Nach seinem Bilde schuf er ihn?
Immer wieder fragte ich mich, warum Gott die Erde erschaffen hat. Dann ist mir eingefallen, dass er allein erziehender Vater war. Kinder müssen sinnvoll beschäftigt werden und der kleine Jesus, musste pädagogisch wertvolle Spielsachen haben. Da hat Gott ihm diesen hübschen, bunten Erdball mit den lustigen Dinos gemacht, denn mit eigenen Haustieren lernen Kinder, Verantwortung zu übernehmen. Wenn Kinder größer werden, brauchen sie anspruchsvolleres Spielzeug, als bunte Bälle und Dinos. In einem Anfall von Langeweile spielte Jesus Weltuntergang, Eiszeit und warf mit Meteoren, was das frühzeitige Ende der Dinosaurierwelt bedeutete.
Die Erde wurde also neu bestückt, und die neuen Lebewesen sollten Jesus ähneln. Als Deko gab es noch zwei Menschen und ein paar Tiere, die possierlich durch den Garten Eden tollten. Die zwei Menschen waren recht langweilig - das Paradies war schön und perfekt und was sollten die beiden schon Aufregendes tun? Um die Welt interessanter zu gestalten, wurde das Paradies abgeschafft und stattdessen lernten alle Lebewesen, wie man sich vermehrt. Dazu bekamen die Menschen auch noch eine Portion Intelligenz, damit sie selbst für sich sorgen konnten und so fingen die Probleme an! Zuerst vermehrten sie sich sehr schön und Jesus freute sich, dass er schon nach ganz kurzer Zeit massenhaft Menschen hatte. Allerdings hielten sie sich bald für so klug, dass sie Gottes oder Jesus Anweisungen nicht mehr folgen wollten. Sie trafen ihre eigenen Entscheidungen, wussten sowieso alles besser und mit den Jahren vergaßen sie Gott. Jesus spielte zwar noch manchmal ein bisschen herum aber die meiste Zeit blieben die Menschen sich selbst überlassen.
Als Gott irgendwann auf dem hübschen bunten Erdball nach dem Rechten sah, war er erschüttert und da der Mensch ganz offensichtlich eine Fehlkonstruktion war, wollte er den ganzen Unrat mit einer gehörigen Portion Wasser wegputzen. Jesus war dagegen. Er hing an seiner schönen Welt und deswegen überredete er seinen Vater, wenigstens ein paar Lebewesen vor dem Wasser zu retten. Gott suchte die gelungensten Exemplare und befahl diesen, sich ein Rettungsboot zu bauen, das groß genug war, um auch noch die wichtigsten Tiere mit rein zu packen. Als das große Reinemachen in Form der Sintflut kam, blieben tatsächlich die paar Leute um Noah und die Tiere, die noch auf die Arche gequetscht wurden, übrig.
Ein paar Zeitalter waren alle zufrieden. Die Menschen vermehrten sich und blieben brav und folgsam. Nach einer gewissen Zeit geriet jedoch wieder alles außer Kontrolle und die Menschen benahmen sich total daneben. Gott hatte endgültig die Faxen dicke und befahl dem armen Jesus, sich höchstpersönlich auf die Erde zu begeben und alles wieder zu richten. Bei Nichterfolg sollte die Erde erneut frisch gewaschen und desinfiziert werden, um danach mit besseren Lebewesen wieder von vorne zu beginnen.
Jesus machte sich also auf den Weg und kam zunächst zu seinen Pflegeeltern – Josef und Maria. Die Umstellung war hart, da er bei Josef eine Zimmermannslehre machen musste. Nach der Lehrzeit sollte er sich als Gottes Sohn outen und den Menschen kräftig einheizen, damit sie aufhörten ständig in Gottes schöner Schöpfung herumzupfuschen Das Vorhaben ging jedoch gründlich daneben und Jesus wurde gekreuzigt. Das wäre beinahe schlimm ausgegangen für die Menschheit, denn jetzt war Gott ernsthaft sauer! Jesus bat jedoch so inständig um eine Begnadigung der Menschen, dass Gott bereit war, unter gewissen Bedingungen ein letztes Mal Nachsicht walten zu lassen. Er bestimmte, dass ein strenges Verwaltungssystem aufgebaut werden musste, das die göttlichen Interessen auf der Erde vertrat. Als Ordnungshüter mussten ausgewählte Menschen eingesetzt werden.
