattfand. Zwei Yards vor dem Ende der Schlucht, saßen die Outlaws gut verschanzt hinter den Zwillingsfelsen. Es war ein riesiger Felsblock, der sehr gute Deckung bot. Ein Riss in der Mitte spaltete ihn in zwei gleiche Blöcke, die sich hervorragend zum Schießschacht eigneten. Nick presste sich eng an die Felswand. Er war vom Pferd abgestiegen und ging voran immer den Schatten ausnutzend bis zum schmalen Steg. Ab hier konnte Nick hinaufklettern ohne dass ein eventueller Schütze in der Spalte ihnen sehen konnte. Der Anstieg war beschwerlich. Immer wieder fielen Gesteinbrocken hinunter, was Nick zu vermeiden versuchte. Mit angehaltenem Atem hielt er inne und lauschte in die Nacht. Nichts. Sollte doch niemand da oben sein? Was hatte der Flüchtende denn im Sinn? Hier wäre doch die Beste Position gewesen ihn zu treffen. Nick wagte nun alles. Er trat aus dem Schatten heraus, zog sich an dem Überhang hoch und stand vor den Zwillingsfelsen. Mit einem Satz war er um sie herum, aber niemand war zu sehen. Keine Spur deutete darauf hin, dass hier vor kurzem jemand stand.
Es ging eine menge Zeit verloren beim Abstieg, aber es war Nötig die Lage einzusehen.
Nick pfiff seine Stute herbei, die sofort schnaubend auf ihn zu gerannt kam uns ihre Nüstern an seinem Ärmel rieb.
„ Weiter geht’s!“ sagte Nick und zog sich wieder in den Sattel. Am Ende der Schlucht fand er weitere Huf abdrücke des Pferdes das der Kidnapper ritt.
Die Spur die er verfolgte führte deutlich durch den Kakteenpfad. Längst war Nick klar, dass der Verfolgte mit Absicht Hinweise hinterließ. Die Kakteen die eben noch dicht an dicht standen lichteten sich, und Nick sah von weitem schon die stillgelegte Silbermine. Hier haben vor fünf Jahren noch etliche Arbeiter nach Silber geschürft. Mit Dynamit sprengten sie eine Höhle in den Berg, und stießen tatsächlich auf eine Ader. Aber sie war schnell abgetragen und reichte gerade so um die Unkosten zu tragen. Hin und wieder versuchte ein Einzelner hier noch etwas zu finden, doch die Ader war erschöpft.
Am Eingang der Höhle stand ein Pferd. Seine Zügel waren um einen Busch gebunden. Friedlich döste das Tier in der Sonne. Nick hielt seine Lady an, stieg ab und näherte sich der Höhle Seitlich. Es war schon Merkwürdig, dass kein laut von Innen zu hören war. Nicht einmal Jimmy. Vorsichtig schob Nick seinen Hut an einem Stock vor den Eingang. Es geschah wieder Nichts. Der Mahner in seiner Brust brannte, irgendetwas musste hier sein. Lautlos wie ein Indianer schlich er sich in den dunklen Gang der Höhle. Sie machte nach zwei Yard einen scharfen Rechtsknick. Flackerndes Licht erhellte die Wand zu seiner Rechten.
Hinter der Ecke kam eine weitere Höhle. Der beißende Geruch von Alkohol drang in seine Nase. Als er hineinblickte sah er viele Glasrohre, Behälter und Fässer. Hier hatte sich Mel Finney seine Brennerei eingerichtet. An der hinteren Wand schien jemand auf einem der Fässer zu sitzen. Deutlich waren seine Konturen als Schattenbild zu erkennen.
Mit vorgezogenem Revolver sprang Nick um die Ecke, gefasst jede Sekunde abzudrücken.
„ Hallo Cass!“ sagte er laut.
Erschrocken schnellte Cass Miner hoch. Er hatte sich auf das Fass gehockt und war eingeschlafen. Jetzt stand er kreidebleich da und stierte Marshall Ryder fassungslos an. Mit ihm hatte er nicht gerechnet. Er erwartete Mel Finney mit den geraubten Dollars. Er drohte damit ihn beim Marshall zu verpfeifen, sollte er sich nicht an diesen Deal halten. Cass hatte genauso wie Mel einen Plan. Denn auch er wollte das Geld nicht mit ihm Teilen. Seine Winchester lehnte an der Wand. Mit diesem Gewehr gedachte er Mel zu erschießen und die ganze Brennanlage anzuzünden. Eine Kerosinlampe stand schon in Mitten der Glasrohre durch die die goldene Flüssigkeit floss. Ein Schuss nur, und alles würde in Flammen aufgehen. Niemand könnte hier noch etwas feststellen. Sie sollten glauben, dass Mel samt den geraubten Dollars verbrannt sei. So dachte Cass hätte er alles im Griff, doch jetzt stand er dem Marshall gegenüber, der ihn fragte.
„ Wo ist das Baby Cass?“ Cass Miner riss die Augen auf.
„ Welches Baby? Wovon reden sie?“ stotterte er. Langsam kroch seine Hand zum Revolverkolben, doch er zog ihn nicht. Angst machte sich in ihm breit denn er wusste genau, dass er keine Chance hatte, den Colt zu ziehen, dazu war er nicht schnell genug.
„ Halt mich nicht zum Narren Cass. Du hast in Cutter ein Baby entführt und ich hoffe für dich, dass der Junge noch lebt sonst lernst du mich erst richtig kennen, Miner!“
„ Aber, aber Marshall ich weiß von nichts. Ich bin hier weil ich auf ….“ Zu spät hörte Nick das leise knacken hinter sich. Wie eine Raubkatze warf er sich noch zur Seite, aber es war nicht schnell genug. Die Kugel die ihm da entgegen kam erwischte seine Schulter und stieß ihn nach hinten gegen die Felswand. Cass sah seine Chance gekommen. Er riss seinen Colt aus dem Holster und feuerte auf Marshall Ryder. Sekundenbruchteile früher schoss Nick. Cass brach tödlich getroffen zusammen. Die Kugel, die er noch losschickte erwischte Nick in die rechte Brustseite und ließ ihn nach hinten torkeln.
Schwer atmend lehnte Nick an der Wand, den Revolver immer noch in der Hand. Trotz der Schmerzen hatte er eine sichere und feste Stimme mit der er drohte.
„ Wage es ja nicht Mel. Werf die Knarre weg.“ Mel Finney sah sich noch nicht geschlagen. Schließlich war der Marshall schwer verletzt und seine Reaktionen dadurch sehr beeinträchtigt. Nick hielt ihn fest im Auge.
