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Das Geheimnis von Aabatyron Buch 3 Kapitel 15/02 - von Aabatyron, 17.08.2008
Das Geheimnis von Aabatyron Buch 3

Kapitel 15/02 Unendlichkeit der Zeit (Fortsetzung)

Christina konnte aufgrund ihrer telepathischen Fähigkeiten diese Gefahr spüren und ihr lief es bereits jetzt eiskalt über den Rücken. Angesichts dieser seltsamen Empfindung bei der Kontaktierung des Jungen Mannes entschloss sich Christina, ihn zu bitten, sie auf der Rückreise zur Erde zu begleiten. Er konnte vielleicht irgendwie zur Klärung dieser seltsamen Vorgänge beitragen. John wußte, dass sie auf dem Flug zur Erde genau an der Stelle vorbeikommen würden, wo zuvor das riesige Frachtschiff verschwunden war. Christina mußte deshalb nicht viel Überredungskünste aufwenden um ihn zu einer Mitreise zu bewegen. Vielleicht konnte er noch etwas von dem Frachtschiff entdecken. Der Rückflug würde nur zwei Stunden dauern. Dass sich John natürlich in einer der Beobachtungskuppeln des Schiffes für die gesamte Reise eingebucht hatte, war kein Zufall. Er wollte den Weltraum selbst nach Zeichen des Frachtschiffes absuchen. Nach einer halben Stunde – nur noch ein paar Sekunden, dann flogen sie an dem Ort vorbei, wo das Frachtschiff „verlorengegangen“ war. John hatte nur einen Ruf des Erstaunens, während er aufgeregt über die Kommunikationsanlage seine soeben gemachte Entdeckung verriet. Das Schiff war gerade an dem Frachter vorbeigeflogen. War denn der Kapitän der Tyron 47 blind? Fast wären sie mit dem Riesengetüm zusammengestoßen. Christina und Alexander waren die ersten, die in der Beobachtungskuppel ankamen. Der Kapitän wendete gerade das Schiff, um zu dem besagten „Fundort“ zurückzufliegen. Also der Kerl hatte seinen Flugschein vermutlich im Lotto gewonnen – dachte sich John und sprang instinktiv einen Schritt zurück, als der Frachter plötzlich bedrohlich nahe an der Panzerglaskuppel vorbeizog. Alle hörten das erleichterte Aufatmen von John der kreidebleich dastand und sich erst jetzt so richtig bewußt war, dass die Panzerglaskuppel einer Kollision nicht standgehalten, und der eisige Weltraum sofort alles Leben aus ihren Körpern gesaugt hätte. Kopfschüttelnd über so einen Tollpatsch von Kapitän stellte er sich wieder zu den anderen. Christina sah ihn verwundert an. War John verrückt geworden weil er diesen wertvollen Kristall nicht mehr besaß? Zuerst versetzte er das ganze Schiff in Alarmbereitschaft, dann sprang er in der Beobachtungskuppel herum wie wenn ihn gerade ein paar Zecken gebissen hätten – und dann beschimpfte er den Flugkapitän, dass dieser noch einmal die Kinderschule besuchen solle. Christina versuchte zu ergründen, welche Entdeckung John in solche Aufregung versetzt hatte. Er deutete nur hinaus in den dunklen Weltraum. „Seid ihr denn alle blind“, fragte er völlig entnervt. „Der Flugkapitän wäre doch gerade fast mit dem Frachtschiff dort draussen kollidiert“, erklärte er weiter den verdutzt um ihn herumstehenden. Christina konnte sich anstrengen wie sie wollte – ausser der eisigen Dunkelheit sah sie dort draussen überhaupt nichts. „Doch – da!“. Energisch versuchte John jetzt die anderen dazu zu bewegen, mit ihren Blicken seinem ausgestreckten Arm zu folgen. Ausser verständnislosen Blicken konnte er nichts erreichen. Konnte es wirklich möglich sein, dass sie das riesige Schiff dort draussen wirklich nicht sahen? – dies war doch unmöglich.
Christina spürte, dass der junge Mann tatsächlich meinte, was er sagte. Vorsichtig versuchte sie sich in seine Gedankenwelt einzuscannen. Auch für sie kam es fast wie ein Schock. Plötzlich sah auch sie das Containerschiff in seiner vollen Größe draussen dicht neben der Tyron 47 treiben. Alexander war der nächste, der das Containerschiff zu sehen bekam. Die anderen standen immer noch ratlos im Raum. Für sie gab es dieses Containerschiff dort draussen offensichtlich nicht.
Es gab wenig Dinge, die Christina in Aufregung versetzen konnten, aber die Tatsache, dass offensichtlich nur John, Alexander und sie selbst dieses Containerschiff sehen konnten und für alle anderen sich nur die Leere des Weltraums dort draussen zeigte, brachte sie ganz schön in Verwirrung. Christina war sich absolut sicher, dass von dem grünen Kristall seltsame Kräfte ausgegangen waren und jeder, der ihn berührt hatte anscheinend unter diesen Halluzinationen litt. Sofort kam die gedankliche Korrektur: Alexander hatte den Kristall nicht berührt und sah trotzdem diese Halluzination. Der logische Schluß ließ vermuten, dass dann nicht nur die Berührung eines dieser Kristalle diesen Effekt auslöste, sondern dass jeder, der eine telepathische Begabung besaß ebenfalls von diesen unbekannten Kräften beeinflusst wurde. Was aber, wenn all die anderen irgendwie beeinflusst wurden, damit sie vielleicht das Containerschiff nicht sahen, es aber wirklich real dort draussen im Raum schwebte? Eigentlich unmöglich, die Ortungsgeräte der Tyron 47 liesen sich nicht "telepathisch" beeinflussen. Christina mußte jetzt unbedingt herausfinden, welche Kräfte es fertigbrachten sie ein solches Trugbild wie real sehen zu lassen. Die Technik der Tyron konnte man nicht täuschen oder beeinflussen - den menschlichen Geist schon. Wenn man der Logik folgend Christinas Überlegungen nachvollzog, gab ihr bestimmt jeder recht, dass es dort draussen in Wirklichkeit kein Containerschiff gab, sondern eine bis jetzt unbekannte Kraft sie zwang, zu glauben dass das Bild welches sie sehen konnte, real war. Wie hätte sie auch in diesem Moment wissen können, dass es eine fremde Spezies gab, die über eine Technik verfügte, genau diese Unmöglichkeiten zu bewerkstelligen und nur die telepathisch begabten Individuen vor dieser "Beeinflussung" weitgehendst bewahrt wurden. Diese grünen Kristalle hatten eine ganz besondere Funktion - diese sollte Christina aber erst viel später entdecken.
