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Prosa => Alltag


Neustart Kapitel1 - von Tess, 29.07.2018
Ich sitze im Auto, auf dem Weg in die Arbeit. Die Musik ist laut und ich singe mit, so werde ich wach und meine Laune bessert sich. Ich habe mir fest vorgenommen, ab heute, ein neues Leben zu beginnen. Das Einzige was gleich bleiben soll ist mein Job. Ich liebe die abwechslungsreiche Arbeit in der Apotheke und den Kontakt zu so vielen verschiedenen Menschen. Meine Eltern belächeln mich für meinen Job, sie meinen die chemische Medizin würde den Menschen mehr schaden als helfen. Das ist ein Grund dafür, dass ich nun ausziehen möchte, ich habe einfach keine Lust mehr mich rechtfertigen zu müssen, warum ich mein Leben lebe wie ich es lebe. Der andere Grund ist, dass ich mich von meinem langjährigen Freund getrennt habe, mit dem ich demnächst zusammenziehen wollte. Ich überlege mir genau wie mein Leben weitergehen soll, während ich zu den Songs singe, die ich alle schon auswendig kenne. Alleine wohnen ist teuer und ich glaube auch langweilig, außerdem werde ich ja sowieso mit meinem 40-Stunden Job nicht viel in der Wohnung sein. Ein WG-Leben stelle ich mir interessant vor, geteilte Kosten, aufgeteilter Putzdienst und man lernt leichter neue Leute kennen. Ich bin noch in meine Gedanken versunken, als ich auf den Parkplatz hinter der Apotheke fahre. Nachdem ich mein Auto auf meinem Parkplatz abgestellt habe, versuche ich meine Gedanken zu ordnen, dieser Job verlangt volle Aufmerksamkeit, Tagträume sind dort fehl am Platz. Also setze ich ein Lächeln auf, laufe in der Apotheke nach hinten und begrüße alle. Die freundlichen Gesichter meiner Kolleginnen heben meine Laune noch etwas an. Es ist ein gewöhnlicher Montag, ich habe nicht mal Zeit für Tagträume, worüber ich heute wirklich froh bin. „Frau Ebinger!“, mein Chef kommt auf mich zu. „Ja?“ erwidere ich. „B.rix ist ein Kühlartikel, dass wissen Sie schon oder?“ „Natürlich“, ich weiß nicht so recht auf was er hinausmöchte. „Die Kundin wollte es gerade abholen, weil Sie es Ihr auf 12 Uhr zugesagt haben“ erläutert mein Chef. „Entschuldigung Herr Kühnle, das wird nicht wieder vorkommen“ entschuldige ich mich. „Und dass der V. Sirup derzeit nicht lieferbar ist, wissen Sie doch eigentlich auch oder nicht?“ „Ja, das weiß ich“ antworte ich und versuche mich daran zu erinnern, den Sirup heute bestellt zu haben. „Nun, ich hoffe für Sie, dass die Mutter des Kindes nicht sauer ist, wenn Sie extra wiederkommt und der Sirup dann doch nicht da ist.“ Verdammt, ich muss mich wirklich besser konzentrieren. „Ich versuche gleich, die Telefonnummer rauszubekommen. Entschuldigung nochmal.“ „Was ist heute nur mit Ihnen los, Sie sind doch sonst nicht so zerstreut“ erwidert er und geht kopfschüttelnd in sein Büro. Als ich das Telefonbuch aufschlage höre ich die Klingel, die sagt, dass ich vorne gebraucht werde. Seufzend lasse ich das Telefonbuch liegen und eile nach vorne, in der Hoffnung heute nicht noch mehr Fehler zu machen. Als ich meine Lieblingskundin vorne stehen sehe, hellt sich meine Laune auf. Ich bin gerade in ein Gespräch mit Ihr vertieft, als ich registriere, dass die ganze Apotheke voll steht, mein Chef kommt nach vorne und bedeutet mir mit einem Blick, das Gespräch nicht unnötig auszudehnen. Ich kürze das Gespräch also ab und empfange die nächste Kundin. Ich gebe alles in den PC ein und hole die Medikamente nach vorne. Sie schaut die Schachteln stirnrunzelnd an. „Da stimmt aber was nicht, ich habe sonst immer blaue Packungen“. Ich lächle während ich innerlich die