Wir wissen, wie es weiterging! Die Menschen wurden ein bisschen vernünftiger, befolgten die zehn Gebote und das System – nennen wir es der Einfachheit halber mal Kirche – konnte Fuß fassen. Jetzt fingen aber die Kirchenmänner an, Anzeichen von Größenwahn zu zeigen. Die gläubigen Schäfchen taten brav, was man Ihnen befahl aber da sie nicht unterscheiden konnten, ob die Befehle direkt von Gott oder von den Kirchenleuten kamen, gab es große Verwirrungen. Die Kirchenleute hatten beschlossen, dass es cool wäre, prächtige Gotteshäuser zu haben und ließen die Gläubigen lieber verhungern, als auf diesen Prunk zu verzichten. Außerdem fanden sie, es wäre gut, wenn die Kirche reich wäre, denn wer reich ist, hat auch Macht.
Da sie sich für ganz besonders schlau hielten – viel gescheiter als die anderen Menschen, denn sie waren ja schließlich Gottes Stellvertreter – waren sie sogar davon überzeugt, klüger als Gott selbst zu sein. So begannen sie festzulegen, was Gottes Wille war, ohne diesen vorher zu fragen.
Als erstes wollten sie einen eigenen Staat mit einem König. Den nannten sie Papst. Seine wichtigsten Untergebenen durften sich nicht vermehren, denn wer sich vermehrt bzw. eine Frau hat, denkt nicht mehr nur an seine Arbeit und die Arbeit der Kirchenmänner war wichtig, denn sie mussten ja Reichtum anhäufen. Die Gläubigen mussten dafür bezahlten, dass sie Gläubige sein durften, und sie mussten zu ganz bestimmten Zeiten die Gotteshäuser besuchen und zuhören, was die Kirchenmänner ihnen erzählten und befahlen. Damit die Befehle ausgeführt wurden, erfand man schlimme Strafen für Nichtbefolgen. Zum Beispiel die Hölle – ein furchtbarer Ort mit ewigen Qualen. Darum taten die braven Gläubigen alles, was man ihnen im Namen Gottes auftrug. Irgendwann wurden die Kirchenmänner trotz ihres großen Reichtums und ihrer Macht unzufrieden, denn die Menschen waren glücklich! Das war schlecht für die Kirche, denn wenn die Menschen auf der Erde glücklich waren, womit sollten sie sie dann in die Kirchen gelockt werden? Paradiesische Zustände hatten auf der Erde nichts verloren!
Zur Rettung des Glaubens, der ihre Existenzgrundlage war, begannen die Kirchenleute, die Menschen zu quälen und unglücklich zu machen. Zuerst zettelten sie ein paar Kreuzzüge an. Mit Kriegen und Schlachten konnten sie so viel Elend in die Welt bringen, dass die Menschen sich nach einem besseren Leben im Himmel sehnten und diesen erreichte man nur durch die Kirche. Außerdem sollte ganz klar demonstriert werden, dass man an Gott nur glauben konnte, wenn man regelmäßig die Kirchen aufsuchte und die Kirchenmänner verehrte. Also wurden diejenigen gefoltert und ermordet, die sich nicht an diese Regeln halten wollten oder sich verdächtig machten, die Kirchen nicht ernst genug zu nehmen. Entweder nannte man sie Heiden oder Hexen. Außerdem sollte den Menschen der Spaß an der Liebe untereinander ein bisschen verdorben werden, denn so richtig lieben sollten die Gläubigen sich ja nicht gegenseitig, sondern die Kirchenmänner! So sollte insbesondere die körperliche Liebe möglichst unerfreulich gestaltet werden. Nur noch Leute, die heirateten durften sie praktizieren und zwar jeweils Mann und Frau. Denn auch die Liebe musste in geregelte Bahnen gebracht werden, damit man die Kontrolle nicht verlor. Die Kirchenleute waren richtig stolz auf sich! Alles unter der Fuchtel der Kirche – genau wie Gott es gewollt hatte….oder?
Als Gott gelegentlich mal wieder einen Blick auf die Erde warf, verschlug es ihm die Sprache! Seine Vertreter hatten ihn fast vergessen und ihre eigenen Gesetze als die seinen ausgegeben. Seine Menschen, die ihm irgendwie ans Herz gewachsen waren, bemühten sich zwar nach Kräften darum, gut zu sein und seine Gebote zu befolgen aber die Verwirrung war groß, denn keiner konnte mehr unterscheiden, was Gott gewollt und was einfach nur Erfindungen seiner Vertreter waren.