Der Verstand sagte Christina, dass dort draussen im Weltraum ausser der eisigen Kälte nichts anderes war. Ihr Gefühl allerdings warnte sie in einer nie zuvor gespürten Intensität, dass dort draussen eine unheimliche Gefahr lauerte. Verstand - Gespür für Gefahr - Neugier. Ein innerer Kampf dreier Eigenschaften tobte sich gerade voll aus. Neugier - sie siegte und Christina entschied, dass man auf jeden Fall ergründen müsse, ob sich dort draussen im Weltraum nicht doch irgend etwas entdeckenswertes befand. Ausser Christina und Alexander war John sofort bereit, an dem kleinen Erkundungsflug zu dem Containerschiff teilzunehmen. Er war sich sicher, in wenigen Minuten seinen wertvollen Kristall wieder in den Händen halten zu können. Die größte Aufregung von John entstand nicht dadurch, dass alle anderen Besatzungsmitglieder der Tyron 47 ihn wegen seinem seltsamen Verhalten für verrückt hielten, sondern ihn hatte fast ein Fieber gepackt jetzt zu wissen, nur ein paar Augenblicke von dem Moment entfernt zu sein, der ihn und seine Familie sehr wohlhabend machen würde. Das Containerschiff schien unbeschädigt zu sein - also Gottseidank keinerlei Spuren zu sehen, dass sich etwa Diebe sich seines Schatzes inzwischen bemächtigt hatten. Johns Aufregung stieg, je näher sie mit dem Beiboot dem Containerschiff kamen. Die Besatzung auf dem Containerschiff hatte die Ankömmlinge offenbar schon bemerkt denn sie öffneten bereits die Landedeckluke wie zur Einladung, dort ihr Boot zu "Parken". Anscheinend war der Funk ausgefallen, denn Christina konnte auf keiner Frequenz eine Verbindung aufbauen. Vermutlich war das Containerschiff in einen der sich selten bildenden Energienebel geraten und deshalb versagte jetzt auf dem Schiff fast die gesamte Steuerung und Funktechnik. Wenn sich die Aussenhülle mit den Energien so eines Energienebels aufgeladen hatte, wäre dies auch eine Erklärung dafür, warum man es nicht von der Tyron 47 aus hatte zuvor orten können. Nachdem sie mit dem Beiboot der Tyron 47 in die Landeluke geflogen war und es auf der Landeplattform aufsetzte glaubte sie nicht mehr an eine Sinnestäuschung. Deutlich war das Geräusch zu hören gewesen, als das Boot auf der Stahlfläche aufgesetzt hatte. Die Landemagnethalterungen wurden aktiviert. Wäre das Containerschiff nur eine Sinnestäuschung gewesen, würden nach Aktivierung der Landefeldmagneten die Lastanzeigen der Generatoren deutlich melden, dass keine Feldverbindungen entstanden waren und der Untergrund nicht für die Magnetverankerung geeignet war. Die Energiewerte waren aber genau in der Größenordnung die bei einem Untergrund aus Metall benötigt wurden – folglich befand sich unter dem Beiboot real eine metallische Materie. Trotz allem verzichteten alle drei Besatzungsmitglieder nicht auf den Gebrauch von Raumanzügen – nur zur Sicherheit – die Sensoren zeigten zwar an, dass nach dem Schließen der Aussenschotts des Containerschiffs der Raum mit einer Sauerstoffatmosphäre geflutet wurde, aber niemand konnte wissen, ob sich in dieser Atmosphäre sich nicht irgendwelche schädigenden Stoffe befanden.
Während Christina, Alexander und John sich bereitmachten, aus dem Beiboot auszusteigen, hatte man auf der Tyron 47 eine mehr als merkwürdige Beobachtung gemacht. Das Beiboot war plötzlich dort draussen im Weltraum verschwunden. Auch die Sensoren meldeten gleichzeitig, dass alle Verbindungen zu der Mannschaft und der Steuerzentrale des Bootes abgebrochen waren. Das Beiboot schien einfach von einem Augenblick zum anderen von irgend etwas Unbekanntem verschluckt worden zu sein. Im gesamten Umfeld konnte man aber nichts erkennen, was in einer Form auf eine Gefahr hinwies. Noch während alle über diesen seltsamen Vorgang rätselten, bemerkten sie plötzlich, dass das gesamte Schiff mit einer Art elektrostatischer Energie aufgeladen wurde. Wo diese Energie so plötzlich herkam, konnte keiner herausfinden. Die empfindlichen Biospeicher der Navigationspositronik waren die ersten Komponenten, die dieser Aufladung zum Opfer fielen. Die Energie verdichtete sich immer mehr und an den Metallflächen huschten kleine Blitze entlang, die sich immer mehr verästelten und dann funkensprühend ihre Energie abgaben. Obwohl die Schirmfeldgeneratoren sofort hochgefahren worden waren, stieg die statische Aufladung immer stärker an. Die Energie schien nicht von aussen, sondern aus dem Innern der Tyron selbst zu kommen. Tatsächlich war die Energiedichte bei einem der Labors so hoch, dass die Detektoren Energiewerte bis an die Maximalgrenze ihres Messbereichs dort ermittelten. Der grüne Kristall – sonst befand sich nichts besonderes in diesem Labor. Eine der Beobachtungskameras bewies sofort diese Vermutung. Da wo man den Kristall in einer kleinen Transportkiste in einer der Vakuumkammern des Labors verstaut hatte, leuchtete eine riesige Energiekugel in blassgrüner Farbe und die Spannungsüberschläge suchten sich einen Weg über die metallenen Schiffswandungen aus dem Laborbereich um sich anschließend im gesamten Schiff zu verteilen. Mit einem ohrenbetäubenden Geräusch detonierte einer der Schirmfeldgeneratoren, als seine Steuerungseinheit von der Überladungsenergie durchflutet wurde. Der Kapitän ordnete sofort an, sämtliche Energiegeneratoren herunterzufahren um eine weitere Explosion zu verhindern. Die Abwehrautomatik des Schiffes war darauf ausgelegt, einen massiven Angriff von aussen abwehren zu können, aber nicht, um eine alles vernichtende Energieüberladung aus dem Innern des Schiffes selbst neutralisieren zu können. Die Aufladung wurde immer stärker und keiner getraute sich mehr, eine metallene Wandungsfläche mit der Hand zu berühren. Sämtliche Kommunikationsanlagen waren ausgefallen, obwohl sie mit Notstrom aus den Pufferspeichern gespeist wurden. Diejenigen von der Crew, die sich noch in den Beobachtungskuppeln aufhielten und nicht mehr zurück in die Steuerzentrale gehen konnten weil inzwischen auch keiner der Türöffnungsservos mehr funktionierte, erlebten jetzt ihre nächste Überraschung. Der bekannte Weltraum mit seinen im Hintergrund schimmernden tausenden kleinen Lichtern der Sterne, wurde immer undeutlicher zu sehen und die Lichter verschwanden ganz langsam. Die gesamte Beobachtung erweckte den Eindruck, als ob jemand von einem Bild momentan auf ein anderes Bild überblenden würde. Wie war so etwas möglich – und warum passierte dies gerade im Moment? Draussen konnte man jetzt ein kleines Planetensystem erkennen, das offensichtlich bewohnt war. So wie es aussah, war die Tyron 47 in ein anderes Kontinuum abgedrängt oder versetzt worden. Aber nicht nur die Tyron 47 hatte dieser Effekt ereilt, auch das Containerschiff schwebte dort draussen in dem unbekannten Raum. Die Tyron 47 drehte sich langsam um ihre eigene Achse und schien von einem Traktorstrahl in Richtung eines der Planeten gezogen zu werden. Ein Ausruf des Erstaunens machte all die anderen Besatzungsmitglieder auf eine neue Entdeckung aufmerksam: In der Nähe dieses Planeten, in dessen Richtung sie sich bewegten, befanden sich tausende Raumschiffe verschiedenster Bauart. So etwas hatte noch keiner der Mannschaft gesehen. Das ganze sah aus, als ob jemand all die Raumschiffe gesammelt und hier auf einem Haufen mitten im Raum deponiert hätte. Viele von ihnen waren durch die zwangsläufig bedingten Kollisionen beschädigt und mit Sicherheit manche aufgrund dieser Beschädigungen nicht mehr flugtauglich. Wer oder was immer die Tyron 47 und das Containerschiff hierhergebracht hatte, wollte bestimmt nicht irgend welche Flüge mit den Raumschiffen durchführen sondern hatte offensichtlich andere Absichten.
