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Prosa => Phantasy & SciFi


Spiegelwelten - Kap. 1 - von ShyanneNoirCoeur, 17.03.2014
„Tokio! Denver! Etwas schneller wenn ich bitten darf! Wir sind hier nicht auf einen Sonntagsspaziergang“, schallte die dunkle Stimme von Housten durch das Waldstück irgendwo in Kanada. Housten, er war unser vorgesetzter Special Agent, liebte es immer wieder seine Agenten bei den regelmäßigen Checkups durch den Wald zu jagen und anzuschreien. Aber er tat das nicht aus sadistischen Motiven wie ihm viele unterstellten, nein, seine Motive waren absolut nachvollziehbar. Denn was genau nützte es, wenn er uns mit Samthandschuhen anfassen täte, wenn es unsere Gegner gewiss nicht tun würden? Nein, den Herrschaften der anderen Teams wäre es geradezu ein Vergnügen uns wie Käfer zu zerquetschen.
„Manchester! London! Sie sind dran!, brüllte Housten erneut und ich brachte mich langsam in Stellung. Bald würde ich an die Reihe kommen. Während die anderen benannten Agenten aus ihrer Deckung stürmten und versuchten die Hindernisse und Fallstricke zu überwinden, begab ich mich gemächlich zu einem Baum zu meiner rechten. Geduckt spähte ich am Stamm vorbei und zählte stumm die Sekunden.
„21...22...23...24..:“, bei 25 angekommen erhob ich mich und sprintete ebenfalls auf das Testgelände hinaus. Ich war gerade 3 Schritte weit gekommen, als Houstens Stimme – wie erwartet – erneut durch den Wald schallte. „Angel! Ohio! Los, los!“ Hmm, entweder habe ich zu schnell gezählt oder Housten wurde alt, schmunzelte ich im Stillen, während ich auf das Getrampel von meinem Trainingspartner lauschte. Ohio war noch neu bei uns. Dies war sein erstes Training, und das merkte man innerhalb von Sekunden. Er war ungelenk, unsicher und viel zu laut. Unser jetziges Aufgabenziel war es unentdeckt von unserem Startpunkt Norden quer über die Anlage, über den kleinen Fluss im Zentrum in den Süden zu gelangen, dort aus einem kleinen Gebäude, das von nur rund 10 Agenten bewacht wurde, ein Paket zu entwenden, ein anderes Paket zu hinterlegen und dann zum Zielpunkt im Osten zu gelangen. Also eine recht simple Aufgabe, aber mein Bauch sagte mir, dass Ohio diese Aufgabe heute nicht schaffen würde und ich, wenn ich ihn nicht schnell abhängte ebenfalls ein Problem hätte. Schließlich konnte ich mich schlecht heranschleichen, während hinter mir ein Elefant durch den Wald marschierte. Wie aufs Stichwort schallte auch schon Houstons Stimme wieder durch den Wald.
„Ohio! Warum setzen Sie nicht gleich Leuchtsignale, damit Ihr Feind gleich weiß, dass Sie unterwegs sind?“
Ich konnte mir bildlich vorstellen, wie Housten sich die Haare raufte und dabei auf und ab ging. Ohio blieb ratlos stehen und blickte sich nach der unsichtbaren Stimme um.
„Aber Sir, wie soll ich denn rennen und dabei leise sein?“, fragte er und erinnerte mich damit an ein kleines hilfloses Kind. Kopfschüttelnd rannte ich weiter und versuchte mir keine weiteren Gedanken um ihn zu machen. Es hätte eh nichts genützt. Entweder lernte er schnell hier klar zu kommen, oder er würde in der Zentrale an einem Schreibtisch versauern. So lief es eben. Behände sprang ich über Wurzeln und Zweige und wich den kleinen oder großen Gemeinheiten der Kollegen aus.

Einige Zeit später war ich wenige Meter von der Hütte entfernt. Von den anderen Agenten – Tokio, Denver, Manchester, London und besonders nicht von Ohio – war keine Spur zu sehen, aber das wunderte mich nicht sonderlich. Leise schlich ich durch die Büsche und spähte durch die Äste.
„Na wo seid ihr Wiesel?“, überlegte ich und überschaute das Gelände und entdeckte innerhalb von Sekunden die Agenten, die als Köder dienten. Lächerlich einfach! 2 vor der Hütte, 2 je rechts und links und 2 auf dem Dach. Also waren die restlichen 2 wohl in der Hütte. Standard Aufteilung. Aufgabe wie aus dem Lehrbuch. Lächelnd schlich ich mich durch die Büsche bis ich hinter der Hütte war. Dort kletterte ich auf einen Baum, um auf das Dach zu gelangen und die dortigen Agenten auszuschalten. Ich hatte gerade die Hälfte des Baumes erklommen als laute Geräusche vor der Hütte ertönten.
„Ohio...“, schoss es mir durch den Kopf. Langsam glitt ich wieder vom Baum und ging auf die Hütte zu. Dank des lieben Ohios hatte ich nun einen Spaziergang vor mir, da die Agenten allesamt mit ihm beschäftigt waren. So spazierte ich in die Hütte, tauschte die Pakete aus und ging wieder.