„ Ich hätte wissen müssen das sie dahinter stecken, meine Hochachtung, sie haben es wirklich geschafft mich zu täuschen. Aber hier ist ihr Spiel zu Ende. Wo ist das Baby Mel!“
„ Ja Marshall ich bin der größte.“ Schrie Mel und krümmte den Finger am Abzug. Diesmal war Nick schneller. Er traf ihn am Oberarm, stieß sich mit aller kraft von der Wand weg. Keine Sekunde zu früh, denn schon hagelten die Kugeln aus Mels Revolver genau dort hin, wo er eben noch stand. Querschläger schossen durch die Höhle. Einer zertrümmerte die Whiskyflasche, die bei der Brennanlage stand, eine zweite traf die Kerosinlampe. Sekundenschnell breitete sich ein Feuer aus und erhitzte die Höhle. Rauch verdeckte Nick die Sicht, seine Augen brannten. Es gab kaum noch Luft zum Atmen. Nick sank auf die Knie, vor seinen Augen tanzten schwarze Punkte die immer größer wurden. In dieser Höllischen Stunde hörte er in Ferne den Gesang mehrerer Indianer. Er sah sie um ein Feuer tanzen bunt geschmückt mit Federn. Frauen trugen Körbe mit Obst und lächelten ihm zu. Der alte Medizinmann stand plötzlich vor ihm. Er kam immer näher mit seinem faltigen Gesicht, bis Nick das Weiß in seinen Augen sehen konnte. Deutlich hörte er die Stimme des Alten.
„ Steh auf, deine Zeit ist noch nicht gekommen.“ Wie aus einem tiefen schlaf erwachte Nick. Eines der Fässer zersprang, und er Whisky verpuffte in einer riesigen Stichflamme. Nick schleppte sich tastend die Wand entlang bis zum Ausgang. Er hoffte das Mel Finney nicht noch draußen auf ihn wartete. Und er hatte glück.
Von Mel war keine Spur mehr zu sehen. Hier unter dem freien Sternenhimmel war die Luft klar und frisch. Ein leichter Wind wehte, der Nick das Atmen erleichterte. Er kniete am Boden, die Wunde schmerzte. Um die Blutung zu stillen riss Nick seinen Hemdärmel ab und verwendete ihn als Binde. Die Verletzung an der Schulter merkte er gar nicht mehr. Langsam kam auch die Sehkraft wieder. Er konnte seine Finger wieder erkennen die er sich vors Gesicht hielt. Seine Kleidung roch nach Qualm, Hände und Gesicht waren schwarz gefärbt vom Ruß.
Wie aus der Ferne hörte er plötzlich ein leises Wimmern.
„ Jimmy!“ Das Weinen des Babys gab ihm wieder neue kraft. Nick raffte sich auf um den kleinen Jimmy zu suchen. Er fand ihn im Gras liegend eingewickelt in einer Pferdedecke.
Ein kurzer Pfiff genügte und Lady trabte heran.
„ Na Jimmy. Jetzt geht es wieder nach Hause. Deine Mama macht sich schon sorgen.“ Lächelnd streckte der Junge ihm seine Ärmchen entgegen. Er war kein Fremder für ihn.
Der Wind nahm zu und die Wolken verdichteten sich. Kein Stern war mehr zu sehen.
Nick zog sich in den Sattel. In seinem Arm hielt er den Sohn seines besten Freundes. Die Zügel ließ er locker hängen. Lady findet den Weg, auch dieser Finsternis, allein nach Hause.
Die ersten Regentropfen fielen herab, und es dauerte nicht lange, bis der Platzregen einsetzte.
Ein Schauspiel aus Blitz und Donner bot sich am Himmel.
Nick nahm den Jungen fester an sich. Wasser lief von seiner Hutkrempe runter. Hemd und Hose waren in kürzester Zeit bis auf die Haut durchnässt. Sogar in den Stiefeln sammelte sich der Regen.
Fünf Minuten lang goss Gnadenlos, Blitze erhellten die Nacht, Donnerschläge schallten. Dann war alles wie ein Spuck vorbei. Der nachfolgende Abendwind drang durch die nasse Kleidung. Die Wunde schmerzte immer stärker und er fror am ganzen Körper. Immer wieder wurde ihm schwarz vor Augen, doch er kämpfte mit aller Gewalt dagegen an. Er durfte jetzt nicht aufgeben. Jimmy schien sich wohl zu fühlen.. Ihm schien es auch nicht zu stören, dass sich die Decke immer mehr mit Blut voll sog.
Nach einer Stunde Ritt, die Nick endlos vorkam, sah er die Stadt Cutter. Ein paar schwache Lichter aus vereinzelten Häusern waren zu sehen.
Von Osten her kamen Jett und Lex geritten. Vor Muffins Stall hielten sie ihre Pferde an und stiegen ab.
„ Stell dir vor wir wären nicht zu ihm geritten, wie lange hätte er wohl da gelegen?“ fragte Lex. Jett seufzte. Ihm tat der alte Will Rondo leid. Er starb einsam in seiner Hütte. Niemand hatte ihn vermisst. So war nun mal das harte Leben eines Einsiedlers. Mitten in den Wäldern ohne Angehörige, ohne Freunde.
„ Tja Lex. Wir haben ihn wenigstens anständig begraben. Das ist das wenigste was wir für ihn noch tun konnten. Nur Schade um sein Wissen. Hoffentlich hat Nick noch etwas von Mike erfahren können.“ Sie wollten ihre Pferde gerade in den Stall bringen, da kam Mary Armstrong aus Ryders Haus gerannt, stürmte auf ihren Mann zu und umarmte ihn.
„ Hey, was für eine Begrüßung. So lange war ich doch gar nicht weg.“ Mary war nicht im Stande etwas zu sagen. Fest drückte sie sich an Jett. Ihre Kehle war wie zugeschnürt.
Fragend sah Jett Carol-Ann an, die auch auf ihn zu gerannt kam.
„ Jimmy wurde entführt. Nick hat die Verfolgung schon aufgenommen.“
„ Wie lange ist das her?“ wollte Lex wissen, doch da fiel ihm Jett schon ins Wort. Er deutete nach Süden.
„ Da kommt er!“ Rief Jett. Aber sofort sah er, dass etwas nicht stimmte. Nick saß nicht wie sonst kerzengerade im Sattel. Sein Körper hing nach vorne gebeugt, und der Kopf war gesenkt. Er ging seinem Freund entgegen, gefolgt von Carol-Ann. Jett griff nach den Zügeln und strich über Ladys Hals.