Als Christina und ihre beiden Begleiter aus dem Beiboot ausgestiegen waren und sich gerade auf dem Weg zu der Zentrale des Schiffes befanden um nach dem Verbleib der Besatzung zu suchen, hatten sie plötzlich das Gefühl, als ob sich das Schiff in Bewegung gesetzt hätte. Als Christina zu einer der Panzerglassichtfenster eilte und nach draussen sah, bestätigte sich ihr Gefühl – das Schiff bewegte sich tatsächlich. Aber was sie noch mehr überraschte als die plötzliche Bewegung des Schiffes, war die Tatsache, dass sich draussen die Sternenkonstellationen total verändert hatten. Sie bewegten sich auf ein kleines Planetensystem zu. Einer dieser Planeten war umgeben von.... tausenden Raumschiffen die wild durcheinandergewürfelt schienen und bestimmt von verschiedensten Rassen stammten. Das Containerschiff drehte sich langsam um die eigene Achse, und zu Christinas weiteren Verblüffung tauchte auch die Tyron 47 auf, die führerlos neben dem Containerschiff genau wie sie selbst auf diesen Raumschiffsfriedhof zuzutreiben schien. Das Containerschiff donnerte ungebremst in den Pulk der fremden Raumschiffe. Gottseidank war die Geschwindigkeit nicht sehr groß gewesen sonst hätte die Aussenstruktur dem Aufprall nicht standgehalten. Deutlich konnte man sehen, dass nicht nur das Containerschiff, sondern auch einige der anderen Schiffe beschädigt wurden. Auch John hatte den Vorgang beobachtet und sich irgendwo krampfhaft festgehalten, als die Kollision erfolgt war. Er wollte gerade erleichtert aufatmen weil er diese Aktion relativ unbeschadet überstanden hatte – nur ein paar blaue Stellen würden ihn später an dieses Erlebnis erinnern, da wurde er durch eine weitere Kollision quer durch den Raum geworfen. Noch nie hatte er von einem Menschen so eine schnelle Reaktion gesehen wie bei Christina. Sie hatte ihn blitzschnell an seinem Arm gepackt und festgehalten sonst wäre er vermutlich an der anderen Wandseite zerschmettert worden. John fühlte einen stechenden Schmerz in seinem rechten Arm und hatte fast das Gefühl, als ob jemand versucht hätte ihm den Arm auszureissen. Sogleich wurde ihm bewußt, dass Christina nicht nur eine ungewöhnliche Reaktion gezeigt hatte, sondern auch über unvorstellbare Kräfte verfügen mußte – schließlich hatte sie sich ja selbst auch noch festhalten müssen um nicht durch den gesamten Raum zu fliegen. Der Schmerz in seinem Arm wurde fast vom Schmerz in seinen Ohren übertroffen, der entstanden war, als die Tyron 47 voll gegen das Containerschiff aufgelaufen war. Wenn sie keine Raumanzüge getragen hätten, wären sie jetzt alle tot. Ein breiter Riss in der Hülle des Frachters lies die Atemluft mit einem saugenden Geräusch in den Weltraum entweichen und die Aktivierung der Heizung in ihren Raumanzügen verriet jedem, dass sich die frostige Kälte des Vakuums bereits im Innern des Schiffes ausbreitete. Das Beiboot war bei der Havarie nicht beschädigt worden. Christina gab sofort Order, sich in das Beiboot zurückzuziehen. Mit ihm konnten sie zur Tyron zurückfliegen. Die Aslanidenstahlpanzerung der Aussenhaut von den Tyron-Schiffen konnte durch so eine Kollision nicht soweit beschädigt werden, dass das Raumschiff dadurch fluguntauglich wurde.
