Alt
Die Jugend schon längst vergangen, alt wirst du sein,
kannst kaum noch laufen, jeder Schritt wird zur Pein –
die Gedanken in der Weisheit des Alters noch klar,
erkennen den Zustand des Körpers, wie‘s früher war.
Gelacht über der Väter Beschwerden du hast oft,
so was kann mir doch nie passieren immer gehofft.
Der Rücken krumm, viele innere Schmerzen,
jetzt weist du wie es ist, wenn andere scherzen.
Mit Wehmut denkst du an die Zeit deiner Jugend,
wo gerade die Gesundheit war die höchste Tugend.
Verwelkt das Antlitz im Alter, wie eine Blume,
das Lebenswerk zurückliegt mit allem Ruhme.
Dankbar du sein mußt für jeden Tag und Stunde,
an dem nicht kommt eine weitere Krankheitskunde.
Das hat man in der Jugend wohl kaum beachtet:
im Alter manch Krankheit jetzt dem Leben trachtet.
Verbraucht ist fast alles von deiner Lebensenergie,
erzähl dies der Jugend, die glaubt das meistens nie.
Die Jugend will und kann es nicht begreifen,
dass jeder Mensch letztlich zum Greis muß reifen.
So ist das Schicksal eines jeden vorbestimmt,
wenn er stirbt, die Himmelspforte dann erklimmt.
Doch bist du uralt, und dabei auch noch weise,
macht dir nichts aus dorthin die lange Reise.
Zufrieden wirst du sein mit deinem Leben,
hast dürfen lange auch nach Höherem streben.
Bist am Ende bereit, zu verlassen diese Welt,
nichts nimmst du mit, besitzt du noch so vieles Geld -
nur die Seele, die steigt ganz lautlos hoch empor,
beim guten Mensch – geht sie sogar durchs Himmelstor.
Der alte Körper bleibt zurück auf dieser Erde,
dass er zerfalle und zu Staub gemacht er werde.
Drum hab in jungen Jahren möglichst wenig Klagen,
die kommen im Alter alleine, und meist an vielen Tagen.
Autor: Werner May