„ Ganz ruhig Lady. Du bist zu Hause.“ Besorgt sah zu seinem Freund, der schwer atmend im Sattel hing.
Aus zusammen gekniffenen Augen erkannte Nick seine Frau und reichte ihr das Bündel Decke herunter.
„ Ich hab’s versprochen.“ Stammelte er, dann wur2 de ihm schwarz vor Augen. Er fiel vom Pferd dreckt in Jetts Arme. Lex war schnell herbei und half ihm den schweren Körper zum Doc zu tragen. Heftig klopfte Sheriff Armstrong an dessen Tür.
„ Doktor Brown, machen sie auf, wir haben einen Notfall!“ Drinnen ging ein Licht an und gleich darauf wurde die Tür von Martha, der Frau vom Doc, geöffnet. In einem langen weißen Nachtgewand stand sie im Flur. Fast wäre ihr die Öllampe aus der Hand gerutscht als sie im diffusen Licht das Gesicht des Marshalls sah.
„ Oh mein Gott. Bringt ihn rein, schnell!“ Sie schloss die Tür zum Behandlungszimmer auf und zündete dort die Lampen an.
„ Legt ihn dort hin, ich hole sofort meinen Mann.“
Nick zitterte, seine Stirn glühte vom Fieber, als Doktor Brown die Praxis betrat. Nach einem kurzen Blick sagte er.
„ Zieht ihm die nassen Sachen aus, ich muss mir erst meine Hände waschen.“
Jett und Lex waren schnell damit fertig und machten Platz für den Doktor, der nun an den Tisch trat, auf dem Nick lag.
„ Mh, sieht nicht gut aus, schickt mir Leonard her, ich brauche ihn hier.“
Während Lex die Treppe empor lief um den jungen Arzt zu holen, setzte Jett sich auf die Bank im Warteflur und vergrub sein Gesicht in beiden Händen. Er sah nicht wie Jim Leonard an ihm vorbei in die Praxis rannte. Er hörte nur plötzlich ein Weinen. Als er den Kopf hob stand Carol-Ann neben ihm mit einem Taschentuch in der Hand. Tröstend nahm er sie in den Arm.
„ Keine Sorge. Nick ist hart im nehmen. Er schafft das schon.“
Gemeinsam warteten alle im Flur. Lex lief auf und ab, Muffin lehnte an der Wand, Carol-Ann und Mary saßen zusammen mit Jett auf der Bank. Hanna stand neben der Tür mit ihrem Brüderchen Jimmy auf dem Arm und Jetti hielten seine kleine Schwester Lea. Minuten wurden zu Stunden. Niemand sagte etwas, es herrschte Totenstille. Nach gut einer Stunde trat Doktor Brown in den Flur. Er hielt ein Handtuch in den Händen und trocknete diese damit ab.
Erwartungsvoll sahen ihn alle Anwesenden an. Doc Brown seufzte erst, dann legte sich ein Lächeln auf seine Lippen.
„ Es ist gut verlaufen. Die Kugeln sind raus. Er braucht jetzt nur etwas Ruhe, dann wird er bald wieder der Alte sein.“ Hörbar atmete Jett auf. Mary drückte Carol-Ann an sich. Freudentränen liefen beiden Frauen die Wangen herunter. Auf einmal war die Spannung verschwunden, die Stille gebrochen.
„ Kann ich zu ihm?“ fragte Carol-Ann sanft. Doktor Brown schüttelte den Kopf.
„ Er schläft noch. Am besten gehen jetzt alle nach Hause. Auch sie Misses Ryder. Sie brauchen auch etwas Ruhe. Kommen sie nach dem Frühstück vorbei mit neuer kraft. Die brauchen sie und ihr Mann. Carol Ann war etwas enttäuscht, sah aber ein, dass der Doc Recht hatte. Sie umarmte Jetti und wollte mit ihm zusammen die Praxis verlassen, da hielt Mary sie am Arm fest.
„ Du schläfst selbstverständlich bei uns. Ich kümmere mich um Lea und Jetti.“ Schon wollte Carol-Ann absagen, aber Mary ließ erst gar keine Ausrede zu. Auch Jett stimmte dem Vorschlag seiner Frau zu.
„ Geh nur Carol. Ich muss erst noch ins Office. Es gibt noch viel zu tun dass wird die ganze Nacht dauern. Du kommst mit Lex. In Zwei Tagen ist der Richter hier. Wir müssen bis dahin noch mehr Beweise haben, sonst entwischt uns dieser Mike noch. Ich hoffe dass Nick uns Morgen erzählen kann wer Jimmy entführt hatte. Es war garantiert Cass Miner. Wir wissen ja auch noch nicht ob er noch lebt oder nicht.“


Am frühen Morgen des darauf folgenden Tages ging Jett zu Doc Brown. Die Sonne war noch nicht ganz aufgegangen, auf den Straßen war niemand zu sehen. In der Praxis schimmerte schon der Lichtschein einer Petroleumlampe. Als Armstrong eintrat, saß Doc Brown über seine Bücher.
„ Guten Morgen Doc. So früh schon auf?“ der Arzt hob den Kopf und grüßte zurück.
„ War gar nicht erst Schlafen. Aber du bist sehr früh.“
„ Ich wollte wissen wie es ihm geht!“ Jetts Blick war voller Hoffnung als ihn der Doc anlächelte.
„ Geh nur rein. Die Nacht ist ruhig verlaufen, keine Zwischenfälle.“ Armstrong tippte an seiner Hutkrempe, erleichtert nickte er dankend, dann öffnete er die Tür zum Nebenzimmer.
Carol-Ann war auch schon da. Sie saß auf einem Stuhl am Bettrand und hielt Nicks Hand.
Bevor Jett näher kam nahm er seinen Hut ab. Nick atmete ruhig und gleichmäßig. Ein breiter weißer Verband deckte die Tiefe Wunde in der Brust und an der Schulter ab.
Zum Erstaunen der beiden Anwesenden, öffnete Nick seine Augen.
„ Wo…warst…du so ….lange? fragte er und zwang sich ein grinsen raus.
„ Na du machst mir spaß. Es ist sechs Uhr früh. Eigentlich war das ja deine Nachtschicht, ich würde jetzt noch gemütlich in meinem warmen Bett liegen.“
Für eine Antwort reichte Nicks kraft nicht mehr aus. Seine Augen schlossen sich wieder und er fiel in einen tiefen schlaf.
„ Er ist noch sehr schwach.“ Sagte Carol-Ann während sie aufstand.
„ Wir gehen besser.“ Sie gab ihrem Mann noch einen Kuss auf die Stirn, dann verließen Beide das Zimmer.