Weder Christina, noch John oder Alexander kamen aber dazu, ihr Vorhaben auszuführen, mit dem Beiboot zur Tyron 47 zurückzufliegen. Bevor sie das Boot betreten konnten, waren sie plötzlich umringt von mindestens 30 Kampfrobotern einer ihnen unbekannten Bauart. Diese drei Meter großen Maschinen waren mit sechs Armen ausgerüstet die sich sofort den am nächsten stehenden griffen und festhielten. Als ersten hatte es John erwischt. Er stöhnte vor Schmerz auf, als einer dieser Stahlgesellen ihn genau an der Stelle seines Armes packte, an der er zuvor bei der Kollision eine Verstauchung erlitten hatte. Als nächstes Ziel hatten sich diese Burschen Christina ausgewählt. Während John von den sechs tentakelartigen Armen seines Kidnappers zur Bewegungslosigkeit verdammt festgehalten wurde hatte das Stahlmonster es bei Christina nicht so leicht sie gefangenzusetzen. Wieselflink entzog sie sich dem ersten Versuch, sie gefangenzunehmen. Im nächsten Moment hatte sie gleich vier dieser Burschen auf dem Hals. Dass sich diese Ungetüme sehr schnell in ihrer Bewegungsgeschwindigkeit umstellen konnten erlebte Christina jetzt auf schmerzliche Weise. Einer von ihnen erwischte ihren Arm und die zangenartigen Greifhände schlossen sich mit unbändiger Kraft um ihr Handgelenk. Überrascht stellte sie fest, dass jetzt genau von dieser Stelle aus, an der dieses Stahlmonster ihr Handgelenk umfasste, ein stechender Schmerz ausging. Diese Monster besaßen offensichtlich übermenschliche Kräfte. Bevor sie sich von ihrer Überraschung erholen konnte, war auch sie gleich John zur Unbeweglichkeit verdammt. So etwas war ihr schon lange nicht mehr passiert – dass sie sich trotz ihrer besonderen Körperkräfte nicht mehr aus so einer Umklammerung befreien konnte. Selbst bei Alexander brachten es diese Burschen fertig, ihn gefangenzusetzen. Christina war jetzt wirklich etwas desorientiert – warum hatte Alexander nicht seine Körperform gewandelt und war diesen Ungetümen auf diese Art entkommen? Konnte er seine speziellen „Kräfte“ in diesem anderen Kontinuum vielleicht gar nicht anwenden, oder hielt er sich vorläufig zuerst einmal diplomatisch zurück um dadurch den anderen helfen zu können? Sie kam gar nicht zu einem weiteren Nachdenken. Die Robotereinheiten stellten sich in einem Kreis auf und wurden mitsamt ihren Gefangenen von einem Transportfeld erfasst. Auf jeden Fall befanden sie sich im nächsten Moment auf dem Grund eines riesigen Turms. Man hatte auch die anderen Besatzungsmitglieder der Tyron 47 hierher verschleppt. Soviel Christina erkennen konnte, hatte man auch die Crew des Containerschiffes als Gefangene hierher gebracht. Welchem Zweck diese Aktion diente, war vermutlich keinem bewußt. Ausser den Menschen hatte man noch viele andere Wesen an diesen ominösen Ort verschleppt. So viele fremde Spezies hatte Christina noch nie zusammen an einem Ort gesehen. Anscheinend wurden aber alle Spezies nach Rassen getrennt.
Die Aussenwandung des Turmes bestand aus vielen Räumen mit Türen die sich automatisch öffneten und schlossen. Jede der Türen endete in einem ringförmigen balkonartigen Steg, auf dem man alle Türen einer gesamten Ebene erreichen konnte. Hunderte von Aufzügen verbanden diese ringförmigen Balkone untereinander. Als Christina nach oben blickte, schienen die Ebenen sich nach oben in der Ferne zu verlieren und kein Ende zu nehmen. Christina konnte sich nicht des Gefühls erwehren, dass diese Einrichtung aussah wie ein gigantisches Gefängnis. Warum man aber all die Wesen gefangengenommen hatte ergab keinen Sinn. Nach einer Weile trieben diese brutalen Stahlmonster die Menschen zu einer Gruppe zusammen und drängten sie in Richtung einer der Aufzüge. Kaum waren alle in der Kabine versammelt, setzte sich diese mit einer hohen Geschwindigkeit nach oben in Bewegung. Christina hatte bestimmt schon mehr als 150 Stockwerke gezählt, aber die Fahrt ging immer weiter. Dann, nach 1256 Ebenen, hatten sie ihr Ziel erreicht. Die Stahlmonster schoben die Menschen unsanft aus der Kabine auf den balkonartigen Rundgang. Kaum hatte der letzte die Kabine verlassen, sauste sie schon wieder in einem mörderischen Tempo nach unten. Nachdem sie an 35 Türen vorbeigekommen waren, schienen sie an ihrem Endziel angelangt zu sein. Die Türe, vor der sie standen fuhr zur Seite und gab einen Raum, oder besser gesagt einen riesigen Saal frei. Allerdings befanden sich in diesem Saal schon einige „Gefangene“ von der Erde. Die Familie des Edelsteinhändlers war so gut wie jedem aus den verschiedenen Nachrichten bestens bekannt. Plötzlich tauchten auch wieder einige der Bergarbeiter auf, deren Verschwinden man auf den Leichtsinn zurückgeführt hatte, dass sie sich auf eine Suche nach diesen grünen Kristallen während des dreiviertelstündigen Zeitfensters des alltäglichen Klimawechsels auf STRATO73-A gemacht hatten. Die Kristalle hatten sie gefunden, aber nicht den erwarteten damit zusammenhängenden Reichtum. Alle erzählten die gleiche Geschichte. Als sie den gefundenen Schatz mit der Hand berührten, sahen sie sich fast im nächsten Moment in dieses mehr als rätselhafte Gebäude versetzt, ohne zu wissen wo sie waren, wie sie eigentlich hierhergekommen waren – und vor allem, warum man sie entführt hatte. Warum die Frau des Diamantenhändlers allerdings hierher versetzt worden war, erschien Christina zunächst ein Rätsel. Laut den Berichten war der wertvolle Kristall in den Tresoren der Firma des Händlers sicher verschlossen gelagert gewesen. Seine Frau kannte die Kombinationsnummer des Geschäftstresors nicht. Jetzt allerdings gestand sie Christina, dass sie die Nummer doch kannte und heimlich den Kristall aus dem Tresor genommen hatte um ihn zu betrachten. Dabei hatte sie ihn berührt und fand sich im nächsten Moment hier in diesem seltsamen Gebäude. Ihre Tochter hatte schon befürchtet, dass ihrer Mutter etwas zugestoßen war und ging deshalb auch in den Tresorraum um nach ihr zu sehen. Sie hatte nur gesehen, dass der Tresor geöffnet worden war und der grüne Kristall davor auf dem Boden lag. Nachdem sie ihn wieder in den Tresor zurückgelegt hatte und die Türe schließen wollte, befand sie sich plötzlich an diesem fremden Ort. Auch ihr Onkel, der Geschäftspartner ihres Vaters, hatte es hierher verschlagen. Nachdem er morgens festgestellt hatte, dass der Tresor offenstand, wunderte er sich, dass die vermeintlichen Einbrecher nicht den wertvollen Kristall mitgenommen hatten – auch zwei der Sicherheitstüren waren zuvor offengestanden. Vielleicht hatten die raffinierten Burschen in dem Tresor eine „Fälschung“ platziert. Also nahm er den Kristall aus dem Tresor und begutachtete ihn sehr sorgfältig. Der Kristall schien echt, und nicht ausgetauscht worden zu sein. Sicherheitshalber kontrollierte er ihn noch einmal mehr als ausgiebig – und plötzlich war er umgeben von diesen Stahlmonstern hier in diesem riesigen Gebäude.
Für Christina stand jetzt eindeutig fest, dass diese grünen Kristalle eine ganz besondere Funktion besassen. Sie hatten offensichtlich für die Menschen die gleiche Funktion wie der Zucker für die Ameisen – sie sollten sie anlocken damit man sie gefangennehmen konnte. Warum man allerdings dieses Gefängnis gebaut hatte und es jetzt mit allen möglichen Rassen und Spezies vollstopfte, entzog sich ihrer Vorstellungskraft völlig. Das ganze ergab einfach keinen Sinn.