Augen verdrehe, auch das noch. Ich versuche Ihr zu erklären, dass Ihre Krankenkasse mir nur die Abgabe dieser Hersteller erlaubt und die Verordnung des Arztes da leider auch keine Ausweichmöglichkeit bietet. „Junges Fräulein, ich nehme diese Medikamente schon seit 20 Jahren so, also holen Sie mir jetzt bitte MEINE Medikamente“. Mir bleibt nichts anderes übrig als die Kundin an den Chef weiter zu geben, dass wird ihm nicht gefallen. Nach ein paar weiteren Kunden ohne Zwischenfälle finde ich endlich wieder Zeit für das Telefonbuch. Ich blättere und wie sollte es heute auch anders sein, die Kundin steht natürlich nicht darin. Ein Blick auf die Uhr zeigt, dass es Zeit für die Mittagspause wird. Ich hoffe die Kundin besänftigen zu können, wenn Sie hier nochmals umsonst aufschlägt und begebe mich in unseren Pausenraum. Ich setze mich und atme ein paar Mal tief durch, was für ein Chaos. Nachdem mein Magen gefüllt ist und ich ein bisschen an der frischen Luft war, hoffe ich auf einen besseren Nachmittag. Ich gehe wieder nach vorne und versuche mir einen Überblick darüber zu schaffen, was zu tun ist. „Frau Ebinger, in der Rezeptur wartet Arbeit auf Sie!“. Nun Rezeptur hört sich gut an, die Zeit vergeht wie im Flug, nur muss das heute wirklich schnell und ohne Probleme funktionieren, sonst habe ich es mir heute mit meinem Chef echt verscherzt. Ich versuche alles in der gewohnten Rutine zu machen, erst den Papierkram, dann geht es ans Abwiegen der einzelnen Bestandteile. Zwischendurch immer wieder rühren, abschaben, verrühren. Nach 30 Minuten ist das Herstellungsprotokoll, die Salbe und das Etikett fertig und der Preis steht auf dem Rezept. Vielleicht wird der Tag jetzt ja wirklich besser. Ich lege die Salbe zur Abholung als ich die Türe aufgehen höre. Mit einem Blick nach vorne sehe ich, dass es die Kundin ist, deren Telefonnummer ich suchte. Ich atme tief durch und mache mich bereit der Kundin von meinem Fehler zu berichten. „Wie bitte, wollen Sie mir gerade sagen, dass ich jetzt völlig umsonst hergekommen bin?“ „Es tut mir wirklich leid, wir haben beim Hersteller angerufen, doch der meinte, es kann noch Wochen dauern bis wieder Ware verschickt wird.“ „Ich brauche eine Lösung, jetzt, meiner Tochter geht es echt schlecht!“. Nachdem ich Ihr die Alternativen aufzeigte und Rücksprache mit Ihrem Arzt hielt fanden wir doch noch eine Lösung mit der alle zufrieden waren. Mit den Worten „Das nächste Mal bitte gleich so“ verließ Sie die Apotheke. Ich atmete erleichtert auf, da sie Kundin nicht verärgert schien und wendete mich meinen täglich Arbeiten zu. „Das haben Sie ja noch gut gelöst“, ich brauche mich nicht umzudrehen um zu wissen, dass mein Chef hinter mir steht, aus Höflichkeit tue ich es trotzdem. „Ja, ich glaube die Kundin ist nicht verärgert.“ „Was auch immer heute Morgen mit Ihnen los war, ich hoffe, es war eine Ausnahme.“ „Natürlich Chef, ich war wohl nicht 100% bei der Sache, wird nicht wieder vorkommen!“, hoffe ich zumindest. „Gut, etwas anderes hätte ich von Ihnen auch nicht erwartet!“. Nachdem mein Chef wieder im Büro verschwunden ist widme ich mich wieder meinen Arbeiten, die gelegentlich durch Kunden unterbrochen werden. Ab 17 Uhr geht es wie üblich wieder rund. Als ich das nächste Mal auf die Uhr schaue ist es 18:10 Uhr, ich räume zwischen ein paar Kunden meine Sachen auf und mache fast pünktlich um 18:35 Uhr Feierabend. Ich wünsche allen einen schönen Abend und als mein Chef mir sein übliches freundliches Lächeln schenkt fällt mir ein Stein vom Herzen.



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