Der nächste Tag brach heran und mit ihm stieg die Aufregung in den Bürgern von Cutter. Mit Spannung erwartete man den Richter, der Mike Digger zu verurteilen hatte. Man war sich einig, dass so ein Mörder an den Galgen gehörte. Egal wo Jett hinging, überall gab es nur das eine Thema. Gruppen bildeten sich auf der Straße und Diskutierten. Selbst die Frauen sprachen voller Abneigung über die Schandtaten des jungen Mannes, der hinter Gittern auf seiner Pritsche hockte.
Mit dem Mittagessen auf dem Tablett betrat Jett den Zellentrakt.
„ Hey Mike. Hier kommt deine Henkersmahlzeit. Morgen in aller Früh ist die Gerichtsverhandlung. Richter Bell ist ein fähiger Mann des Gesetzes. Bei ihm haben Mörder nichts zu Lachen.“ Mit einem Satz war Mike bis an die Zellentür gesprungen. Er umklammerte die Gitterstäbe und schrie den Sheriff entgegen.
„ Ich habe niemanden umgebracht. Wie auch. Das Weib war so verführerisch, dass ich es nicht mal bis zur Scheune aushielt. Cass war vorne bei dem Bankier als der Schuss fiel.“
„ Netter Versuch Mike. Nur Cass ist entweder auf der Flucht oder Tot. Das werde ich heute noch erfahren. Die Sache sieht nicht gut für dich aus, alle Beweise sprechen gegen dich.“
„ Was für Beweise? Ich war Bewusstlos. Glauben sie mir Sheriff, wenn ich den Bankier erschossen hätte, hätte er nicht mal Zeit gehabt seinen Revolver zu spannen. Ich bin ein verdammt schneller Schütze. Schneller noch als euer Marshall da Wette ich drum.“
„ Schade dass es nie zu diesem Duell kommen wird. Hier dein Essen.“ Armstrong stellte das Tablett auf einen kleinen Tisch ab und schob diesen an die Gitterstäbe heran, so dass Mike danach greifen konnte.
Im Office erwartete ihn schon Deputy Alex Cooper.
„ Was für Beweise haben wir eigentlich gegen ihn? Doch nur die Tatsache dass er einen rauchenden Colt in der Hand hielt und neben der Leiche lag. Vielleicht war es wirklich Cass!“
Zweifelte der junge Deputy.
„ Ja schon möglich. Ich hoffe Nick geht es jetzt etwas besser. Ich muss unbedingt mit ihm darüber reden. Er war als Erster am Tatort und weiß sicherlich noch einiges dazu zu sagen.
Ohne gute Anklage wird der Richter Mike laufen lassen müssen.“
Aber Jett hatte Pech. Nick verschlief den Tag und war nicht in Lage irgendein Gespräch zu führen. Erst mitten in der Nacht Wachte er auf. Am Fenster stand Deputy Cooper. Er beobachtete die Straße, auf der zu dieser Stunde nur zwei betrunkene Cowboys den Stepwalk entlang torkelten. Erschrocken drehte er sich um. Hinter ihm erklang die gebrochene Stimme seines Bosses.
„ Hey. Wie sieht es aus?“ fragte Nick.
„ Wir haben alles im Griff. Wie fühlst du dich?“ Erleichtert sah Lex, dass Nick wieder etwas Farbe im Gesicht hatte. Lag er doch den ganzen Tag mit blassen, eingefallenen Gesicht auf seinem Lager. Sogar ein lächeln gelang ihm wieder.
„ Könnte besser sein. Die Schulter fühlt sich steif an. Welchen Tag haben wir?“ Nick wusste, dass er lange geschlafen hatte. Ihm war jedes Zeitgefühl verloren gegangen. Nur dass es im Moment draußen dunkel war konnte er durch den leichten Vorhang erkennen.
„ Da wir kurz nach Mitternacht haben, haben wir jetzt Freitagmorgen den neunzehnten August. Du hast den gestrigen Tag verschlafen. Aber wie ich jetzt sehe hat dir das sehr gut getan. Du siehst schon wieder besser aus.“ Als Nick das Datum hörte, stützte er beide Ellbogen auf und wollte sich in sitzende Position bringen, ließ sich aber wieder in die Kissen sinken, da ein stechender Schmerz seine Schulter durchfuhr.
„Kommt nicht heute der Richter?“ fragte er.
„ Ja. Wir erwarten ihn mit der sechs Uhr Kutsche. Die Verhandlung ist für zehn angesagt. Ich hoffe nur die Beweise reichen aus um Mike des Mordes wegen zu verurteilen.“
„ Mike hat Mister Great nicht erschossen.“
„ Dann war es also Cass? Hab ich mir doch gedacht.“ Cooper grinste über beide Wangen.
„ Diesmal hatte ich wohl Recht. Ich habe vermutet dass Cass der Schütze war.“ Sagte Lex stolz, wurde aber sofort von Nick aufgeklärt.
„ Nein. Mel Finney war es. Er hat auch den Bankraub vorbereitet. Cass ist Tot, aber Mel konnte flüchten. Cooper du kannst gleich rüber zum Telegraphenbüro gehen und eine Beschreibung von Finney rausgeben. Er hat das gestohlene Geld wahrscheinlich auch bei sich. Ich bin sicher, er ist auf dem Weg nach Tucson. Dort kennt er sich aus und hat Freunde.“
„ Aber wir haben mitten in der Nacht!“ Bemerkte Lex.
„ Na und, Hol Mister Baker eben aus dem Bett das ist ein Notfall. Und dann kannst du noch Misses Finney verhören. Sie wird ihren Mann wohl kaum decken, so wie er sie Behandelt hat. Vielleicht hat sie von seinen Machenschaften gewusst und tritt als Zeuge vor Gericht auf. Ach ja. Doktor Brown soll noch vor der Verhandlung die Kugel aus der Leiche rausholen. Die ist ein wichtiges Beweisstück.“
„ Ja mach ich. Und…. Schön wieder Befehle von dir zu erhalten.“ Sagte Lex und ging. Nick sank tiefer in seine Kissen und starrte gedankenvoll die Decke an. Es passte ihm überhaupt nicht hier zu liegen und nichts tun zu können. Es viel ihm sehr schwer die Aufgaben an seinem Deputy weiter zu leiten, aber so oft er auch versuchte auf zu stehen, es gelang ihm nicht. Der Körper wollte einfach nicht dem Geiste folgen. Da half auch kein verbissener Wille.