Ausser diesen Dreimeter-Metallriesen schien es keine anderen Hinweise auf eine Spezies zu geben, die für die ganzen Aktionen verantwortlich zeichneten. Christina konzentrierte sich auf ihre telepathischen Fähigkeiten und ließ ihre Gedanken auf Wanderschaft gehen. Dieser Turm hatte gigantische Ausmaße und die meisten Räume waren mit irgend welchen Individuen belegt. Tausende verschiedener Spezies waren zwangsläufig hierher entführt und gefangengenommen worden. Fast zwei Stunden saß Christina in Trance auf ihrem Platz und durchstreifte gedanklich die vielen Räume mit ihren darin gefangenen Seelen. Fast hatte sie das Gefühl, als ob man hier versuchte, einen intergalaktischen Zoo aufzumachen. Ihre Konzentration wurde unterbrochen, als sich plötzlich an einem Teil der Wand eine zuvor nicht erkennbare Luke öffnete und ein Kesselartiges Gefährt in den Raum gesteuert wurde. Die ohnehin schon mehr als stickige Luft war schlagartig erfüllt mit dem ekelerregenden Geruch von Lebensmitteln, die ihr Verfallsdatum schon längst hinter sich hatten. Tatsächlich bestand der Inhalt dieses Kessels aus einer Art Breimasse die eher zum Erbrechen des Mageninhalts aufforderte anstatt sie als Nahrung aufzunehmen. Aber der Sinn dieser Aktion war unschwer zu erkennen: Fütterungszeit. Dieses ekelhafte Zeug war offensichtlich die Nahrung, die man den Gefangenen zugedacht hatte. Einer der schon länger in dieser Einrichtung verweilenden Bergbauarbeiter schien der Geruch dieses Ekelbreis nicht zu stören - wenn man Hunger hatte, dass schon der Magen schmerzte, konnte man auch so ein Ekelzeug hinunterwürgen. In der Breimasse waren genügend Nahrungsstoffe um einen biologischen Organismus überleben zu lassen und auch die für ihn dringend benötigte Flüssigkeit. Für die Nahrungsaufnahme dieses "Nahrungsbreis" gab es in einem Fach dieses Essencontainerwagens kleine schüsselartige Gefäße mit denen man sich seine benötigte Nahrungsmenge aus dem großen Kessel entnehmen konnte. Wenn der Bergbauarbeiter gewußt hätte, aus welchen Zutaten dieser Brei tatsächlich bestand, wäre er vermutlich lieber verhungert, als je von dieser fast flüssigen Masse zu kosten.
An den Geräuschen konnte man erkennen, dass diese Fütterung anscheinend überall in den Zellen gerade stattfand. Christina war es nicht darum jetzt von diesem ungenießbaren Zeug zu kosten, sie konzentrierte sich wieder auf ihren telepathischen Erkundungsgang. Bisher hatte sie diese sechsarmigen Stahlmonster nicht zum Ziel ihrer Gedanken gemacht - ein Roboter sendete keine ausspionierbare psionischen Energien aus. Erst der Zufall wollte es, dass sie eine erste grausige Entdeckung machte.
Ihre Suche nach den vielfältigen Gedanken der verschiedenen Individuen wurde plötzlich von einer Psienergiewelle mit großer Intensität unterbrochen. Offensichtlich hatten diese Roboter ein Wesen gefangen, dass sich gerade verzweifelt wehrte, in einen der Räume eingesperrt zu werden. Christina scannte sich in die Gedankenwelt dieses Wesens ein - es war ein Moorg. Die Moorgs waren eine Spezies, die über ungewöhnliche Körperkräfte verfügten und ein Kampfgewicht wie ein Elefant auf die Waage brachten. Zwei der Roboter hatten den Moorg gepackt und wollten ihn in den Gefängnisraum hineindrängen. Als der Moorg einen der Tentakelarme des Roboters zu fassen bekam, halfen dem Roboter auch seine hydraulikähnlichen Kräfte nicht mehr viel. Mit einem knirschenden Geräusch riss der Moorg den Tentakelarm einfach ab und versuchte sogleich den nächsten Arme zu erwischen. Christina war für einen kurzen Moment völlig verblüfft - sie hatte sich bestimmt getäuscht. Es konnte unmöglich wahr sein, dass der Roboter einen "Schmerz" bei dieser Aktion gefühlt hatte. Als der Moorg dem Roboter den nächsten Arm ausriss, wurde sie eines besseren belehrt. Deutlich fühlte sie, dass der Roboter nicht nur Schmerz empfinden konnte, sondern auch plötzlich das Gefühl von Angst und Panik von Ihm auszugehen schien. Der Moorg war sich indessen gewiß, den Kampf gegen die Roboter zu gewinnen und sich wieder befreien zu können.
Gleichzeitig mit dem Laut einer ohrenbetäubenden krachenden Energieentladung fühlte Christina den kurzen Schmerzimpuls der Sinneszellen des Moorgs bevor seine Psienergien für immer verstummten. Offensichtlich hatten die Roboter den Moorg mit einer Energiewaffe getötet. Schmerz - der Roboter, der zwei Arme verloren hatte, sendete noch immer diesen Impuls auf psionischer Ebene aus. Christina konzentrierte sich auf die Quelle dieser ausgesendeten Energien. Sie lag tief im Innern dieses Stahlmonsters und bestand - aus einem biologischen Zellenverband, dem menschlichen Gehirn gleich. Ein Check der anderen Roboter zeigte die überraschende Tatsache, dass diese Roboter tatsächlich ein biologisches Gehirn besassen. Die Nervenzellen waren mit der Steuerelektronik über tausende winzig kleiner Verbindungsleitungen zusammengeschaltet und eine Bioeinheit versorgte diese Gehirnzellen mit der benötigten "Nahrung". Christina drang tiefer in das Bewußtsein dieser Gehirnzellen ein. Es war mehr als ein Schock zu erfahren, was dies für Wesen waren, die ihre Gehirne in einem Stahlpanzer untergebracht hatten - und vor allem, wie sie die dazu benötigte "Nahrung" erzeugten.

