Am nächsten Morgen werde ich durch ein Klopfen geweckt. „Ja?“, ich strecke mich und steige aus dem Bett. „Guten Morgen Becchen, ich wollte dir nur sagen, dass ich jetzt zur Arbeit gehe und, dass ich dir Frühstück gemacht habe“, erklärt meine Mutter, den Kopf durch die Tür hereingestreckt. „Danke Mama“. Lächelnd schließt sie wieder die Tür. Tja ein paar Vorteile hat es auf jeden Fall bei den Eltern zu wohnen, trotzdem bereue ich meine Entscheidung nach wie vor nicht. Ich mache mein Bett, lüfte mein Zimmer, wie jeden Morgen und schaue dann in der Küche nach was meine Mama für mich zubereitet hat. Pfannkuchen, habe ich irgendwas verpasst? Hat jemand Geburtstag? Verwirrt hole ich mir die Nutella aus dem Küchenschrank, bestreiche einen Pfannkuchen und wärme ihn nochmal in der Pfanne auf dem Herd auf. Ich denke meine Mutter hat Angst, dass sie mir egal werden könnte oder so. Sie will bestimmt, dass ich sie brauche. Ich meine ich ziehe aus, und mein Vater darf mir helfen, sie fühlt sich bestimmt unwichtig. Deshalb hat sie mir wahrscheinlich dieses Frühstück gemacht. Ja ich denke das macht Sinn. Und ich sollte mir wohl überlegen, wie ich ihr zeigen kann, dass ich sie immer brauchen werde. Aber trotzdem werde ich mich erstmal um meinen Umzug kümmern, bestimmt kann sie mir dabei auch irgendwie helfen. Nach dem Frühstück spüle ich alles ab und gehe wieder in mein Zimmer. Mit den Schränken bin ich soweit durch, aber Moment, mein Kleiderschrank! So voll wie der ist, kann ich nie im Leben alles mitnehmen. Dann mach ich mich mal an die Arbeit. Mit meiner Playlist im Ohr gehe ich Fach für Fach in meinem Kleiderschrank durch. Unglaublich was man alles findet, wenn man seinen Kleiderschrank ausmistet. Sachen die man ganz vergessen hatte, manche die man gerne mal wieder anziehen würde, andere die man wohl nie wieder anziehen wird. Als ich 2 große Kleiderhaufen auf meinem Bett habe und mein Kleiderschrank leer ist, putze ich gleich meinen Kleiderschrank aus. Die Altkleidersammlung stopfe ich in einen Sack, den Rest sortiere ich wieder ordentlich ein. Aber dann kommt mir, dass ich ja gar nicht alles aufzuräumen brauche. Die Winterklamotten werde ich noch nicht brauchen und die Sommerklamotten werde ich wohl nicht mehr brauchen. Also kommen die gleich in Kartons und nur meine Übergangssachen bleiben in meinem Schrank. Als ich schließlich auf die Uhr schaue bekomme ich einen Schreck, es ist schon kurz vor 14Uhr. Schnell eile ich ins Bad und mache mich frisch. Dann schnappe ich schnell Handtasche und Schlüssel und mache mich auf den Weg.
Als ich vor dem Haus stehe, fühle ich mich richtig gut und bin voller Tatendrang. Auf mein Klingeln, folgt ein „Hallo?“, aus der Sprechanlage. Das muss Josy sein. „Josy, ich bin’s Becca“, antworte ich. „Ah Becca, komm hoch“, und schon ertönt der Türsummer. Ich gehe nach oben, dort ist die Wohnungstür schon einen Spalt geöffnet. Ich trete einfach ein, schließlich weiß sie ja dass ich hochkomme. Josy sitzt lässig auf dem weißen Esszimmertisch, figurbetont gekleidet, wie ich sie kennen gelernt habe. Vor ihr steht ein junger Mann, der aussieht, wie der typische Surferboy. Groß, dunkelblondes Haar und braune Augen. „Hallo“, mache ich mich bemerkbar. „Hallo Becca, das ist Leo, er wohnt gegenüber in der gemischten WG und geht mit mir zur Uni“, stellt ihn Josy vor. Ich strecke ihm die Hand entgegen, doch bevor er sie ergreift mustert er mich kühl von oben bis