„ Ich muss bei der Verhandlung dabei sein“ dachte er, „ Ich kann nicht zulassen das Mike für etwas bestraft wird das er nicht begangen hat.

Cooper klopfte, wie Nick es ihm befohlen hatte, Mister Baker vom Telegraphen Amt aus dem Bett. Mürrisch öffnete dieser sein Büro. Im Nachthemd und mit Schlafmütze schlurfte er zu seinem Platz hinter der Theke. Er legte Lex Block und Bleistift hin damit er seine Nachricht aufschreiben konnte.
Danach klapperte der Telegraph und sendete die genaue Beschreibung des Bankräubers an Tucson mit der Bitte sie weiter zu leiten.
„ Ich danke ihnen auch im Namen des Marshalls. Diese Nachricht ist sehr wichtig.“
„ Kann ich jetzt wieder zu Bett gehen und meine gestörte Nachtruhe fortsetzten?“ Er war mit seiner Frage nicht gerade freundlich gesinnt, aber damit hatte Lex gerechnet. Er kannte diesen mürrischen Mister Baker schon lange. Noch nie hatte er ein freundliches Wort gelassen. Stets war sein Gesicht hart und kantig. Um seine Mund- und Augenwinkel gruben sich etliche Falten.
Lex Cooper suchte das Haus der Misses Finney auf und klopfte auch diese aus ihrem Schlaf.
Sehr verwundert stand er in der Tür, als er bemerkte das sie völlig angekleidet vor ihm stand.
Misses Finney spürte diesen durchdringenden Blick und sagte zögerlich.
„ Ich kann nicht schlafen seit mein Mann weg ist. Ich habe die Vermutung, dass er etwas mit dem Überfall auf die Bank zu tun hatte. Deputy was soll ich nun machen?“ Ihr schluchzen ging in einen Weinkrampf über. Lex war mit dieser Situation erstmal völlig überfordert. Sprachlos stand er immer noch in der Tür und wusste nicht was er nun tun sollte, bis sich Misses Finney wieder in ihrer Gewalt hatte.
„ Oh verzeihen sie. Kommen sie rein. Es ist so schrecklich. Wenn er zurück kommt wird er mich dafür bestrafen.“
„ Bestrafen? Dafür dass sie mit mir reden? Da können sie beruhigt sein. Er wird nicht kommen. Er hat nicht nur die Bank ausgeraubt, sondern auch Mister Great erschossen. Misses wir müssen unbedingt reden. Der Marshall baut auf ihre Hilfe.“
Bis zum Frühstück um sechs Uhr Morgens saßen sie beisammen und sprachen.
Was Cooper in dieser Unterhaltung erfuhr ließ ihn die Nackenhaare sträuben. Sie redete sich die Seele aus und endete mit dem Satz.
„ Es tut mir in keinster Weise Leid um ihn. Der Marshall kann mit mir Rechnen. Ich werde Aussagen.“
Glücklich auch diesen Auftrag erfolgreich erledigt zu haben, ging Lex rüber zum Office. Es gab viel Neues dem Sheriff zu erzählen, aber er war nicht da. Die Zelle in der Mike Digger saß war ebenfalls leer. Jett hatte ihn wahrscheinlich versteckt, um jeglichen Ärger zu vermeiden.
„ Der Richter ist da!“ dachte Lex und machte sich auf die Suche nach Jett. Doch wo er auch suchte, er fand ihn nirgends. Auch Doktor Brown fand er nicht. Aber sein Assistent Jim Leonard versprach ihm den Auftrag zu erledigen und die Kugel aus dem toten Mister Great zu ziehen.
Am Ende der Mainstreet befand sich die alte Scheune, in der Feste, Versammlungen wie auch Gerichtsverhandlungen stattfanden. Einige Frauen fegten gerade den Boden, als Lex herein trat. Stühle wurden aufgestellt und ein Richterpult. Lex erkundigte sich bei ihnen nach dem Sheriff, hatte aber auch hier kein Glück. Niemand ist dem Sheriff an diesem Morgen begegnet. Dass um zehn Uhr die Verhandlung beginnt verkündete Major Flint, der gerade in der Tür erschien.
„ Beeilt euch Leute. Der Tisch muss noch gereinigt werden, und was ist das?“ Er stakste durch die Scheune und zeigte den Frauen die Spinnweben, die genau über dem Richterplatz am Balken klebten.
„ Sofort wegmachen. Na los!“
„ Major Flint, haben sie Sheriff Armstrong gesehen?“ fragte Lex, der hier seine letzte Chance vermutete.
„ Sicher. Wir haben doch Richter Baker empfangen. Er kam um fünf Uhr mit einer Sonderkutsche. Es sollte niemand wissen, denn er hält sich immer gerne verdeckt bis es zur Verhandlung kommt. Er möchte nicht von irgendwelchen Leuten vorher beeinflusst werden.“
„ Und Jett ist bei ihm?“
„ Natürlich. Aber ich kann dir nicht sagen wo die Beiden sind.“
„ Sie können nicht, oder sie wollen nicht? Es ist verdammt wichtig, dass ich Jett vorher noch spreche.“ Der Major grinste.
„ Genau das will der Richter vermeiden. Wenn du was zu sagen hast, dann tu das gefälligst vor Gericht. So und nun lass mich in Ruhe, ich habe zu tun.“
Lex verließ die Scheune mit gesenktem Kopf. Wenn Jett den Richter irgendwo versteckt hat, besteht kaum Hoffnung ihn zu finden. Er konnte ihn nur kurz vorher abfangen, wenn er zur Scheune kommt.
Im Zimmer des Marshalls fand er Carol-Ann vor, die mit einem Buch in der Hand am Fenster saß.
„ Guten Morgen Misses Ryder. Schläft er?“ Lex hatte zwar erkannt, dass Nick seine Augen geschlossen waren, doch innerlich hoffte er noch mit ihm Reden zu können.
„ Ja. Er ist vor zehn Minuten eingeschlafen. Soll ich ihm etwas ausrichten wenn er wach ist?“
„ Sag ihm nur, die Nachricht ist Telegraphiert worden, und Misses Finney wird aussagen. Aber sie sie kann nur die Gewalttaten anklagen, von der Brennerei und dem Überfall wusste sie nichts. Wenn ich Jett nicht vor der Verhandlung abfangen kann, sieht es nicht gut aus für Mike. Der Major wird ihn fertig machen und die Bürger von Cutter sehen auch in ihm den Mörder und schreien nach gerechter Verurteilung.“
„ Ich sag es ihm.“

Es war kurz vor zehn als Nick blinzelte. Lächelnd beugte sich Carol-Ann über ihn mit einem Glas Wasser in der Hand.