In dem Stahlpanzer verborgen waren auch die Organe vorhanden, die den Blutkreislauf aufrechterhielten und zur Wandlung der "Nahrung" notwendig waren. Dass diese Organe in einem Verbund mit der biotronischen Steuerung angeordnet waren, bedeutete eigentlich keine besondere Überraschung oder war Christina als Technologie fremd. Auch bei den Menschen hatte man bei manchen inzwischen nach einem Unfall oder bei Krankheiten bei denen ein Organ seinen Dienst aufgab, schon mit der Einpflanzung von künstlichen Organen das Leben der betroffenen Person erhalten können. Mittels sehr langlebiger Mikropumpen und modernster Steuerungstechnik zum Beispiel konnte man heutzutage sogar ein Herz problemlos ersetzen. Die selbstlernenden Positronikprogramme waren sogar in der Lage, die Strömungsgeschwindigkeit des Blutes bei einem Träger eines solch künstlichen Herzens den Gemütsverfassungen und den körperlichen bedingten unterschiedlichen Leistungsänderungen anzupassen. Auch die Dialyse war vollständig durch eine Microregenerationseinheit für das Ausfiltern der Giftstoffe aus dem Blut ersetzt worden. Diese "künstliche" Nieren gab es schon seit ein paar Jahren - mit immer besserer Funktionsfähigkeit. So wie es aussah, waren sie alle von einer Rasse entführt worden, die ihren Körper weitgehendst durch eine entsprechende Technik ersetzt hatten und nur noch wenige biologische "Komponenten" dabei übriggeblieben waren.
Das war Christina in den Gedanken des Qwuaahl erfuhr war mehr als schockierend. Vor tausenden von Jahren hatten sie eine ähnliche Entwicklungsstufe wie die Menschen heute besessen. Die Medizin machte große Fortschritte und wer das entsprechende Geld besaß, konnte sich sein Leben durch die entsprechende Einpflanzung von Spenderorganen und künstlichen Bionischen Komponenten verlängern. Wurde der Körper durch eine Krankheit oder durch einen Unfall dahingerafft, konnte jeder sich in einen Kältezustand versetzen lassen, um bei einem späteren medizinischen Fortschritt wieder ins Leben zurückgerufen zu werden. Allerdings hatte diese Methode wenig Erfolg verzeichnet. Schnell wurde bekannt, dass viel Geld dafür bezahlt wurde, um nach ein paar Jahren festzustellen, dass die tiefgefrorenen Körper nie mehr ohne erhebliche Schäden des Gehirns aufgetaut werden konnten. Jetzt investierten viele dieses Geld nicht mehr in eine spätere Wiederbelebung, sondern in die Anfertigung eines sogenannten bionischen Körpers. Dieser Körper bestand hauptsächlich aus technischen Komponenten und nur noch wenigen biologischen Organen. Nach einem Unfall konnte das noch intakte Gehirn in diesen bionischen Körper verpflanzt werden und die noch funktionsfähigen Organe wurden einer Organbank zugeführt. Dass meist nur die wohlhabenden Qwuaahls zum Schluss so einen Bionischen Körper besassen, und die Armen zu der Organspenderrolle verdammt waren, bedeutete eine Ironie des Schicksals. Manche der sehr wohlhabenden Qwuaahls warteten erst gar nicht, bis sie aufgrund einer Krankheit oder eines Unfalls ihren Bionikkörper benötigten, Sie hatten die Vorteile eines solchen künstlichen Körpers schnell erkannt: Ungewöhnliche Körperkräfte, keine Krankheiten, und vor allen Dingen waren sie praktisch unsterblich geworden. Innerhalb weniger Jahrhunderte gab es viele mit einem bionischen Ersatz- Körper und immer weniger Organspender. So vorteilhaft es war, praktisch in so einem Ersatzkörper quasi ewig leben zu können, das Problem der Organbeschaffung wurde immer kritischer je mehr die Zahl derer abnahm, die für Nachwuchs sorgen konnten. Jeder, der sich finanziell so einen Körper hatte leisten können, war sich jetzt bewußt, dass er nie einer nächsten Generation seine Erbmerkmale übergeben konnte. Auf dem riesigen Planet hatte sich praktisch eine Zweiklassengesellschaft gebildet. Diejenigen, die sich den Luxus ewigen Lebens leisten konnten, und die anderen, die Nachts nicht mehr ruhig schlafen konnten - immer in der Angst leben der nächste zu sein, den die Organjäger dazu ausgewählt hatten, als Spender zu dienen.
Irgend wann war dann doch der Zeitpunkt gekommen - es gab nur noch die Gruppe derjenigen, die mit fremden Organen teilweise fast ein halbes Jahrtausend überlebt hatten. Die letzten Ersatzteile die man noch von den Organbanken kaufen konnte, kosteten ein kleines Vermögen. Der langsame Tod schien für alle vorprogrammiert.
Fast durch Zufall wurde eine Lösung des Problems entdeckt. Nur wenige Lichtjahre vom Heimatplanet der Qwuaahls hatte eine andere Rasse sich inzwischen technisch so weiterentwickelt, dass sie den interstellaren Raumflug beherrschten. Auf einem ihrer Erkundungsflüge fanden sie auch den Planeten der Qwuaahls. Infolge einer Fehlfunktion ihrer Landeanflugsteuerung setzte das Raumschiff nicht wie geplant auf der Planetenoberfläche auf, sondern man konnte diese Landung durchaus auch als Absturz bezeichnen. Dass leider viele Besatzungsmitglieder dabei ihr Leben verloren oder teilweise schwerverletzt wurden war ein mehr als tragisches Ende ihres Erkundungsfluges. Gottseidank war der Planet anscheinend bewohnt und die Bewohner konnten ihnen vielleicht helfen, ihr Raumschiff wieder instandzusetzen. In der Hoffnung Hilfe zu bekommen, erwarteten die wenigen Überlebenden die Gruppe der Qwuaahls, die sich im Anmarsch auf das abgestürzte Raumschiff befand. Allerdings hatten die heranrückenden Qwuaahls keinerlei Interesse an der Rettung der Verletzten und Versorgung deren äußerlichen Wunden, sondern sie interessierten sich nur für die "inneren Werte" der gestrandeten Weltraumerkundler. Bevor die überlebenden Schiffsbrüchigen sich bewußt wurden, dass sie offensichtlich Organjägern der übelsten Sorte in die Hände gefallen waren, war es für eine Gegenwehr schon längst zu spät.
Dass einige besonders wohlhabende Qwuaahls jetzt wieder von der Organbank die dringend benötigten "Ersatzteile" bekommen konnten, verbreitete sich auf dem gesamten Planeten wie ein Lauffeuer. Die Organjäger, die zuvor schon zwangsläufig unter ihrer eigenen Rasse angefangen hatten dringend benötigte "Funktionsteile" für die bionischen Körper zu beschaffen hatten plötzlich eine völlig neue Quelle entdeckt, den mehr als großen Bedarf zu decken. Sie setzten auch das Raumschiff der gestrandeten Forscher wieder in einen flugtauglichen Zustand, aber nicht um diesen armen Geschöpfen zu helfen, sondern um zu deren Heimatplaneten zu fliegen und die "Jagdsaisson" zu eröffnen. Von der ursprünglichen Besatzung des abgestürzten Raumschiffes lebte inzwischen keiner mehr - zumindest nicht als einzelnes Individuum. Diejenigen der Qwuaahls, die schon über Jahrhunderte in ihren bionischen Körpern überlebt hatten und sich mangels dringend benötigter frischer "Biomasse" schon dem Tod nahe wähnten, konnten jetzt sinngemäß aufatmen - ihr Volk hatte endlich einen Weg gefunden, diesen Bedarf zu decken. Dass sich die Organjäger immer raffiniertere Fallen einfielen liesen, um Angehörige anderer Spezies in ihr "Fanggebiet" zu locken, brachte einfach die Zeit mit sich, die sie zur Verfügung hatten.