Wenige Minuten später hatte ich auch schon das Ziel im Osten erreicht.
„Ah, Angel!“, begrüßte Housten mich als ich das Camp betrat und reichte mir die Hand.
„Guten Tag, Sir“, grüßte ich und übergab ihm das Paket.
„Ist schon einer von den anderen zurück?“, erkundigte ich mich beiläufig, während ich meinen Zopf löste und mich auf einen der Stühle setzte. Während ich mir mit den Fingern durchs Haar fuhr warf ich Brooklyn – Houstons direkte Assistentin – einen fragenden Blich zu. Brooklyn war Mitte Dreißig, hochgewachsen, gertenschlank und hatte goldblondes, hülftlanges lockiges Haar – sprich die absolute Schönheit und angeblich auch ebenso gefährlich, wenn man den Gerüchten Glauben schenken wollte. Prüfend warf sie einen langen Blick auf ihr Klemmbrett und studierte die dortigen Daten. Nach einigen Sekunden blickte sie mich mit ihren Himmelblauen Augen an und lächelte mild.
„Hmm....“, meinte sie
„Sie sind wie gewohnt die erste und schnellste. Sie sind sogar 10 Minuten schneller als beim letzten Mal. Memphis, kannst Du von den anderen was ausmachen“, rief sie in eine er nächstfolgenden Baumkronen hinauf, in denen der zweite Assistent von Housten Posten bezogen hatte und nach den Prüflingen Ausschau hielt. Statt einer Antwort erklang nur ein leises Lachen.
„Brooke, ehe die anderen auftauchen könnten wir hier mit dem Brunch anfangen“, lachte er. „Niemand ist so flott wie unser Engel und besonders bei dem neuen bezweifle ich, dass er überhaupt hier ankommt“
Brooklyn verdrehte nur stumm die Augen, während Houston sind wieder einmal die Haare raufte und in Richtung Hütten verschwand. Ehe er die Hütte betrat drehte er sich noch einmal um.
„Sie können dann schon mal Feierabend machen, Angel. Wir sehen uns dann zum Abendessen im Hauptgebäude“ Mit diesen Worten verschwand er dann in die Hütte und schloss leise die Tür.
„Abendessen..“, abschätzend blickte ich auf meine Uhr. Bis dahin waren es noch mehr als sechs Stunden. Na toll...
„Tja, dann bis später. Brooklyn. Memphis.“, verabschiedete ich mich und ging zu meiner Hütte. Eventuell würde ich eine Runde schlafen bis es hier endlich weiterging.
Aber was beschwerte ich mich eigentlich? Ich wusste doch schon seit dem Tag als die Einladungen für dieses Trainingslager ausgegeben wurden, dass es sterbenslangweilig werden würde. Wie jedes Mal.

Gemächlich öffnete ich die Tür zu meinem Quartier – eine kleine Hütte bestehend aus einem Raum mit Kochnische (um so Kleinigkeiten wie Tee oder ähnliches zu kochen) und einem kleinen Bad. Also der absolute Luxus. Seufzend schwang ich mich auf das Bett und starrte an die Decke.
Wieso war ich eigentlich hier? Schnaubend raufte ich mir das Haar und musste über mich selbst lachen. Wieso stellte ich mir diese Fragen immer wieder? Ich sollte doch wohl am besten wissen, dass ich auf das alles kein Einfluss hatte. Denn was konnte ich denn schon dafür, dass man mich mit 6 Jahren von einem Mädchen-Waisenhaus an der Westküste in eine staatliche Einrichtung für Hochbegabte Kinder nach Washington gebracht hat und dann als ich 15 war feststellte, dass man mich sehr gut für den Spionagedienst einsetzen konnte?
Nichts. Nichts. Nichts.

Aus der kleinen, lieben Seraphina MacArthur wurde dann der Special Agent Los Angeles kurz Angel genannt. Nun arbeitete ich schon seit 7 Jahren für die Firma. Anfangs als Kurier und Datenauswerterin. Nun seit über 5 Jahren als vollwertige Agentin im In- und Ausland. Ich war nicht nur die jüngste in meinem Job. Nein, ich war auch die Beste. Die Beste in jedem Aufgabenbereich. Egal ob Spionage, Recherche, Bewachung, Beschattung, verdeckte Ermittlungen. Egal was, ich war die Beste. Aber entgegen der allgemeinen Meinung meiner Ausbilder, Vorgesetzten und Kollegen lag dieser Erfolg nicht alleine an der professionellen Ausbildung. Nein. Es gab da noch etwas anderes. Etwas anderes, von dem niemand auch nur etwas ahnte. Und auch nie ahnen durfte. Ich hatte Gaben. Seltsame Gaben.


Ich freue mich auf Eure Meinungen, Anregungen und Kritiken. Danke :)
***
Alle Autorität, die ich besitze, beruht einzig darauf, dass ich weiß, was ich nicht weiß.
Sokrates



©2014 by ShyanneNoirCoeur. Jegliche Wiedergabe, Vervielfaeltigung oder sonstige Nutzung, ganz oder teilweise, ist ohne vorherige schriftliche Genehmigung des Autors unzulaessig und rechtswidrig.

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