„ Du musst etwas trinken Nick, Anweisung vom Doc.“
„ Na wenn er es verlangt. Aber ich werde nicht vier Wochen hier liegen und nichts tun, dass kann er vergessen. Jett und Lex können nicht alles alleine machen.“
„ Weil du gerade Lex erwähnst, er war hier.“
Sie erzählte ihrem Mann was Deputy Cooper ihr sagte. Nick wurde dabei immer unruhiger. Er biss die Zähne aufeinander und brachte sich mit Mühe in sitzende Position.
Die Leute auf der Straße drängten zur alten Scheune um die besten Plätze zu bekommen. Eine halbe Stunde vor beginn der Verhandlung war Cutter wie ausgestorben. Alle wollten das Urteil miterleben. Die wenigsten glaubten an Mikes Unschuld. Er war nun mal bekannt als Draufgänger und Schießer.
Sheriff Armstrong war zusammen mit dem Richter und Mike in seinem eigenem Haus. Der Richter bekam frisch gebackenes Brot von Mary Armstrong und wurde fürstlich mit Kaffee, Käse und Wurst bewirtet. Mike befand sich in Hannas Zimmer, mit Handschellen am Bett gefesselt. Auch er bekam ein Tablett mit duftendem Brot und Kaffee, doch er rührte nichts an. Viel zu groß war seine Angst vor dem Galgen, der ihm so gut wie siecher bevorstand. Schon oft saß er hinter Gittern und immer wieder kam er davon. Das hatte er stets Cass zu verdanken. Zum ersten Mal war es ernst. Anklage wegen Mord, den er nicht begangen hatte und kein Cass Miner in der Nähe der ihn hätte rausholen können.
Als Jett eintrat, lag er auf dem Bett. Mit leerem Blick starrte er die Decke an.
„ Mike, kommen sie, stehen sie auf wir müssen gehen.“ Jett löste ihm die Handschellen und half ihm auf die Beine. Die Knie des Gefangenen waren weich wie Butter. Jeder Schritt fiel ihm unendlich schwer. Bis zur Haustür musste er sich beim Sheriff abstützen, ging dann aber allein weiter um nicht als Schwächling da zu Stehen.
Richter Bell war bereits in der Scheune. Er zog hinter einer Abtrennwand seine Robe über und kämmte in aller Ruhe sein angegrautes Haar.
Als Jett mit seinem Gefangenen die Scheune betrat, war diese brechend voll. Auf allen Sitzplätzen saßen die Menschen. In den hinteren Reihen drängte man sich stehend eng aneinander. Ganz vorne am großen Tisch saß Richter Bell. Sein schwarzes Gewand verdeckte den dicken Bauch. Die kräftigen Finger umpackten den Hammer mit dem er pochend auf die Tischplatte schlug. Seine roten, runden Wangen plusterten sich auf, als er um Ruhe bittete.
Erst wurde es leise, dann verbreitete sich ein lautes Raunen im Saal, denn Jett führte Mike nach vorne. Eine Stimme rief aus der Menge.
„ Warum hat das Schwein keine Handschellen an?“ Sofort wurde es wieder Lauter im Saal. Alle redeten wild durcheinander. Lex sprang auf Jett zu und packte ihn von hinten an der Schulter.
„ Jett ich muss unbedingt mit dir reden!“ damit Jett überhaupt ein Wort verstand, sprach Lex laut neben seinem Ohr.
„ Jetzt nicht Cooper. Du siehst was hier los ist.“
„ Aber Mike ist nicht der Mörder. Mel Finney hat den Bankier erschossen!“
Sofort blieb Sheriff Armstrong stehen, als wäre er gegen eine Wand gelaufen.
„ Was sagst du da?“ Jett konnte nicht glauben was er da hörte.
„ Es stimmt. Nick hat es mir gesagt. Er war auch der Messerwerfer auf Mike und hat auf Nick geschossen.“
„ Das sind ja schöne Neuigkeiten. Wie soll ich das dem Richter erklären. Mit welchen Beweisen.“
Die Bürger Cutters wurden unruhig. Richter Bell hatte einiges zu tun, dass wieder Ruhe einkehrte.
„ Ich werde für Nick aussagen.“ Sprach Lex.
„ Das wird dir niemand glauben. Es sei denn du holst diesen Finney hier her. Sicher mir lieber den Hinterausgang.“ Flüsterte Jett. Im Saal herrschte wieder Stille.
Mike setzte sich dem Richter gegenüber, auf den Anklageplatz. Nervös kaute er auf seine Unterlippe. Er wusste genau dass kaum Hoffnung bestand seine Unschuld zu beweisen.
Ganz Cutter war nun gespannt wie das Urteil ausfiel. Der Richter machte einen erhaben auf die Bürger, so wie er da stand, in seiner Robe und mit goldgeränderter Brille und verkündete.
„ Die Verhandlung ist eröffnet. Angeklagter?“


Im Krankenzimmer bemühte Carol-Ann sich ihren Mann davon abzuhalten auf zu stehen.
Nick war fest entschlossen der Verhandlung bei zu wohnen um die Unschuld Mike Diggers zu Beweisen. Nur mühsam gelang es ihm aufzustehen. Schwankend hielt er sich an dem Bettgitter fest und musste erst mal in Ruhe durchatmen bis sich die Erde unter seinen Füßen nicht mehr drehte.
„Gib mir meine Kleidung Carol.“ Der Stuhl auf dem seine Hose und Hemd hingen, stand neben dem Schrank an der Wand.
„ Nein Nick. Du darfst noch nicht aufstehen. Jett regelt das schon. Die kommen auch mal ohne dich zurecht. Bitte, leg dich wieder hin!“ In ihrer Stimme klang Verzweiflung. Sie wusste genau, dass nichts mehr ihn umstimmen konnte. Nick schleppte sich bis zum Stuhl und streifte seine Hose über. Carol-Ann streichelte über seine starken Oberarme bis Nick sich umdrehte und in ihren Augen Tränen sah. Er nahm ihr Kinn in seine Hand und hob ihr Gesicht so dass sich beide in die Augen sahen.
„ Carol-Ann, Darling. Jett kann die Unschuld nicht Beweisen. Ich bin nicht mal Sicher, ob er davon Weiß. Wenn Mike gehängt werden sollte nur weil ich nichts unternommen habe, kann ich nicht mehr in den Spiegel sehen. Dann habe meinen Stern nicht verdient. Bitte hilf mir.“
Schweren Herzens half sie ihm das Hemd über zu streifen und knöpfte es zu. Auf dem Weg zur Tür schnallte er seinen Revolvergürtel um.