Ein besonders guter Fang war das Forschungsschiff einer sehr hoch entwickelten Rasse von einer anderen Galaxie. Diese Rasse hatte eine technische Möglichkeit gefunden um nicht nur im Raumkontinuum reisen zu können, sondern auch zwischen den verschiedenen Kontinuumsebenen. Ein grüner Drafftkristall war der Schlüssel zu dem Geheimnis. Er besaß die Kraft, jeden beliebigen Gegenstand in eine andere Dimension versetzen zu können. Die Steuerung gestaltete sich zwar sehr kompliziert, aber letztendlich liesen sich die Kräfte dieser Drafftkristalle doch beherrschen. Auch auf dem Heimatplaneten der Qwuaahls gab es diese Drafftkristalle – sogar in riesigen Mengen. Nachdem man sie entdeckt hatte und auch ihre Funktion kannte, wurde emsig daran gearbeitet, sich ihre Kräfte zunutze zu machen. Seltsamerweise schienen alle Spezies gleichermaßen von den geheimnisvollen Kräften dieser Drafftkristalle wie magisch angezogen zu werden. Wenn man einen Drafftkristall teilte und die abgetrennte Hälfte in einer anderen Dimension oder Galaxis plazierte, wurde derjenige, der dieses Teil berührte, unbarmherzig in die Ebene und in den Raum gezwungen, in der die andere Hälfte des Kristalls aufbewahrt wurde. Dies funktionierte selbst mit kleinsten abgetrennten Kristallsplittern. Das Ziel, wo sich alles wieder sammelte, war immer derjenige Ort, wo sich die größere Hälfte der Drafftkristalle befand. Fortan brauchten die Organjäger nur durch die Galaxien zu reisen und auf allen Planeten diese Kristalle wie Köder auslegen. Irgendwann wurden sie von abenteuerlustigen Wesen gefunden und schon hatte man wieder in den Organbanken den benötigten Nachschub.
Christina packte das blanke Entsetzen, als sie sich bewußt wurde, dass man auch die Menschen mit diesen Drafftkristallen angelockt hatte, wie mit Speck die Mäuse. Dieser Turm war praktisch die Sammelstelle aller in die Falle getappter Individuen und von dort wurden sie einer nach dem anderen abgeholt und verschwanden für immer in den Portalen der Organbanken.
Als sie den anderen Gefangenen im Raum ihre Entdeckung mitteilte, breitete sich auch bei diesen das blanke Entsetzen aus. Einige Dinge, die sie noch in den Gedanken des Qwuaahls gelesen hatte, verschwieg sie allerdings den anderen. Vermutlich wäre nicht nur Angst und Panik aufgekommen, wenn sie ihnen verraten hätte, dass der übelriechende Nahrungsbrei aus den nicht verwertbaren Resten der bedauerlichen Individuen bestand, die man bereits durch die Eingangsportale der Organbanken geführt hatte.
Jetzt galt es vorrangig, einen Plan zu schmieden, diesen finsteren Gesellen entkommen zu können und vor allen Dingen diese Drafftkristalle zu vernichten. Wenn sie nicht mehr existierten, konnten zumindest keine weiteren Opfer mehr in die Falle gelockt werden. Christina schmiedete zusammen mit Alexander einen Plan, wie man die überaus kräftigen Stahlmonster bezwingen konnte.

Jedesmal, wenn die "Fütterungszeit" gekommen war bildete sich in der Wand der Zelle eine Öffnung, durch die das Gefährt mit dem "Nahrungsmittelkessel" in den Raum gefahren wurde. Nach knapp einer halben Stunde, die gleiche Prozedur, nur dass das Gefährt durch die entstandene Öffnung den Raum wieder verließ. Dass für einen normalen biologischen Organismus eine Flucht durch diese Versorgungsschächte nicht ratsam oder nahezu unmöglich erschien, bewies das Vorhandensein einer überaus gefährlich erscheinenden Energiebarriere. Einer der Bergbauarbeiter, dessen Drang nach Abenteuerlust, so einen grünen Kristall zu erbeuten und reich zu werden, auch in dieses Gefängnis geführt hatte, konnte dies sofort bestätigen. Die schweren Verbrennungen an seiner rechten Hand waren nicht durch die Überschreitung der Fensterzeit für die Suche nach dem Kristall gekommen, sondern dadurch, dass auch ihm schon der Gedanke gekommen war, das Gefängnis über den Weg der Versorgungsschächte zu verlassen. Dabei hatte er noch Glück gehabt, dass er sich wieselflink sofort wieder aus dem Gang zurückgezogen hatte, bevor die Luke geschlossen worden war. Seine Hand hatte einer dieser Laserstrahlen voll erwischt, Spuren an den Beinen zeigten deutlich, dass es von diesen "Fluchtverhinderern" nicht nur eine Installation in dem Versorgungsschacht gab.
Seit ihrem unangenehmen Erlebnis bei der Zeitreise war Christina etwas vorsichtiger und stürzte sich nicht mehr so wie früher gleich in ein Abenteuer, von dessen Ausgang sie Zweifel hatte, dass sie es überstehen würde. Die Zeitreise hatte deutlich gezeigt, dass auch sie mit ihren besonderen Fähigkeiten nicht gegen alle Gefahren gewappnet war und jede Art von Einwirkung auf ihren Körper abwehren konnte. Dieses Gefängnis befand sich in einem anderen Kontinuum mit vermutlich völlig anderen Physikalischen Gesetzmäßigkeiten wie diejenigen, die auf der Erde herrschten. Also war äusserste Vorsicht angesagt. Alexander indessen hatte schon getestet, ob seine Fähigkeit, das Energieniveau seines Körpers beliebig verändern zu können, auch in diesem Kontinuum funktionierte. Der Test war zum Erstaunen aller positiv verlaufen. Erstaunt waren einige zurückgesprungen, als Alexander plötzlich als "Energiewolke" im Raum schwebte. Manchen packte sogar die Panik darüber, dass er dachte, nun habe seine letzte Stunde geschlagen. Gewiss, dass eine unbekannte Waffe soeben den Körper von Alexander "aufgelöst hatte", schlossen sie mit dem Gedanken Freundschaft, dass es ihnen im nächsten Moment ebenfalls passieren würde. Die Rückwandlung der Energiewolke in den zuvor gesehenen biologischen Körper, funktionierte ebenfalls und Christina hätte wetten können, dass diese Vorstellung manche jetzt mehr geschockt hatte als die bittere Erkenntnis, sich von einem Moment zum anderen plötzlich nicht mehr auf der Schatzsuche zu befinden und sich über seinen soeben gemachten Fund freuen zu können, sondern in einem muffigen Gefängnis mit mehr als ungewissem Schicksal. Keiner würde je die erste Nacht der Gefangenschaft vergessen, in der immer wieder die verschiedensten Klagelaute der gemarterten Individuen durch die schwere Stahltüre ihres Gefängnisses drangen und sie aus einem sowieso schon unruhigen Halbschlaf hochschrecken liesen. Es gab eigentlich gar keine Beschreibung dafür, was dies für ein Gefühl war, aus dem schlimmsten Albtraum den man je im Leben hatte, aufzuwachen um dann festzustellen, dass alles Realität war. Vermutlich erging es vielen der anderen geplagten Seelen in diesem Gefängnis ebenso. So fremdartig sie auch waren - auch sie waren teilweise mitten aus ihrer Familie gerissen und hierher an diesen verwunschenen Ort transportiert worden.