Gott beschloss, das ganze Durcheinander aufzuräumen und erneut Jesus in die Welt zu schicken. Große Lust hatte Jesus zwar nicht (wer lässt sich schon gerne ans Kreuz schlagen?) aber Befehl ist Befehl und so machte er sich auf den Weg, um sich ein Bild von der Gesamtlage zu machen. Er suchte also einen deutschen Landpfarrer auf, der gerade in einer Kirchenbank saß und döste. Jesus räusperte sich und der Pfarrer zuckte erschrocken zusammen.
Jesus stellte sich höflich vor. „Ich bin Jesus, Gottes Sohn, und möchte Sie bitten mir genauere Informationen über das Kirchensystem und die Lage auf der Erde zu geben“, sagte er mit sanfter Stimme. Erbost über so viel Frechheit, brüllte der Pfarrer: „Das ist Blasphemie! Wie können Sie es wagen, sich als unser lieber Herr Jesus auszugeben! Ich lasse es nicht zu, dass unsere heilige Kirche verspottet wird!“ Jesus war verwirrt. Der Pfarrer packte ihn grob am Arm und zeigte er ihm viele Bilder an den Wänden und auf den Fenstern. „So sieht unser lieber Herr Jesus aus“ kreischte er. „Und jetzt rufe ich die Polizei! So etwas wie Sie gehört weggesperrt!“ Dann nahm der erbitterte Pfarrer sein Handy und rief den Dorfposten der Polizei. Er informierte den Beamten, dass ein Verrückter bei ihm eingedrungen sei, der einen gefährlichen Eindruck machte.
Die beiden Dorfpolizisten langweilten sich sowieso, weil in ihrem Dorf nie etwas passierte, und fuhren schon nach ein paar Minuten mit Tatü-Tata auf den Kirchenplatz. Dann hüpften sie aus dem Auto und rannten in die Kirche – man wusste ja nicht, was der Verrückte mit dem Pfarrer anstellte, wenn er so lange alleine mit ihm war. Der Verdächtige saß jedoch geduldig in einer Kirchenbank und als sie ihm die Handschellen angelegt hatten, ging er brav und ohne Widerstand mit.
Sie steckten ihn in die Ausnüchterungszelle und riefen einen Arzt. Der Doktor ging mutig zu Jesus in die Zelle und fragte ihn freundlich nach seinem Namen und woher er denn käme. Jesus antwortete wahrheitsgetreu. Daraufhin nahm der Arzt ein Formular, füllte es aus und gab es den beiden Polizisten. Es war die Einweisung in die Nervenheilanstalt. Er erklärte den Beamten, dass er festgestellt hätte, dass die inhaftierte Person geistig hochgradig verwirrt wäre und unbedingt unter Beobachtung gestellt werden müsse.
Seitdem wird Jesus in der geschlossenen Abteilung der Nervenheilanstalt therapiert.
Von Satellit
Am 14.01.2011 um 14:53 Uhr
Von JanNietsch
Am 19.05.2008 um 15:19 Uhr
Ich muss schon sagen ich finde, das diese geschichte sehr, sehr und nochmal sehr gut geschrieben ist. Ich mag auch deinen Stil sehr.
Wie dieses System im Fachjorg wohl die Kirche :) dargestellt wird gefällt mria cuh sehr, eigentlich glaube ich weder an gott noch an jesus noch an sonst was (bin Atheist), aber falls es einen gott gibt, dann ist diese geschichte eine gute Erzählung der wahren Ereignisse.
Lustig, gut formuliert und nachdenklich stimmend, alles was man sich von einer guten Humor&Satire Geschichte wünschenkann. :D
Von Aabatyron
Am 28.04.2008 um 18:44 Uhr
Von Jason-Potter
Am 02.04.2008 um 23:20 Uhr
Ein Teil dieses Themas habe ich auch in meinem Science Fiction Roman Gods-End verarbeitet, nur, dass ich dabei natürlich auf Satire verzichten und stattdessen auf Dramartugie setzen musste.
Wenn du Lust hast, kannst du ja auch einmal bei mir reinschnuppern, zumal ich gelesen habe, dass du schon etwas veröffentlicht hast und ich mit demselben Gedanken spiele.
Grüße Jason Potter