Traum einer trauernden Tochter
Das Wetter ist angenehm warm. Doch so traumhaft das Wetter ist, so ist es die Gegend in der ich bin nicht. Das Wohnviertel ist stark herunter gekommen. Also nicht gerade die Top Gegend.
Auf den Weg achte ich kaum, da mich meine Gedanken, ganz und gar in Anspruch nehmen. Ein metallic grüner Toyota fährt an mir vorbei, hält jedoch plötzlich.
Als ich dran vorbei komme, erkenne ich dass es mein Vater ist. Er fragt, ob ich mitkommen will. Nun da es sich bei ihm um meinen Vater handelt, und ich schon immer gerne mit ihm unterwegs war, stieg ich zu ihm in den Wagen.
Wir fahren teils durch vertraute Strassen und Orte, teils unbekannte. Gewundert habe ich mich nicht. Da ich die Spontaneität meines Vaters ja kenne, wusste ich das ich höchstens was neues kennen lernen kann, aber bei ihm mir nichts passiert. Doch die Fahrt hatte offenbar kein Ziel. Wo immer er hin wollte, wir kamen nie an. Stattdessen bin ich plötzlich im Krankenhaus auf der Intensivstation an dem Sterbebett meines Vaters. Er liegt friedlich da, die Arme an den Seiten gelegt. Eine ungewohnte Liegeposition für ihn. Seine Haut war blass, durch das Licht wirkte sie fast gelblich. Seine Ohren waren stets rot, als habe man ihm rechts und links jeden Tag eine drauf verpasst, doch nun waren sie in einem bläulichen Ton. Er fühlte sich kalt an. Unter seinen Augenliedern hatte sich Augenflüssigkeit angesammelt gehabt, die sich langsam den Weg drunter hervor bahnte und den Wangen hinab rollte. Als weine er mit mir um seinen Tod. Einen letzten Kuss gab ich ihm auf die Stirn. Die Sonne schien an jenem Abend. Es kam mir vor, als verspotte sie mich, als feiere sie den Tod meines Vaters, und dass ich hier zurück bleiben muss. Zu all dem Schmerz und der Leere die ich an diesem Abend empfand, mischte sich Hass hinzu. Der Ort veränderte sich. Wiese und Wald so weit das Auge reicht. Wildblumen, wie wir sie im Garten früher hatten. Die verschwommenen Unrisse eines Mannes waren zu erkennen. Er hielt irgendein Gefäß in der Hand und öffnete es. Der Inhalt wurde ausgeschüttet und vom Wind davon getragen. Ich folgte mit meinem Blick dem Gefäßinhalt der nun fortwehte. Es war Asche, nichts weiter. Ich ging auf die Stelle zu, wo der Mann gestanden hatte, der offenbar, während ich der Asche nachschaute, gegangen war. Eine Fotografie lag auf dem Boden. Ich hob sie auf und schaute sie mir an. Das war ich, sehr viel jünger natürlich. Wenn es hoch kam vielleicht sieben oder acht Jahre alt, mit meinen Eltern. Ich drehte das Foto um und las auf der Rückseite in feinsäuberlicher Handschrift die Worte: „ Auf ewig vereint, von Kummer befreit. „ Darunter war ein Geburtsdatum – mein Geburtsdatum, dazu ein Kreuz wie aus einem Buch was vor den Todesjahr steht, doch ein Jahr stand da nicht.
Wie auch, es ist ungewiss, wann es so weit ist, so wie es ungewiss ist, wie lange dieser Planet noch existiert. Obwohl in diesem Traum so viel Tragik gewesen ist, fühlte ich in dem Moment, als meine Asche davon getragen wurde, und ich die paar kleinen Worte auf der Rückseite des Bildes las, einen gewissen Frieden. Keiner von uns weiss, wann seine Stunde schlagen wird, und dies ist gut so, doch der Gedanke daran muss nicht immer negativ sein. Alles im Leben hat zwei Seiten, so auch diese.
Von Nymphadora
Am 06.09.2008 um 18:01 Uhr
Nana Nymphadore