Die nächste "Fütterungszeit" war gekommen - Alexander hatte sich bereits darauf vorbereitet, die Flucht bei dieser Gelegenheit durch den Versorgungsschacht zu wagen. Obwohl er den im Raum Anwesenden erklärt hatte, dass er über besondere Fähigkeiten verfüge, sprangen einige doch noch bis ins hinterste Eck des Raumes, als er sich plötzlich in eine Energieform wandelte, die für die Anwesenden völlig fremdartig erschien. Manche allerdings schöpften jetzt doch die Hoffnung, ihre Familie wiedersehen zu können. Wenn es so ein Kristall fertigbrachte, sie einfach in eine andere Dimension an einen anderen Ort zu versetzen - da war es doch auch denkbar, dass es die Fähigkeit der Körperwandlung geben konnte. Wer solche Fähigkeiten besaß, seinen Körper vor aller Augen in eine gleißende Energieform zu verwandeln, besaß vielleicht doch auch die Fähigkeit, aus diesem Gefängnis ausbrechen und später all die anderen befreien zu können.
Alexander nahm direkten Weg in den Versorgungsschacht. Sofort wurde die Luke von der schweren Panzertüre geschlossen und das einsetzende donnernde Geräusch der Laserwaffen zeigte, dass man die Flucht sehr schnell entdeckt hatte und entsprechende Gegenmaßnahmen traf.
In dem Raum wurde es totenstill. Betroffen standen alle da und waren sich gewiß, dass diese massiven Abwehrreaktionen jegliches Leben das sich in dem Versorgungsgang zuvor aufhielt – auch wenn es sich um eine Art Energieform handelte, vernichtet hatte. Christina indessen war die einzigste im Raum, die mit Sicherheit Gegenteiliges wußte. Die Energiewaffen konnten Alexander nichts anhaben - ganz im Gegenteil, sie waren nahezu die perfekte Nahrung um neue Kräfte zu sammeln. Alexander hatte die Energiestruktur dieser Laserwaffen analysiert und signalisierte Christina auf telepathischem Weg, dass auch sie sich vor ihnen nicht zu fürchten brauchte. Ihre Biometallstruktur würde mühelos in der Lage sein, diese Art Energiestrahlen abzuwehren. Trotz allem war äusserste Vorsicht geboten. Alexander hatte zwar die Harmlosigkeit der Wirkung dieser Energiewaffen festgestellt, aber auch die Tatsache, dass die Energiemuster in schneller Folge moduliert wurden und somit auf jeden biologischen Organismus absolut tödlich wirkten. Solange diese Waffensysteme aktiv waren, konnten die anderen Gefangenen Menschen in keinem Fall diesen Gefängnisraum verlassen. In den Jahrhunderten ihres künstlich verlängerten Daseins hatten die Qwuaahls sich besonders raffinierte Fallen ausgedacht, um ihre "Ersatzteilträger" von einer Flucht aus den Zellen abzuhalten. Der gesamte Gefängnisraum stand unter einer Art Hochspannungsfeld, das nur dann deaktiviert wurde, wenn sie einen Gefangenentransport ablieferten oder wenn die Organbanken Nachschub benötigten und wieder einige bedauernswerten Wesen aus den Gefängniszellen abgeholt wurden und für immer in den Portalen der Regenerationskliniken - so die Benennung dieser Organbanken in der Sprache der Qwuaahls - verschwanden. Dann das ultraschnelle Netz der Laserleitbündelstrahlen innerhalb der Gefängnismauern. So etwas hatte Alexander noch nie "gesehen". Das gesamte Gebäude in seinen gigantischen Ausmaßen war durchzogen von winzigen Kanälen, in denen Glasfaserkabel ein dichtes Netz von Überwachungslichtschranken mit Energie versorgten und jede kleinste Bewegung sofort meldete. So ähnliche Systeme hatte man auf der Erde in den letzten zehn Jahren verstärkt für die Überwachung von Brücken und Gebäuden in erdbebengefährdeten Regionen eingesetzt um frühzeitig Strukturrisse in den Statisch wichtigen Komponenten der Gebäude zu entdecken. Wenn jemand versuchen würde, durch ein selbst gefertigtes Loch in den Wänden dieser Gefängnisse zu entkommen, würde sofort ein Alarm ausgelöst. Für besonders robuste Lebensformen hatten sich die Qwuaahls auch eine Methode ausgedacht, diese auf recht effektive Weise an einer Flucht zu hindern oder bei einer gewaltsamen Flucht zu stoppen. Nicht nur die vielfältigen Energieleitungskanäle durchzogen das Gebäude quasi wie ein Spinnennetz, sondern auch ein Leitungsystem, über das die Qwuaahls in der Lage waren, jeden beliebigen Raum mit einem Gas zu fluten. Christina erschauderte immer noch bei dem Gedanken an die Informationen, die sie durch die telepathische Spionage im Gehirn einer der Qwuaahls erhalten hatte. Allein die Tests, welches Gas für welche Lebensform am effektivsten deren Ableben verursachte, hatte tausenden von Individuen das Leben gekostet. Das Wirken der Qwuaahls übertraf bei weitem alle albtraumhaften Vorstellungen, die vermutlich je ein Mensch gehabt hatte. In ihrer Gier, um jeden Preis ihr Dasein zu verlängern, hatten die Qwuaahls jede Art von Humanität abgelegt oder verloren und sich zu einer Rasse entwickelt, deren grausame kanibalistischen Handlungen von nichts mehr übertroffen werden konnte.


Fortsetzung folgt



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