„Nick!” rief Carol-Ann. Sie kam ihm hinterher und band ihm sein rotes Halstuch um. Dabei flüsterte sie in sein Ohr.
„ Es hat dir immer Glück gebracht. Es soll dir auch jetzt helfen. Liebling.“ Dann gab sie ihm noch einen Kuss auf die Wange. Ryder nahm sie in die Arme und küsste zärtlich ihre Lippen.
„ Ich werde auf mich aufpassen. Wenn alles vorbei ist, verspreche ich dir mich zu schonen.
Auf dem weg zur Scheune zerriss ein Schrei die Stille des Morgens. Im Hause Finney zersprang eine Fensterscheibe weil eine Vase durch geschleudert wurde. Sie landete fast vor Nicks Füßen, der es schon bis zu Tür geschafft hatte. Mit einem kräftigen Tritt sprang die Tür aus ihren Angeln. Nach dieser ruckartigen Bewegung brauchte Nick erst eine Pause bis der Schmerz sich legte. Dann ging er die Treppe rauf. Er hörte Mel schreien.
„ Du Hure. Was hast du dem Deputy erzählt. Und wage es nicht zu lügen!“
In den Flur kam Misses Finney mit angeschwollenem Gesicht und blauen geschlagenen Augen gerannt. Sie sah den Marshall nicht am Treppenabsatz stehen, aber Mel entdeckte ihn gleich. Wütend sprang er seinem Feind entgegen. Nick hatte nicht mehr die Reaktion zum Ausweichen. Sie stürzten Beide die Treppe hinunter und landeten unten auf dem gefliesten Boden. Mel war schnell wieder auf den Beinen. Er zog seinen Revolver aus dem Holster, doch bevor er abdrücken konnte traf ihn eine Flasche Whisky am Kopf. Er torkelte rückwärts gegen die Stubentür. Nick sprang auf und trat ihm den Revolver aus der Hand, dann sah er erleichtert nach oben.
„ Du Schwein.“ Schrie Misses Finney ihren Mann an.
„ Das war das letzte Mal dass du mich geschlagen hast. Ich habe dein Versteck gefunden. Unter den Dielenbrettern im Schlafzimmer ist ein Hohlraum. Dort war die ganze Zeit das viele Geld versteckt. Und er erzählte mir immer, wir haben kein Geld mehr. Auch die Whiskyflaschen mit den falschen Etiketten habe ich gefunden. Marshall ich bin bereit vor Gericht auszusagen.“
Nick sah die tapfere Frau bewundert an. Ihr Gesicht war scheußlich entstellt, aber sie war trotzdem fest entschlossen.
Er packte Mel am Kragen und zog ihn neben sich her die Mainstreet entlang.
„ Warum sind sie zurückgekommen Mel. Sie müssen doch verrückt sein.“ Fragte Nick Kopfschüttelnd.
„ Ich verrückt? Ich wäre verrückt wenn ich diesem Weib mein ganzes Geld daließe.“
„ Das Geld aus dem Bankraub ist wohl auch dabei, wie?“ Mel antwortete nicht. Er versuchte auch keine Gegenwehr, denn er kannte die Schärfe des Marshalls. Dieser war nicht zu unterschätzen, selbst im angeschlagenen Zustand war er noch gefährlich, wie es sich vorhin im Hausflur bewies.
Nick betrat den Gerichtssaal in dem Moment in dem Richter Bell das Urteil verkünden wollte.
Alle starten zur Tür, ihre Blicke folgten Marshall Ryder und seinen Gefangenen bis er vorne beim Richter ankam. Zögernd folgte Misses Finney. Doktor Brown sprang erstaunt auf als er seinen Patienten vorne stehen sah. Besorgt legte Jett seine Hand auf Nicks Schulter.
„ Alles in Ordnung, mir geht’s gut Jett.“ Beruhigte er seinen Freund und wandte sich dem Publikum zu.
„ Mike Digger hat den Bankier nicht Erschossen. Er ist unschuldig. Er hat beim Bankraub mitgemacht und Misses Great ….sittlich angefasst. Aber der Mörder war Mel Finney.“
Richter Bell war nun auch aufgestanden. So etwas war ihm in seiner gesamten Amtszeit noch nicht vorgekommen.
„ Was für Beweise können sie vorbringen Marshall?“
„ Doktor Brown hat die Kugel aus der Leiche gezogen. Würden sie dem Richter bitte das Kaliber der Kugel sagen?“
Doktor Brown stand von seinem Platz auf und zog die Schultern hoch.
„ Tut mir leid Marshall, aber ich habe keine Kugel gezogen!“ Nick wurde schwindelig. Er stütze sich unmerklich am Richterpult ab. Die Kugel war ein wichtiges Beweisstück. Nick dachte nach, was er noch als Beweis anbringen wollte, während dessen kam der angehende Arzt und Assistent von Doktor Brown nach vorne. In seiner Hand hielt er ein verformtes Stück Blei hoch.
„ Euer Ehren. Ich habe die Kugel mit der Mister Great erschossen wurde. Deputy Cooper gab mir heute Morgen die Anweisung sie aus dem Leichnam zu entfernen. Tischler Johnson war dabei, er ist Zeuge dass diese acht und dreißiger in dem Körper des Toten steckte.“ Trotz der Erleichterung standen dicke Schweißperlen auf Nicks Stirn. Seine Knie begangen zu zittern, aber er ließ sich nichts anmerken und sagte mit fester Stimme.
„ Euer Ehren, Mel Finney besitzt einen achtunddreißiger Revolver. Mike hatte zur Tatzeit seinen vier und vierziger in der Hand. Außerdem lag Mister Great auf dem Rücken, mit dem Kopf zur Tür. Da sich der Schusskanal im Rücken befindet, muss der Mörder in der Eingangstür gestanden haben. Misses Finney fand heute Morgen das Geld vom Bankraub in seinem Haus. Es war unter den Dielen im Schlafraum versteckt zusammen mit den Dollars, die er sich mit selbst gebranntem Whisky verdiente. Ich selber habe die Brennerei gesehen. Sie war in der alten Silbermine unten am oak creek.“ Richter Bell hörte sich alles gespannt an.
„ Die Brennerei war am Creek, wo ist sie jetzt?“ fragte er.