unten. „Hallo Leo“, irgendwie fühle ich mich unwohl in seiner Gegenwart obwohl er echt attraktiv ist. „Hallo Becca“, erwidert er mit einem tiefen Blick in meine Augen. Ich breche den Augenkontakt zuerst ab. „Ähm Josy, ich hätte noch ein paar Fragen wegen dem Zimmer“, wende ich mich an Josy. „Ich wollte eh gerade gehen“, wiegelt Leo ab. „Bye Josy“, er umarmt sie und verschwindet mit einem „Tschüß Becca“, durch die Tür. „Bye Leo“, ruft ihm Josy nach. „Sorry ich wollte ihn nicht verjagen“, stelle ich klar, als er die Tür hinter sich zugezogen hat. „Alles gut, also was möchtest du wissen?“ Auf meine Nachfrage erklärt sie mir, dass Lilly nachher den Papierkram mit mir macht, dass die Miete aber überschaubar ist und auch alles andere schriftlich festgelegt wird. Dann erklärt sie mir noch, dass wer zuerst wach ist auch zuerst ins Bad darf. Klingt abenteuerlich aber wir werden sehen. Und alles andere wird sich einspielen meint sie. Sie weiß ja selbst noch nicht genau wie alles laufen wird, erinnert sie mich an ihren kürzlichen Einzug. „Mein Vater kommt nachher noch vorbei, ich hoffe das ist okay?“, kündige ich den Besuch meines Vaters an. „Klar, ich muss mein Zimmer auch noch vollends einrichten, du kannst dich ganz wie zuhause fühlen“, versichert sie mir. „Melde dich einfach, wenn du was brauchst“, bietet sie an und verschwindet im Flur. Ich begebe mich in mein zukünftiges Zimmer und mir fällt siedend heiß ein, dass ich gar keinen Meterstab dabeihabe. Hoffentlich hat Paps seinen dabei. Die Zimmertür geh nach innen auf, gegenüber ist eine Fensterreihe. Da würde ein Bett gut hinpassen. Der Platz hinter der Tür sollte für einen Kleiderschrank reichen. Und dann noch gegenüber vom Bett ein Schreibtisch, mehr werde ich wohl nicht brauchen. Das Vibrieren meines Handys reißt mich aus meinen Überlegungen. Papa: Ich stehe vor der Tür. Mir fällt ein, dass ich ihm gar nicht gesagt habe, wo er klingeln muss, aber so geht es ja auch. Ich gehe ins Treppenhaus, achte darauf, dass die Wohnungstür offen bleibt, dann öffne ich meinem Vater die Haustüre. „Hallo Paps, ich habe keinen Meterstab dabei. Hast du deinen?“, platze ich heraus. „Na klar Schatz“, lachend reicht er mir seinen Meterstab. Ich gehe voraus und führe meinen Vater in die Wohnung. Als ich die Wohnungstür hinter ihm schließe, schaut er sich interessiert um. „Etwas chaotisch, aber schön“, stellt er mit einem Blick auf die Umzugskartons fest. „Ja die Mädels sind auch erst eingezogen“, erkläre ich. „Wo sind die beiden denn?“, erkundigt sich mein Vater. „Josy ist in ihrem Zimmer und Lilly ist noch auf der Arbeit“. „Ah hallo, sie müssen Herr Ebinger sein“, ertönt es hinter uns. „Vollkommen richtig, hallo, meine Tochter nennt sie glaube ich Josy, wie darf ich Sie nennen?“, erkundigt sich mein Vater. „Josy passt“, erwidert Josy lächelnd. „Gut, ich bin der Fritz“, entgegnet mein Vater. „Freut mich Fritz“, Josy streckt meinem Vater die Hand entgegen. „Ganz meinerseits“, mein Vater ergreift die ihm angebotene Hand. Ich bin froh, dass mein Vater so locker auf ihr Äußeres reagiert. Ich weiß, dass er es nicht gutheißen würde, wenn ich so rumlaufen würde, aber sie ist ja nicht ich. Josy schnappt sich einen Karton aus dem Flur und geht damit wieder in ihr Zimmer. Ich zeige meinem Vater mein Zimmer. „Daraus sollte man was machen können“, stellt er fest. Ich erläutere ihm meine Pläne und er hilft mir beim ausmessen, damit der Kleiderschrank auch bei offener Tür platz hat und das Bett nicht zu nahe an den Schrank kommt. Mit einem Klopfen an der Tür, macht sich Lilly bemerkbar. Auch sie stellt sich meinem Vater vor und er darf sich zusammen mit mir den Mietvertrag anschauen. 