„ Abgebrannt. Nach einer Schießerei zwischen mir, Cass Miner und Mel Finney brach ein Feuer aus. Cass Miner ist dabei umgekommen. Mister Finney konnte fliehen. Ich habe ihn heute Morgen in seinem Haus erwischt. Er war gerade dabei eine Frau zu schlagen.“
„ Nun, gemäß der Anklagen und Beweise die hier kurzfristig neu herbei gebracht wurden, verurteile ich, kraft meines Amtes, Mike Digger zu vier Jahren Straflager nach Fort Worth, wegen Vergewaltigung an Misses Great und der Beteiligung an dem Bankraub, bei dem ein Mann getötet wurde. Und nun Angeklagter Mister Finney, nehmen bitte auf dem Stuhl dort platz.“
Die ganze Verhandlung um Mel Finney dauerte fast eine Stunde. Seine Frau sagte gegen ihn aus. Sie redete frei über alles was ihr Mann ihr angetan hatte. Grausame Dinge kamen dabei zu Tage. Im Saal herrschte Totenstille. Was sie sagte war teilweise so schrecklich, dass viele Mitleid mit ihr bekamen. Unterdessen brachte ein Junge das Telegram aus Tucson. Der dortige Sheriff kannte Finney genau und berichtete von illegalen Geschäften, die Mel sich in seiner Stadt erlaubt hatte. Auch dort machte er großes Geld mit seinem Whisky und verschwand bevor ihm jemand auf die Schliche kam. Erst viel später konnte der Sheriff nachweisen, dass Finney hinter den betrügerischen Geschäften stand. Seine Fahndung nach Mel Finney blieb bislang erfolglos. Der Richter hörte sich das Telegramm an, dass ihm der Marshall vorlas. Tief einatmend lehnte er sich in seinem breiten Stuhl zurück. Nach einer fünfminütigen Pause verkündete er das Urteil..
„ Mister Mel Finney sie wurden für Schuldig befunden, des Mordes an Mister Sam Great.
Dem versuchten Mord an Mister Mike Digger, sowie am U.S Marshall Nick Ryder. Kidnapping eines Babys und illegaler Whisky Brennerei. Sie haben weiterhin ein Pferd gestohlen.
Nach aussagen ihrer Ehefrau kommt noch schwere Körperverletzung hinzu. Das Gericht verurteilt sie zum Galgen. Ihnen wird ein Hanfstrick um den Hals gelegt und sie werden so lange daran hängen bis der Tot eintritt. Die Verhandlung ist geschlossen“ Der schwere Holzhammer schlug auf die Tischplatte, das dass Tintenfässchen zu tanzen begann.
Mel wurde Leichenblass auf seinem Stuhl.
„ Dann mal los Mister Finney. Das Jail wartet schon auf sie.“ Sagte Deputy Alex Cooper und packte den gnomenhaften Mann am Handgelenk. Doch Mel riss sich wieder los, zupfte seine Weste zu Recht und keifte.
„ Was fällt dir Bursche ein mich so zu behandeln. Ich bin ein ehrenwerter Bürger und muss mich von dir nichts sagen lassen!“ Hoch erhobenen Kopfes ging Mel neben Lex her.
Nick stand draußen am Eingang. Er unterhielt sich mit seinem Freund Jett. Als Finney an ihm vorbei kam, drehte er sich blitzschnell um, zog Coopers Revolver aus dessen Holster und schoss. Aber er traf den Marshall nicht. Denn Nick reagierte um Sekunden schneller. Er warf sich zur Seite und gab noch im Fall einen Schuss auf seinen Angreifer ab.
Mel torkelte zurück, drehte sich um die eigene Achse und fiel mit dem Gesicht voran in den Sand der Mainstreet. Reglos blieb er liegen. Aufgeschreckt kamen die Zuschauer aus der Scheune gedrängt und bildeten einen Kreis um den Marshall und Finney. Nick kniete noch im Sand. Seine rechte Schulter schmerzte, auch die zweite Verletzung brannte wie Feuer in seiner Brust. Doktor Brown kam in die Mitte, drehte Mel Finney auf den Rücken, fühlte nach dessen Puls und sah Kopfschüttelnd auf.
„ Er ist Tot.“ Waren seine Worte. Misses Finney stand hinter ihm. Sie schaute verachtend auf ihren toten Mann, dann fing sie an zu lachen und zu Weinen, beides gleichzeitig. Peggy Sue die Hotelinhaberin ging auf sie zu und nahm sie in den Arm.
„ Kommen sie. Ich gebe einen Kaffee aus, der wird ihnen gut tun. Und dann plaudern wir etwas. Es wird alles wieder gut Rachel.“
Jett half unterdessen Nick beim Aufstehen. Er stütze ihn auf dem Weg zum Doktorhaus, denn ihm war immer noch schwindelig und kraftlos in den Beinen. Grinsend sah er Jett an und sagte.
„ Na wie war ich?“
„ Du überraschst mich immer wieder Nick. Dich hatte ich wirklich nicht auf der Verhandlung erwartet.“ Gab Jett als Antwort. Hinter ihnen kam Doktor Brown. Er holte die Beiden schnell ein und nahm den anderen Arm von Nick über seine Schulter.
„ Seit wann verlassen meine Patienten ohne meine Erlaubnis das Krankenzimmer?“
„ Sie waren ja nicht da Doc. Wen hätte ich da fragen sollen?“ die Ironie in dieser Antwort war deutlich rauszuhören, aber dennoch lachte Doc Brown.


Es dauerte zwei Wochen bis Marshall Nick Ryder wieder vollständig im Einsatz war. Sheriff Jett Armstrong und Deputy Alex Cooper hatten während dessen alles im Griff. Lex war unheimlich stolz auf sich und fühlte sich wie ein richtiger Sheriff, denn Jett ließ vieles selber Regeln und betonte immer wieder, dass er seine Sache gut mache.
Ryder saß wieder in seinem Office und schrieb einige Berichte. Kurz nach dem Eintreffen der Postkutsche kam ein junger Mann ins Büro und legte ihm einen Stapel Briefe auf den Tisch. Jett und Lex standen auf dem Stepwalk und sahen wie der Bote mit der Post ins Office ging
und wieder heraus kam. Daraufhin hielt Jett seinen Deputy zurück, der auch ins Office wollte.
„ Warte. Besser wir bleiben noch einen Moment hier draußen.“ Sagte er. Lex sah ihn fragend an. „Warum?“ Aber Jett gab keine Antwort, er grinste nur. Es dauerte auch gar nicht lang, da hörte man von Drinnen Nick fluchen.
„ So ein verdammter, Mist Papierkram. Wer hat den Blödsinn nur erfunden. Ich habe auch noch andere Dinge zu erledigen als mich mit Briefen rum zu schlagen.“
Jett und Lex amüsierten sich köstlich dabei.



ENDE




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