400 Euro warm sind echt günstig. Ich habe zwar keinen festen Parkplatz aber dafür einen kleinen Kellerabteil. Für Waschmaschine und Trockner, daran hatte ich gar nicht gedacht. Lilly erklärt mir auf meine Parkplatzfrage hin, dass man einfach irgendwo in der Straße parken kann und es zur Not einen großen Parkplatz um die Ecke gibt. Lilly zeigt mir und meinem Vater das Kellerabteil, das ich auch gleich ausmesse, damit ich auch gleich Waschmaschine und Trockner kaufen kann. Zum Glück habe ich etwas angespart. Als sie das Kellerabteil abschließt, dreht sie sich zu mir um „Hier“, sie hält mir einen Schlüsselbund entgegen. Ich nehme ihn entgegen und schaue in an. 2 Schlüssel. „Der Viereckige ist für Haustüre und Wohnungstüre, der Runde ist für das Kellerabteil“, erklärt sie meine unausgesprochene Frage. „Danke“, antworte ich überrumpelt. Damit hatte ich noch nicht gerechnet. „Ich brauche nur eine Unterschrift dafür, wegen der Haftung und so“, fügt sie hinzu. „Klar, kriegst du“, willige ich ein. Wieder oben unterschreibe ich die Entgegennahme der Schlüssel und nach dem Okay meines Vaters auch gleich den Mietvertrag. Ich kann jetzt also ein und ausgehen wie ich möchte, erklärt mir Lilly. Offiziell wohne ich zum 01.11 hier, ein Donnerstag, eigentlich ganz praktisch, wegen meinem freien Nachmittag. Ich beschließe mich diese Woche einzurichten, aber erst ab nächster Woche Donnerstag hier zu schlafen. Lilly lädt uns ein zum Essen zu bleiben, aber ich will nicht gleich zur Last fallen und mein Vater lehnt mit einem Blick auf mich dankend ab. „Ich glaube meine Frau wartet daheim mit dem Abendessen, wir sollten los“. „Was schon so spät?“, schockiert schaue ich auf die Uhr. Tatsache schon nach 18 Uhr. Das mit dem Möbelgeschäft wird dann heute wohl auch nichts mehr, um alles zu finden werde ich ein paar Stunden brauchen. Wir verabschieden uns und ich kündige an, morgen nach dem Möbelgeschäft vorbeizukommen. „Danke Paps, ich wollte nicht gleich zum Essen bleiben, das wäre mir irgendwie unangenehm gewesen“, erkläre ich draußen. „Ich weiß, außerdem wartete Mama wirklich mit dem Essen, sie hat mir eine SMS geschickt“, antwortet er. „Na dann mal los“, ich steige in mein Auto und mein Vater in seines und hintereinander fahren wir nach Hause. Als ich daheim die Haustüre aufschließen stelle ich gleich am Geruch „Spaghetti!“, fest. „Hallo Becchen, ich weiß doch was du magst“, zwinkert mir meine Mutter entgegen, die aus der Küche auf den Flur getreten ist. Nach dem Essen kuschele ich mich zu meinen Eltern auf das Sofa und wir schauen, seit langem mal wieder, AWZ und GZSZ zusammen. Da ich es schon lange nicht mehr geschaut habe, muss ich ständig nachfragen, was ich verpasst habe. Früher war es wie eine Tradition, dass wir uns das jeden Abend zusammen angesehen haben. Aber seit ich arbeite und es immer wieder zu Streitigkeiten kam, ging ich eher auf Abstand, statt mich abends mit aufs Sofa zu kuscheln. Jetzt merke ich, dass ich das schon irgendwie vermisst habe. Irgendwie ironisch, in Anbetracht der Tatsache, dass ich bald ausziehe. Die 2 Wochen, die ich noch hier bin, werde ich das jetzt aber wohl wieder häufiger machen, nehme ich mir zumindest fest vor.